Der französische Mathematiker, Philosoph und christliche Autor Blaise Pascal wurde vor 400 Jahren geboren: am 19. Juni 1623 in Clermont-Ferrand. Bis heute gilt er als gescheiter Apologet des christlichen Glaubens. Kritiker des Christentums wie der Abbé Meslier oder Voltaire und auch Goethe haben ihn daher scharf attackiert. Der französische Denker, der sonst stets streng rational vorging, erlebte in einer Nacht im Jahr 1654 einen emotionalen Überschwang der religiösen Erkenntnis, eine Begegnung mit Gott, eine „zweite Bekehrung“.
Pascals Vater war Beamter und Richter, seine Mutter entstammte einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie. Als Pascal drei Jahre alt war, starb die Mutter. Als der Junge acht war, zog die Familie nach Paris. Pascal war von Kindheit an immer kränklich. Er habe seit seinem 20. Lebensjahr keinen Tag ohne Schmerzen verbracht, sagte Pascal einmal selbst. Sein mathematisches Genie entpuppte sich bereits in Kindheitstagen, als Jugendlicher kam er durch die Vermittlung seines Vaters in Kontakt mit bedeutenden Mathematikern und Naturforschern.
Eine der ersten Rechenmaschinen der Welt
Pascal erfand 1642 eine mechanische Rechenmaschine, die später „Pascaline“ genannt wurde und als eine der ersten Rechenmaschinen der Welt gilt. Die Maschine arbeitete auf der Basis von Zahnrädern. Reich wurde die Familie damit nicht, dafür waren die handgefertigten Maschinen zu teuer für einen größeren Markt. Kaum hatte Pascal die Maschine erfunden, war ihm auch sogleich klar, dass ihnen eines fehlte: „Die Rechenmaschine zeigt Wirkungen, die dem Denken näher kommen als alles, was Tiere vollbringen; aber keine, von denen man sagen muss, dass sie Willen habe wie die Tiere.“
Die Familie war durchaus fromm, Pascals Schwester Jacqueline wurde Nonne im Kloster Port Royal in Paris. Pascal besuchte seine Schwester regelmäßig. Er betrieb viele naturwissenschaftlich-mathematische Studien, 1647 publizierte eine Abhandlung zum Thema Luftdruck und Vakuum. Noch heute ist „Pascal“ die physikalische Einheit des Drucks.
Als er 28 Jahre alt war, starb sein Vater. Pascal beschäftigte sich mit den Gewinnchancen im Glücksspiel und schließlich mit Wahrscheinlichkeitsrechnung, für die er ebenfalls heute noch bekannt ist. Experten sagen, dass er nur noch einen kleinen Schritt von der Infinitesimalrechnung entfernt gewesen sei, die dann Gottfried Wilhelm Leibniz aufgrund von Pascals Texten erfand.
Das Jahr 1654 ist zugleich ein Jahr der Krise sowie der Gnade für Pascal. Wie durch ein Wunder überlebte er einen Unfall mit der Pferdekutsche. Die Pferde gingen durch und stürzten einen Abhang hinab.
In der Nacht des 23. November hatte der Mathematiker ein religiöses Erweckungserlebnis, das er noch nachts auf einem Blatt Papier, dem „Mémorial“, aufschrieb, das noch heute existiert. Es ist eines der eindrücklichsten Schriften christlicher Literatur. Völlig begeistert und überwältigt von der Erkenntnis von einem Gott, der nicht nur als Hirngespinst und Theorie existiert, sondern ein persönliches Gegenüber ist, schrieb er in jener Nacht Wortfetzen und Sätze hastig auf.
