"George W. Bush scheint mit dem Leben zufrieden zu sein, das er als Präsident im Ruhestand führt", schreibt der studierte Theologe Matthias Rüb, der als Korrespondent in Washington für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" arbeitet. Bushs Autobiographie "Decision Points" bestätigte das Bild eines Menschen und Staatsmannes, der einem überschaubaren Arsenal von Grundüberzeugen folge. Diese hätten sich an den Brüchen und schockhaften Erfahrungen im Lebensweg des Sohnes aus privilegiertem Haus verfestigt. Dabei erwähnt Rüb insbesondere den "Abschied vom Alkohol": "Ohne die Hilfe seiner Frau Laura und des Predigers Billy Graham hätte er es nicht geschafft." Seit 1986 habe er keinen Tropfen mehr angerührt. Bush habe mehrfach bekräftigt, dass er ohne diesen Schritt niemals Gouverneur von Texas und noch weniger Präsident hätte werden können.
"Ich sah in mein Herz und verschrieb mein Leben Jesus Christus"
Ausführlich beschreibt der Beitrag "die Bekehrung" Bushs: "Zu der entscheidenden Begegnung mit dem charismatischen Baptistenprediger Billy Graham, einem Freund der Familie Bush, kam es auf der Sommerresidenz der Bushs in Kennebunkport an der Atlantikküste im Bundesstaat Maine: ‚Ich musste ein Wochenende mit dem großen Billy Graham verbringen. Und als Ergebnis unserer Gespräche und seiner Inspiration sah ich in mein Herz und verschrieb mein Leben Jesus Christus.’" Folge der Bekehrung von George W. Bush zum "wiedergeborenen Christen" sei nicht nur die radikale Abkehr von Alkohol gewesen, sondern auch die Hinwendung zu einer strengen Arbeits- und Lebensdisziplin, schreibt Rüb. "Zu dieser gehören die tägliche Bibellektüre und das Gebet ebenso wie der regelmäßige Dauerlauf beziehungsweise das Radfahren mit dem Mountainbike und das Gewichtestemmen."
Der Artikel geht vor dem Hintergrund der Tötung Bin Ladens auch auf die von Bush gebilligte "harsche Verhörmethode" des simulierten Ertränkens (Waterboarding) ein, die Bush als "verdammt richtig" verteidigt hätte und die nur bei drei führenden Terroristen zur Anwendung gekommen sei. Ohne die auf diese Weise aus den Terroristenführern Abu Zubayda und Khalid Scheich Mohammed herausgepressten Informationen wäre es zu weiteren Anschlägen und zum Verlust unschuldiger Menschenleben gekommen, sei Bush überzeugt. "Vielleicht hätte Bushs Nachfolger Obama ohne die schon 2003 gewonnen Informationen von Khalid Scheich Mohammed, des jetzt in Gunantánamo festgehaltenen Chefplaners der Anschläge von ‚9/11‘, Bin Laden niemals in Abbottabad aufspüren und dort stellen können", spekuliert Rüb und folgert: "Vielleicht empfindet George W. Bush darüber Genugtuung. Er würde sie nur niemals öffentlich zeigen." (pro)