Bei einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung haben die Eigentümer der Verlagsgruppe am Montag beschlossen, dass "Maßnahmen für eine Veräußerung der Verlagsgruppe Weltbild GmbH ohne jeden Verzug entschlossen aufgenommen werden" sollen. Die Gesellschafter – 12 Bistümer, der Verband der Diözesen und die "Soldatenseelsorge Berlin" – erwarten von der Geschäftsführung und dem Aufsichtsratsvorsitzenden nun regelmäßige Berichte, wie die Veräußerungsbemühungen voranschreiten. Darüber hinaus muss die Geschäftsführung "schriftlich über die eingeleiteten und durchgeführten Maßnahmen zur Einhaltung der Unternehmensziele im Sinne der Satzung berichten". "Es geht also offenbar primär darum, aus Sicht der Kirche anstößige Inhalte herauszufiltern", versucht das Branchenmagazin "buchreport" eine Pressemitteilung der Verlagsgruppe zu deuten.
Verkauf nicht vor 2013
Der Verkauf wird nach Einschätzung von "Weltbild"-Chef Carel Halff voraussichtlich nicht vor 2013 über die Bühne gehen. "Fachleute rechnen bei Unternehmen dieser Größe mit einer Prozessdauer nicht unter 18 bis 24 Monaten", sagte Halff der "Augsburger Allgemeinen" laut einem Vorabbericht der Nachrichtenagentur dpa. "Bei einem Umsatz von 1,7 Milliarden Euro im Jahr geht ein Verkauf nicht so schnell", fügte er hinzu. "Wir nehmen uns aber in die Pflicht, den Prozess kurzzuhalten." Angaben über mögliche Investoren oder Käufer machte er nicht.
Wechsel im Aufsichtsrat
Wie ein Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz gegenüber pro bestätigte, hatte die Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) während ihrer Tagung am Montag darauf gedrängt, die außerordentliche Gesellschafterversammlung der "Verlagsgruppe Weltbild" unverzüglich einzuberufen. Die Beschlussempfehlungen der VDD-Vollversammlung sahen nicht nur die Veräußerung der Verlagsgruppe vor, sondern auch die Berufung neuer Aufsichtsräte. Diesen Empfehlungen ist die Gesellschafterversammlung gefolgt. Neben dem bereits am Donnerstag zurückgetretenen Vorstandsvorsitzenden Klaus Donaubauer sind auch Sebastian Anneser (Erzbistum München und Freising) und Adolf Bauer (Diözese Würzburg) aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden. Seit dem heutigen Dienstag werden sie durch Peter Beer (Erzbistum München und Freising), Michael Fuchs (Bistum Regensburg) und Georg Holkenbrink (Bistum Trier) ersetzt.
"Glaubwürdigkeit der Gesellschafter hat gelitten"
Die Bischöfe äußerten zudem massive Kritik an der Unternehmensleitung: "Es ist der Geschäftsführung nicht gelungen, die internetgestützte Verbreitung sowie die Produktion von Medien, die den ideellen Zielen der Gesellschafter widersprechen, im eigenen Bereich bzw. im Bereich der Unternehmensbeteiligungen hinreichend zu unterbinden. Die Glaubwürdigkeit der Verlagsgruppe und ihrer Gesellschafter hat darunter gelitten."
Verschiedene deutsche Bischöfe haben in den letzten Tagen den Verkauf der "Weltbild"-Gruppe verlangt. Am deutlichsten hatte sich der Kölner Kardinal Joachim Meisner zu Wort gemeldet: "Es geht nicht, dass wir in der Woche damit Geld verdienen, wogegen wir sonntags predigen. Das ist einfach skandalös", sagte Meisner der "Welt am Sonntag". Er sage schon seit Jahren in der Bischofskonferenz, "dass wir uns von diesem Unternehmen verabschieden müssen". Anfang November hatte Papst Benedikt XVI. ein entschiedenes Vorgehen der deutschen Bischöfe gegen Pornographie und Prostitution gefordert und damit auch auf die Vorwürfe gegen den "Weltbild"-Verlag reagiert.
Geschäftsführer Halff hat unterdessen versichert, dass er den Verkaufbeschluss der Kirche nachvollziehen könne: "Wir haben Verständnis für die Eigentümer, dass sich das Buchgeschäft, wie es heute betrieben wird, nicht komplett mit der Grundhaltung der Kirche in Übereinstimmung bringen lässt", sagte Halff.
"Kirche hat massiv an der Säkularisierung der Gesellschaft mitgearbeitet"
Der Skandal um Erotik- und Esoterik-Literatur unter dem Dach des katholischen Verlagshauses, der nun seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden hat, kam Ende Oktober unter anderem durch einen wütenden Beitrag auf "Welt Online" ins Rollen. "Seit 30 Jahren hantiert die katholische Kirche mit ‚Weltbild’", schrieb der Autor Bernhard Müller. "Seit 30 Jahren ein Flirt mit Geld und Macht. Unter Missachtung ethischer und moraltheologischer Verpflichtungen hat sich die Kirche mit ihrem hauseigenen Konzern zu einem ‚Major Player‘ im Mediengeschäft hochgepuscht. Dieser Weg nach oben hat Millionen an Kirchensteuergeldern verschlungen." Müller ist Herausgeber des "Vatican"-Magazins, Chefredakteur der katholischen Monatszeitschrift "PUR" und Verlagsleiter des "Fe-Medienverlages".
Gegenüber pro begrüßte Müller nun den Gesellschafterbeschluss. "Es geht ja nicht nur darum, dass ‚Weltbild‘ Porno-Literatur verkauft. Es geht auch darum, dass das Unternehmen wie ein kapitalistischer Großkonzern geführt wird und in keiner Weise christlich." Allein durch den gedruckten 200-seitigen Werbekatalog von "Weltbild", der in etwa vier Millionen Haushalte komme, habe die Kirche "massiv an der Säkularisierung der Gesellschaft mitgearbeitet". Der Katalog zeige oft eine erschreckende Niveaulosigkeit und preise Bücher an, "die jeder Seite des katholischen Katechismus Hohn sprechen".
Der Augsburger "Weltbild"-Verlag erzielt mit etwa 6.400 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von etwa 1,7 Milliarden Euro. 1948 als "Winfried-Werk GmbH" in Augsburg gegründet, wurde im Lauf der Jahre aus dem katholischen Nachkriegs-Unternehmen ein Verlag mit eigenem Versandhandel und Beteiligungen an Firmen wie der "Verlagsgruppe Droemer Knaur" (50 Prozent) oder dem Internethandel "buecher.de" (33 Prozent). Außerdem ist Weltbild an einem Tochterunternehmen beteiligt, das Buchhandlungen unter verschiedenen Markennamen betreibt – neben den "Weltbild"-Läden zählen dazu auch die "Hugendubel"-Filialen. (pro/dpa)