Am Montag wird sich der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages mit der Neuregelung der Suizidbeihilfe befassen. Dem Parlament liegen zur Neuregelung – das Bundesverfassungsgericht hatte vor zwei Jahren mit einem Urteil die Regelung der Suizidbeihilfe gekippt – drei Gesetzesentwürfe verschiedener Parlamentariergruppen vor. Auch ein Antrag, mit dem die Regierung dazu aufgefordert wird, Maßnahmen zur Suidizprävention zu ergreifen, ist darunter.
Lars Castellucci (SPD) und weitere Abgeordnete verschiedener Fraktionen haben sowohl einen als konservativ geltenden Gesetzesentwurf zur Neuregelung als auch einen gesonderten Antrag zur Suizidprävention im Parlament eingebracht. In einem Gastbeitrag im Nachrichtenmagazin „Focus“ vom Freitag wendet sich Castellucci gegen „Mythen über den assistierten Suizid“.
„Meist wollen die Menschen schlicht nicht so weiterleben, wie es sich für sie gerade darstellt“, schreibt Castellucci und räumt mit dem Mythos auf, dass ein Gedanke an Suizid gleichbedeutend sei mit einem gefestigten Sterbewunsch. „Suizidgedanken schwanken und treten sehr häufig auf.“ Hinter dem Wunsch, zu sterben, könnten gesundheitliche oder persönliche Gründe verborgen sein. Der SPD-Politiker schlägt vor, dass Menschen die Hilfe erhalten sollten, die sie benötigten. Das könne in einzelnen Fällen die Hilfe zur Selbsttötung sein, „in den allermeisten Fällen sind es aber Hilfe, Beratung, jemand, der zuhört, die den Suizidgedanken wieder vertreiben“.
Suizid ermöglichen, aber nicht fördern
Castellucci wendet sich in dem Gastbeitrag gegen das Narrativ, dass Menschen, die ihrem Leben ein Ende setzen wollten, kriminalisiert und mit dem Strafrecht bedroht würden. „Kriminalisiert wird, was bereits heute kriminell ist: Menschen, gar aus wirtschaftlichem Interesse, zum Suizid zu verleiten“, schreibt der Sozialdemokrat.
Der Antrag zur Neuregelung der Suizidassistenz von Castellucci, den Unionspolitikern Hermann Gröhe und Thomas Rachel sowie dem Grünen-Politiker Konstantin von Notz und anderen sieht vor, dass bestimmte Formen der Suizidassistenz verboten werden und die Hilfe zur Selbsttötung nur in engen Grenzen erlaubt ist. Sterbehilfevereine sollen deshalb nach dem Willen dieser Parlamentarier verboten werden. Der Zugang zum Suizid müsse ermöglicht, nicht aber gefördert werden.
Castellucci widerspricht zudem der Aussage, Suizidwillige würden bevormundet. „Es geht um den Ausgleich von Schutzgütern: den Schutz des Lebens und den Schutz der Selbstbestimmung“, erklärt Castellucci.
Keiner der im Parlament vorliegenden Gesetzentwürfe regele ein Verbot der Suizidbeihilfe. Der Suizid sei erlaubt und damit die Hilfe zu einer erlaubten Handlung nicht verboten. „Natürlich kann auch niemand zur Hilfe verpflichtet werden, denn die Entscheidung, an einem Suizid mitzuwirken oder nicht, bleibt eine persönliche Gewissensentscheidung.“
Eine Antwort
Herr Castellucci geriert sich als Lobbyist der SPD im Bundestag päpstlicher als der Papst – kein Wunder als Anhänger der Evangelikalen Bewegung in den USA. Man bekommt das sichere Gefühl, er weiß nicht, wovon er spricht. Es mag am Abstand liegen, den er zu den Leidenden hat oder er ist religiös immer noch zu sehr im Mittelalter verhaftet, dass ihm bislang entgangen ist, welche Fortschritte die Medizin seither gemacht hat. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass es den Staat nichts angeht, wenn ein Bürger über einen längeren Zeitraum hinweg wohl erwogen, psychisch uneingeschränkt, von Dritten nicht dazu gedrängt und in Kenntnis von Alternativen zu dem Entschluss gekommen ist, sein Leben zu beenden. Das hat etwas mit der von der Verfassung garantierten Autonomie und nicht mit dem Strafrecht zu tun, wie es sich Herr Castellucci und „Genossen“ zurückwünschen. Seinen abstrusen Ideen sind seit langem ad absurdum geführt worden, wenn man sich die zum Teil jahrzehntelange und wissenschaftlich begleitete Entwicklung in anderen Ländern ansieht. Es mag, mit Verlaub, aber auch sein, dass er nicht nur Kircheninteressen sondern inzwischen auch die Verbandsinteressen der von Psychotherapeuten u.ä. vertritt, die inzwischen in den Startlöchern stehen, um am neu zu schaffenden Beratertopf zur Suizidprävention teilzuhaben, wie am Engagement seiner Kollegin Frau Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) überdeutlich wird.
Es braucht kein neues Gesetz und erst recht keines im Strafgesetzbuch, wie auch die Praxis der letzten zwei Jahre in Deutschland bereits überdeutlich gezeigt hat.