Darwin-Geburtstag, Jahr der Astronomie, Luther-Dekade, Händel-, Haydn- und Mendelssohn-Jahr – fast könnte man den Überblick verlieren, bei so vielen denkwürdigen Jubiläen im frisch angebrochenen 2009. Neben den Feierlichkeiten zur Reformation ist es besonders ein Festanlass, der die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in den kommenden Monaten beschäftigt. Am 10. Juli würde Johannes Calvin seinen 500. Geburtstag feiern.
Reformator wird gefeiert
Die Feierlichkeiten der EKD beginnen schon in dieser Woche. Am 9. Januar öffnet eine „Calvin-Wanderausstellung“ erstmals ihre Tore. Auf 14 Tafeln wird das Leben und Wirken des Reformators dargestellt. Der Auftakt wird in Detmold und zwei Tage später in Hannover gefeiert. „Was ich glaube“ ist der Titel eines „Calvin-Fernsehgottesdienstes im ZDF am 1. Februar.
Es folgen zahlreiche weitere Veranstaltungen, Ausstellungen und Gottesdienste, bevor die EKD gemeinsam mit dem „Reformierten Bund“, dem Dachverband reformierter Gemeinden, am 10. Juli zum „Calvin-Gedenktag“ aufruft. Am Gendarmenmarkt in Berlin soll Außenminister Frank-Walter Steinmeier über die europäische Dimension von Calvins Wirken sprechen. Ein Vertreter des Bundesfinanzministeriums stellt die Calvin-Briefmarke vor. Die EKD verleiht den Calvin-Preis für die beste wissenschaftlich-theologische Seminararbeit.
Trotz Jubiläum: Viele kennen Calvin nicht
Dabei wissen viele heute nicht mehr, wer Calvin überhaupt war. Laut einer Umfrage der Schweizer „SonntagsZeitung“ können 53 Prozent der unter 34-jährigen Leser nichts mit dem Namen Calvin anfangen. Dabei gilt er bis heute, neben Martin Luther, als einer der maßgeblichen Kirchenreformatoren. Calvin wurde am 10. Juli 1509 in Frankreich geboren, er starb 1564 in Genf. Seine Lehre, der Calvinismus, betont die Heiligkeit Gottes. Wie Luther auch hob er die Wichtigkeit der Bibel als Gottes Wort und die Souveränität Jesu hervor. In diesen Quellen liege die Autorität Gottes über den Menschen, nicht in der Kirche selbst. Der Mensch werde allein durch die Gnade Gottes errettet, nicht durch seine guten Taten.
Umstrittener ist Calvins Lehre der Prädestination. Er ging davon aus, dass nur jene Menschen errettet werden, die Gott dafür vorherbestimmt hat. Auf diese Erwählung hat der Mensch laut Calvin keinerlei Einfluss, ist in seinem Willen also von jeher eingeschränkt.
Homepage informiert über Lehre und Mensch
Die EKD und der Reformierte Bund bemühen sich, den Reformator anlässlich des Jubiläums mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken – etwa mit einer Homepage, die über das Wirken Calvins informiert. Neben einem ausführlichen Terminkalender zu allen Calvin-Veranstaltungen in 2009 finden Interessierte hier Infos zu Leben und Wirken des gebürtigen Franzosen. „Wer sich auf Calvin, seine Theologie, seine Predigten und sein kirchenleitendes Wirken einlässt, wird daraus vielfältigen Gewinn ziehen. Ein halbes Jahrtausend nach seiner Geburt erweist sich dieser Reformator in vielen Hinsichten als erstaunlich modern“, schreiben EKD-Ratsvorsitzender Bischof Wolfgang Huber und Pfarrer Peter Bukowski, Moderator des Reformierten Bundes in Deutschland, dort. Ebenso modern ist die Seite konzipiert. In 38 Fragen und Antworten können die Leser „Calvin als Menschen“ kennenlernen. Ein Link verweist zu einem Online-Spiel, in dem der User sich in die Vergangenheit und Zukunft versetzen lassen kann, um verschiedene Gegenstände einzusammeln, mit deren Hilfe eine Ausstellung zum Leben Calvins und zur Wirkungsgeschichte des Calvinismus gestaltet werden soll. Auf der Startseite erfährt der Leser jeden Tag neu, was Calvin am aktuellen Datum im Jahr 1557 getan hat. Am 7. Januar etwa: „Calvin ist betrübt, denn seine Schwägerin betrog seinen Bruder mit einem Freund der Familie. Calvin hofft, dass sein Bruder durch Scheidung von seiner Frau freiwerden kann.“ Die Informationen sind seinen Tagebüchern entnommen.
Calvin hat noch heute viele Anhänger
Als Begründer der Reformierten Kirche vertrat er die Meinung, dass sich Kirche immer wieder modernisieren, ihre Lehren immer neu überdenken müsse. Allein deshalb trägt sie heute nicht seinen Namen. Das Wort „reformiert“ solle daran erinnern, dass eine „Kirche im Hören auf Gottes Wort der fortwährenden Erneuerung bedarf“, wie es auf www.calvin.de heißt.
Es mag diese Modernität sein, die dem Calvinismus noch heute zahlreiche Anhänger beschert, etwa die Harry-Potter-Autorin Joanne K. Rowling oder auch den Sänger Herbert Grönemeyer, der von sich sagt: „Als calvinistischer Protestant hast du im Leben bescheiden zu sein und deinen Wohlstand zu mehren. Wenn du gottgefällig lebst, kriegst du einen besseren Platz im Kino des Himmels. Sicher kommt mein leistungsbewusstes Leben und Schaffen und das Getriebensein auch daher.“ Das Zitat ist auf www.calvin.de zu lesen. (PRO)