Die Ampel-Regierung hat keinen Sinn für die gesellschaftliche Bedeutung der Religion. Das kritisiert Thomas Rachel, religionspolitischer Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag und Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises von CDU/CSU.
In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom Freitag schreibt er, die Ampel „verkennt zunehmend sowohl die kulturellen und religiösen Prägungen in unserem eigenen Land als auch in unseren Partnerländern auf der ganzen Welt“.
Das zeige sich beispielhaft daran, dass eine Reihe von Ministern bei ihrer Vereidigung auf den Gottesbezug verzichteten oder dass das Kreuz in einem Sitzungssaal im Münsteraner Rathaus für ein G7-Treffen abgehängt wurde. Auch im politischen Handeln werde Religion vernachlässigt.
„Neokoloniale“ Politik
So habe Svenja Schulze als Ministerin für Entwicklungszusammenarbeit Geld für eine internationale Partnerschaft für Religion und Entwicklung, die 150 Organisationen und Religionsvertreter zusammenbringe, gekürzt. Dabei sei dieses Netzwerk für Religionskompetenz in den jeweiligen Politikfeldern wie auch für einen professionellen Umgang mit Religionen insgesamt „von entscheidender Bedeutung“.
Auch in der Außenpolitik werde die Rolle der Religion unter Annalena Baerbock geschwächt, findet Rachel. Jedoch empfänden „viele“ eine solche Politik, die die religiösen Kontexte in Partnerländern ignoriere, als „neokolonial“.
Für die Lösung von Problemen sei es wichtig, auch religiöse Akteure einzubinden, die in Ländern des globalen Südens oft ein höheres Ansehen hätten als staatliche Vertreter. Auch dort, wo aufgrund von Konflikten staatliche Strukturen zerbrechen, seien religiöse Organisationen weiterhin tätig. Wo Religionen Teil des Problems seien, müssten sie zum Teil der Lösung gemacht werden.
Gleichberechtigung von Frauen oder auch Klimaschutz werde sich nicht ohne oder gegen religiöse Akteure durchsetzen lassen, mahnt Rachel. Die Bedeutung der Religion für die Menschen in den Partnerländern sollte die Ampelregierung „unabhängig von einer ideologisch geprägten Brille“ anerkennen, sonst bleibe Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit „immer Stückwerk“.