Ihr christliche Glaube sorgt nach wie vor dafür, dass viele Menschen Feindseligkeiten erleiden müssen. Das geht aus der Dokumentation „Verfolgt und vergessen“ hervor, die das katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ am Mittwoch veröffentlicht hat. Sie umfasst Erfahrungsberichte, Fallbeispiele und auf Regionen bezogene länderspezifische Analysen über das Ausmaß. Die gesammelten Nachweise verdeutlichen, dass sich die Situation der Christen im Berichtszeitraum von Oktober 2020 bis September 2022 in 75 Prozent der Länder verschlechtert hat.
Im Fokus stehen 22 Länder, in denen die gegen Christen gerichteten Verletzungen der Religionsfreiheit besonders besorgniserregend sind. Der Geschäftsführer von „Kirche in Not“ Deutschland, Florian Ripka, mahnte bei der Vorstellung aber an, „gleichzeitig nicht zu vergessen, dass auch andere religiöse Gruppen erheblich unter Gewalt und Verfolgung“ leiden würden.
Afrika beklagt starken Anstieg militanter Gewalt
In Afrika gebe es viele Hinweise auf einen starken Anstieg der Gewalt militanter nicht-staatlicher Akteure, einschließlich der Dschihadisten. In Mosambik etwa hätte die Al-Shabaab-Miliz ihre Terrorkampagne verstärkt, Christen getötet, christliche Dörfer angegriffen und Kirchen niedergebrannt. In Nigeria sei im Mai 2022 eine Christin zu Tode gesteinigt und angezündet worden, weil sie angeblich „blasphemische“ Nachrichten auf WhatsApp verbreitet hatte.
Im Nahen Osten mache sich die anhaltende Auswanderungswelle bemerkbar. Diese Welle bedrohe das Überleben von drei der ältesten und bedeutendsten christlichen Gemeinschaften der Welt im Irak, in Syrien und den Palästinensischen Gebieten. Der Bericht verweist darauf, dass die Zahl der Christen in Syrien von zehn Prozent kurz vor Kriegsbeginn auf heute weniger als zwei Prozent gesunken sei.
Auch im Irak habe sich die Zahl der Christen seit 2014 halbiert. Dort kämpften Christen laut „Kirche in Not“ darum, dass Kirchen geöffnet bleiben. Ein umfangreiches Stabilisierungsprogramm habe beim Wiederaufbau christlicher Städte und Dörfer, Häuser, Schulen, Kirchen sowie anderer öffentlicher Einrichtungen geholfen. Trotzdem spüre die christliche Bevölkerung weiterhin die latente Bedrohung durch Dschihadisten.
Christen als Sündenböcke der Pandemie
In Asien verantworteten autoritäre und totalitäre Regierungsformen die zunehmende Unterdrückung von Christen. In Ländern wie Nordkorea werde die Religions- und Gewissensfreiheit im Keim erstickt. Aber auch in China seien Christen immer größerer staatlicher Überwachung unterworfen. In Indien habe die Zahl der Angriffe auf Christen mit 800 einen Rekordwert erreicht.
In Saudi-Arabien seien Christen „eine schweigende, unsichtbare Minderheit“, die kaum auf Veränderung hoffen könnten. Sie dürften weder christliche Symbole zeigen, geschweige denn Kirchen bauen. In Afghanistan zwinge die Taliban der Gesellschaft eine strikte Auslegung der Scharia auf. Das führe dazu, dass der islamische Glaube als kulturelle Norm durchgesetzt werde. In Vietnam seien Gläubige als Sündenbock für die Verbreitung des Corona-Virus verantwortlich gemacht.
Religiöse Fehleinschätzung des Westens
Der Bericht bilanziert, dass Christen in vielen Ländern als Bürger zweiter Klasse behandelt würden. Sie würden in der Schule und am Arbeitsplatz diskriminiert und schlechter bezahlt. Insgesamt sei es noch ein weiter Weg, bis der Schutz der Freiheit von Christen und anderen Minderheiten weltweit gewährleistet sei. Oft hätten zwischen 2020 und 2022 religiöser Nationalismus und Autoritarismus die Probleme der Gläubigen verschärft. Ein Teil davon sei eine kulturelle Fehleinschätzung im Westen. Dort werde weiterhin bezweifelt, dass Menschen aus religiösen Gründen verfolgt werden.