Der Publizist Henryk M. Broder hat Angela Merkels Aufruf zu mehr Kirchgang gegen Islamismus kritisiert. In Europa gehöre kein Mut dazu, sich zum Christentum zu bekennen – wohl aber im Nahen Osten, den viele Flüchtlinge nun „in ihrem Gepäck haben“.
Der Publizist Henryk M. Broder hat Bundeskanzlerin Angela Merkel scharf wegen ihrer Äußerungen zur Flüchtlingskrise kritisiert
Henryk Broder schrieb in der Tageszeitung Die Welt, es sei an der Zeit, sich darüber Sorgen zu machen, ob Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) „zu einer klaren Analyse der aktuellen Situation in der Lage ist“. Merkel hatte in einem Bürgergespräch über Angst vor dem Islam gesagt, dass Angst „im persönlichen und gesellschaftlichen Leben kein guter Berater“ sei. Sie werfe niemandem vor, wenn er sich zum muslimischen Glauben bekennt. Gleichzeitig hatte die Kanzlerin den Wunsch geäußert, dass sich westliche Bürger wieder mit der eigenen christlichen Wurzel befassen: „Wir haben doch alle Chancen, uns zu unserer Religion, sofern wir sie ausüben und an sie glauben, zu bekennen.“
Falsche Analyse der mächtigsten Frau der Welt?
Angst, so erklärte Broder, könne durchaus ein guter Ratgeber sein: „Wenn die Menschen in Europa nicht Angst vor Seuchen hätten, wäre nichts gegen die Ebola-Epidemie in Afrika unternommen worden.“ Auch die Energiewende sei aufgrund von Angst wegen der Katastrophe in Fukushima durchgesetzt worden.
Auf die Frage, wie Merkel Europa vor einer Islamisierung zu schützen gedenke, hatte sie geantwortet, die EU habe mit einer Vielzahl von Kämpfern zu der Lage in Syrien, Libyen und dem Irak beigetragen. Für Broder verkehrt Merkel damit den Zusammenhang von Ursache und Wirkung. Denn die in Europa aufgewachsenen Männer, die in den Heiligen Krieg ziehen, sind für Broder „das Produkt der Islamisierung“, die bereits stattgefunden habe – „dank unserer Toleranz, unserer Willkommenskultur und unserer Begeisterung für alles Exotische“.
Christlicher Glaube kann in islamischen Staaten das Leben kosten
In islamischen Ländern erfordere das Bekenntnis zum christlichen Glauben Mut, erläutert Broder. Dies sei in Europa nicht der Fall. Deswegen sei Merkels Wunsch – „haben wir doch auch den Mut zu sagen, dass wir Christen sind“ – weder hilfreich, noch zielführend. „Es geht nicht darum, einen Fundamentalismus durch einen anderen Fundamentalismus zu neutralisieren, zumal es in der christlichen Welt nichts gibt, das ideologisch oder praktisch mit den Taliban, der Al-Qaida oder den Muslimbrüdern konkurrieren könnte“, erklärte Broder.
Anders als in Europa sei es in islamischen Ländern wie Afghanistan, Ägypten, Pakistan oder dem Irak lebensbedrohlich, sich zum Christentum zu bekennen. „Jeder, der ‚Refugees welcome!‘ ruft, sollte wissen, dass manche Flüchtlinge nicht nur aus dem Nahen und Mittleren Osten kommen, sondern auch den Nahen und Mittleren Osten in ihrem Gepäck haben“, schrieb Broder.
„Keiner ging häufiger in die Kirche als Christen“
Bereits in der vergangenen Woche hatte der deutsch-ägyptische Politologe und Islamkritiker Hamed Abdel-Samad die Worte der Kanzlerin kritisiert. „Keiner ging häufiger in die Kirche als die Christen von Bagdad und Mossul, und es hat ihnen nicht geholfen“, schrieb er auf Facebook. „Den verfolgten Christen weltweit hatte es nie geholfen, dass sie sich zum Christentum bekennen. Im Gegenteil.“ (pro)
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