Nach den heftig kritisierten Äußerungen des Publizisten Richard David Precht über orthodoxe Juden dringen der nordrhein-westfälische Medienminister Nathanael Liminski (CDU) und der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) auf Konsequenzen des ZDF. Liminski legte dem Sender in der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwoch) die Absetzung des Podcasts „Lanz & Precht“ nahe.
Der Philosoph und Autor Precht hatte sich vor einer Woche für eine falsche Aussage über ultraorthodoxe Juden im Podcast „Lanz und Precht“ entschuldigt. In der Folge vom 13. Oktober hatte Precht behauptet, diesen sei es aus religiösen Gründen untersagt, zu arbeiten – „außer ein paar Dingen wie Diamanthandel und Finanzgeschäfte“. Später stellte er gemeinsam mit ZDF-Moderator Markus Lanz klar, dass dies nicht den Fakten entspricht.
Schutzschild gegen Desinformation
Liminski, der Mitglied im ZDF-Fernsehrat ist, sagte laut Vorabmeldung der Zeitung: „Ich halte es für zwingend, dass sich die redaktionell Verantwortlichen die Frage stellen, ob Formate dem eigenen Anspruch genügen, wenn Pseudo-Journalismus und persönliche Meinung – hier sogar gepaart mit falschen Tatsachenbehauptungen – vermischt werden“, sagte der CDU-Politiker: „Dieser öffentlich-rechtliche Anspruch ist hier ganz offenkundig nicht erfüllt worden.“
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse als „Schutzschild gegen Desinformation und Verschwörungsmythen“ funktionieren. „Wird er diesem Anspruch nicht gerecht, stellt er sich selbst infrage“, warnte der CDU-Politiker.
Die ZDF-Fernsehratsvorsitzende Marlehn Thieme leitete dem Bericht zufolge bereits eine Prüfung ein: „In dem von mir eingeleiteten Verfahren für förmliche Programmbeschwerden habe ich zunächst dem Intendanten des ZDF Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben“, sagte sie der „Augsburger Allgemeinen“.
ZDF-Fernsehrat soll sich mit Fake News über Juden befassen
Wie das ZDF dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch auf Anfrage mitteilte, sind wegen des Podcasts Programmbeschwerden „im niedrigen zweistelligen Bereich“ eingegangen.
Der bayerische Antisemitismusbeauftragte Spaenle warf Precht vor, er habe seine Entschuldigung zugunsten hoher Abrufquoten der nächsten Podcast-Folge hinausgezögert, statt schnell klar Stellung zu beziehen. „Das ist unverzeihlich, zeigt aber, wie tief der Antisemitismus selbst im Bürgertum verankert ist“, sagte der CSU-Politiker der Zeitung. Die Frage, wie man „Fake News über Jüdinnen und Juden verhindern kann, wie sie Herr Precht verbreitet hat“, gehöre in den Fernsehrat.
Im Interview mit der „Rheinischen Post“ (Mittwoch) sagte Precht, er habe „nicht entfernt daran gedacht“, dass das, was er gesagt hatte, als antisemitisches Stereotyp aufgefasst werden könnte. „Aber da dies so ist, ist es mir ein großes Bedürfnis gewesen, mich vollumfänglich zu erklären und zu entschuldigen.“ Das habe er im Podcast mit Markus Lanz getan. Weiter sagte Precht, dass ein Podcast „keine Presseerklärung, kein Essay und auch keine bundespräsidiale Weihnachtsansprache“ sei. Man rede locker miteinander, weshalb die „große Gefahr“ bestehe, sich missverständlich auszudrücken.
Wegen der gegen ihn erhobenen Antisemitismus-Vorwürfen gab Precht auch seine Honorarprofessur an der Universität Lüneburg auf.