„Jahr der Gnade 1654, Montag, den 23. November“, begann er. „Seit ungefähr abends zehneinhalb bis ungefähr eine halbe Stunde nach Mitternacht Feuer. Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs, nicht der Philosophen und Gelehrten. Gewissheit, Gewissheit, Empfinden: Freude, Friede. Der Gott Jesu Christi. (…) Er ist allein auf den Wegen zu finden, die das Evangelium lehrt. Größe der menschlichen Seele Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich. Freude, Freude, Freude, Freudentränen.“ Dann mehrmals: „Jesus Christus!“
Dieser Text war Pascal so wichtig, dass er ihn bis zu seinem Tod immer wieder neu in das Futter seines Rockes einnähte und somit stets bei sich trug. Erst nach seinem Tod wurde der kleine Pergamentstreifen von einem Diener zufällig entdeckt. Der, der immer nur rational über göttliche Wahrheiten nachdachte, fühlte sie auf einmal. Plötzlich galt: „Der Philosophie spotten, das ist wahrhaft philosophieren.“
Die Philosophie der Langeweile und des Zuhausebleibens
Nach diesem Erlebnis zog sich Pascal aus der feinen Pariser Gesellschaft zurück, er konzentrierte sich auf seine Erfahrung im Glauben. Sein einziger Kontakt waren die jansenistischen „Einsiedler“, Gelehrte und Theologen, die sich im Umkreis des Klosters Port-Royal des Champs niedergelassen hatten. Das Alleinsein und die Einsamkeit wurden zu einem Grundthema der Philosophie und Theologie Pascals, der selbst ohnehin gesundheitsbedingt eher eingeschränkt war.
„Nichts ist dem Menschen unerträglicher als völlige Untätigkeit, also ohne Leidenschaften, ohne Geschäfte, ohne Zerstreuungen, ohne Aufgabe zu sein. Dann spürt er seine Nichtigkeit, seine Verlassenheit, sein Ungenügen seine Abhängigkeit, seine Unmacht, seine Leere.“ Und weiter: „Allein wird man sterben. Allein war Jesus Christus auf Erden.“
Es ist, als habe Pascal die Gedanken eines einzigen großen Lockdowns niedergeschrieben, und in der Tat wurde während der Corona-Pandemie vielfach das Pascal-Zitat geteilt: „Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“
Pascal verfasste theologische Schriften. Dabei war ihm der alleinige Blick auf Christus wichtig, der die Eitelkeit der Welt besiegt hat. In einigen Schriften kritisierte er die Jesuiten als opportunistisch und machthungrig. Das Buch wurde verboten, dennoch wurde es sehr populär und sorgte nach Meinung einiger Experten für eine Schwächung des Einflusses der Jesuiten in Frankreich.
Die Pascalsche Wette
Neben weiteren mathematischen Veröffentlichungen arbeitete Pascal ab 1658 an einer systematischen Apologie des christlichen Glaubens, sie wurde nie fertig, erst posthum wurden die Schriften als „Gedanken über die Religion und über einige andere Themen“ veröffentlicht, heute bekannt unter dem Namen „Pensées“ (Gedanken).
Darin sucht Pascal den Mittelweg zwischen der calvinistischen Prädestinationslehre und der Gnadenlehre, die den freien Willen des Menschen betont. „Jener, der uns ohne uns geschaffen hat, kann uns nicht ohne uns retten“, schrieb er. Eine Vereinbarkeit von Naturwissenschaft und Glaube war für ihn nicht nur selbstverständlich, sie führte ihn sogar zu einer Vertiefung seiner Erkenntnisse, wie er schrieb.
In den „Gedanken“ findet sich auch die berühmte „Pascalsche Wette“. Man sollte besser darauf wetten, dass Gott existiert, heißt es da, an den Leser gerichtet. „Was wollt ihr also wählen? (…) Ihr habt zwei Dinge zu verlieren, die Wahrheit und das Glück, und zwei Dinge zu gewinnen, eure Vernunft und euern Willen, eure Erkenntnis und eure Seligkeit, und zwei Dinge hat eure Natur zu fliehen, den Irrtum und das Elend.“ Da sei es allein mathematisch doch klüger, sich für Gott zu entscheiden, so Pascal.
Pascal verstarb am 19. August 1662 in Paris im Alter von nur 39 Jahren. Seine letzten Worte sollen gewesen sein: „Möge Gott mich niemals verlassen“. Die Evangelische Kirche in Deutschland ehrt Pascal mit einem Gedenktag im Evangelischen Namenkalender am 19. August. Im Juli 2017 sagte Papst Franziskus in einem Interview zu Pascal: „Ich glaube, dass er die Seligsprechung verdienen würde.“