Menschliches Leben auszusortieren, widerspreche dem Grundgesetz, schreibt Böckenförde in einem Kommentar in der Montags-Ausgabe der FAZ. Zudem könne eine Krankheit oder ein genetischer Defekt allein auch niemals Grund genug für eine Abtreibung sein. "Die heute verbreitete Praxis ist ein faktischer Missbrauch der Vorschrift", erklärt er mit Bezug auf das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch, das eine körperliche oder seelische Beeinträchtigung der Schwangeren als Vorraussetzung für eine Abtreibung benenne.
"Kein Anteil an menschlicher Würde"
Gegen die PID spreche, dass sie nicht in Gang gesetzt werde, "um den Wunsch nach einem Kind zu erfüllen", sondern, "um den Wunsch nach einem nicht mit bestimmten genetischen Defekten behafteten, insoweit gesunden Kind zu erfüllen". Deutlicher könne nicht zum Ausdruck kommen, dass ein so entstehendes Kind "keinen Anteil an menschlicher Würde, am Dasein um seiner selbst willen hat", schreibt Böckenförde weiter. Über den Embryo werde bei Durchführung der PID wie über eine Sache ent- und zwischen lebenswert und lebensunwert unterschieden. "Überdies ist die Wirkung auf die betroffenen lebenden Menschen zu bedenken; es sind diejenigen, die eigentlich nicht da sein sollten, deren Leben eher als nicht-lebenswert erscheint", heißt es weiter.
Am Donnerstag debattiert der Deutsche Bundestag erstmals über drei fraktionsübergreifende Gesetzesentwürfe zum Thema PID. Ein Entwurf fordert das absolute Verbot der Technik, zwei würden die Gentests in engem Rahmen zulassen. Mit Hilfe der PID werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen auf Erbkrankheiten hin untersucht, bevor sie in den Mutterleib eingepflanzt werden. Sie können aussortiert werden, wenn eine Fehlgeburt oder das Heranwachsen eines behinderten Kindes droht. (pro)