„Die Identität von Opfern ist besonders zu schützen.“ So heißt es im Pressekodex unter Ziffer 8.2. Er hat zum Ziel, ethische Standards im Journalismus zu wahren. Wenn Medien über Unglücke berichten, sollen nicht Voyeurismus und Sensationsgier die Maßstäbe sein, sondern die Interessen der Opfer und deren Angehöriger. Dazu gehört, dass Namen und Fotos der Opfer in der Regel nicht in die Zeitung oder die Internetseite gehören. Schließlich trage das nicht zum besseren Verständnis des Unglücks bei.
Offenbar hat sich die Bild-Zeitung in der Berichterstattung über das Brückenunglück von Genua nicht daran gehalten. Unter der Überschrift „Sie fuhren in die Ferien und stürzten in den Tod“ veröffentlichte das Medium Fotos und Namen mehrerer Opfer, darunter ein Kind.
In Ausnahmefällen ist die Veröffentlichung von Opferidentitäten laut Pressekodex erlaubt. Allerdings muss dazu das Einverständnis der – überlebenden – Opfer oder von deren Angehörigen vorliegen. Auf eine entsprechende Anfrage von pro äußerte sich die Bild-Zeitung bisher nicht. Der Christliche Medienverbund KEP, der auch das Christliche Medienmagazin pro herausgibt, hat daher Beschwerde beim Presserat eingelegt. Sollte der Presserat der Beschwerde statt geben, kann er entweder einen Hinweis, eine Missbilligung oder eine Rüge aussprechen.
Dass Bilder von Opfern ohne deren Einverständnis gezeigt werden, kommt immer wieder vor. Ein prominenter Fall war ein Cover des Nachrichtenmagazins Der Spiegel von 2014. Das Blatt zeigte Opfer des Absturzes von Flug MH17 in der Ukraine. Auch Bild Online, Bunte Online und der Stern hatten solche Fotos gezeigt. Dagegen sprach der Presserat eine Missbilligung aus.
Von: Nicolai Franz