Mit den Stimmen von SPD, CDU, Grünen, FDP und AfD hat der Bundestag die Resolution „Nie wieder ist jetzt: Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“ verabschiedet. Dagegen votierte die Gruppe Bündnis Sahra Wagenknecht, die Gruppe der Linken enthielt sich ihrer Stimme.
Die Antragsteller sprechen sich dafür aus, Schüler nach antisemitischen Äußerungen vom Unterricht auszuschließen und Studenten in besonders schweren Fällen zu exmatrikulieren. Auch in Kunst, Kultur und Medien dürfe es keinen Raum für Hass auf Juden geben. Anlass für die gemeinsame Resolution ist der Jahrestag der Reichspogromnacht am 9. November, als in Deutschland unzählige Synagogen zerstört und Juden misshandelt und getötet wurden.
Die zweistündige Debatte eröffnete der FDP-Abgeordnete Dirk Wiese. Er betonte, dass Menschen jüdischen Glaubens sich in Deutschland vollkommen sicher fühlen müssen. Es gehe darum, mit dem Antrag ein gemeinsames Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen. Politik und Gesellschaft müssten alles dafür tun, dass diese Menschen hier eine Heimat haben können und nicht darüber nachdenken müssten, das Land zu verlassen.
Von Notz: „Unverbrüchlich an der Seite Israels stehen“
Andrea Lindholz (CSU) betonte, dass das Leid der Vergangenheit nicht nur bis heute, sondern auch in Zukunft unvergessen bleiben müsse. „Unsere Aufgabe ist es, das ‚Bis heute‘ zu einem ‚Nie wieder‘ zu machen“, forderte die Unionspolitikerin. Wer nach Deutschland komme und hier lebe, müsse einstehen für das Existenzrecht Israels oder das Land verlassen.
Kritik übte sie – wie auch andere – am Verhalten der SPD-Abgeordneten und Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages, Aydan Özoğuz, die einige Vorfälle relativiert und damit einen Schatten über diesen Antrag werfe. Fakt sei, dass der Staat keine Steuergelder für antisemitische Gruppen und Organisationen verwenden dürfe. Diese Maßnahmen gelte es, konkret und zügig umzusetzen.
Wer jüdisches Leben offen bedrohe und darüber hinaus fordere, Juden ins offene Meer zu treiben, verhalte sich abstoßend, empörte sich Konstantin von Notz (Bündnis 90/Die Grünen). Auch die Wahlergebnisse der AfD seien dafür verantwortlich, dass Juden auf gepackten Koffern sitzen würden. Deswegen gelte es, die Arbeit der Gedenkstätten und die Erinnerungsarbeit zu stärken und unverbrüchlich an der Seite Israels zu stehen.
Jürgen Braun von der AfD-Fraktion ging hart mit der aktuellen Regierung ins Gericht. Jeder müsse sich fragen, wie jüdisches Leben wieder selbstverständlich sein könne. Aufgrund der wachsenden Islamisierung habe seine Fraktion schon vor Jahren gefordert, die BDS-Bewegung und die Hisbollah zu verbieten und die ungeregelte Einwanderung zu begrenzen: „Wir sprechen es aus und sie schweigen.“
„Jüdisches Leben ist ein großes Geschenk“
Konstantin Kuhle (FDP) erklärte, dass es immer unbequem sein müsse, sich mit Antisemitismus auseinanderzusetzen. Jetzt gelte es auch zu klären, was Hochschulen tun könnten, um Juden zu unterstützten. Er frage sich, warum Menschen von links, rechts und aus der Mitte ausgerechnet beim Antisemitismus leicht einen gemeinsamen Nenner finden würden. Kuhle rief zum entschiedenen Widerstand aller Demokraten auf.
Der CDU-Abgeordnete Michael Breitmannn nannte drei wichtige Punkte. Es gehe darum, Juden zu schützen, das vielfältige jüdische Leben zu fördern und das Existenzrecht Israels zu sichern. Den Vorwurf, mit der Resolution die Kunst- und Meinungsfreiheit einzuschränken, ließ er nicht gelten: „Kunst- und Meinungsfreiheit erlauben keinen Antisemitismus.“ Seine SPD-Kollegin Simona Roß vermisste trotz der vielen Vorfälle die fehlende Empathie. Sie wünschte sich, dass man nicht hilflos zuschaue und das jüdische Leben als ein großes Geschenk betrachte.
„Jüdischen Studenten die Sicherheit geben, die sie brauchen“
Die muslimische Grünen-Abgeordnete Lamya Kaddor bat darum, die Debatte mit mehr Würde zu führen. Die Bekämpfung von Antisemitismus sei eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft. Man dürfe auch weiterhin israelisches Handeln kritisieren. Linda Teutenberg von der FDP mahnte, dass es in allen politischen Lagern Antisemitismus gebe. Sie beendete ihre Rede mit den Worten: „Niemand hat das Recht auf ein bisschen Judenhass.“
Einen Alternativantrag hatte die Gruppe „Die Linke“ eingebracht. Ihr Sprecher Gregor Gysi erinnerte daran, dass Juden nicht Christus als ihren Erlöser anerkennen würden. Daraus sei ein schlimmer Antisemitismus entstanden. Neben der Staatsräson zu Israel gehöre auch der Einsatz für ein sicheres und souveränes Palästina. „Die Netanjahu-Regierung ist nicht Teil der Lösung, sondern des Problems.“
Ähnlich hatte sich die Gruppe „Bündnis Sahra Wagenknecht“ positioniert. Sevim Dağdelen empörte sich darüber, dass die Antragsteller nicht einmal die üblichen parlamentarischen Verfahren beachtet hätten. Mit diesem Antrag würden Ampel und Union Deutschland weiter isolieren. Dies sei ein fatales Zeichen. Gerade dem Angriff auf die Kunstfreiheit werde man scharf entgegentreten.
„Starkes Zeichen aus dem Parlament heraus“
Marlen Schönberger (Bündnis 90/Die Grünen) warb für das Antragsziel, das alle Demokraten verbinden sollte. Nach mehr als einem Jahr Debatte sei er ein starkes Zeichen aus dem Parlament heraus. Die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann hätte sich gewünscht, dass Deutschland nach dem Angriff der Hamas ein unbedingter Schutzraum für Juden hätte sein müssen. Stattdessen wüte der Hass auf Juden auf Straßen, in Hochschulen und Restaurants. Dass aus Opfern Täter gemacht würden, sei widerlich. Auch dass antisemitische Ereignisse wie auf der „documenta“ keine echten Konsequenzen gehabt hätten: „Kunstfreiheit endet, wo der Judenhass beginnt.“