Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, sieht im Doppelgebot der Liebe das Zentrum des christlichen Glaubens. Gottes- und Nächstenliebe als untrennbar verknüpfte Prinzipien seien von zentraler Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben. Christliche Ethik sei keine „Sonderethik“, sondern für jeden verstehbar. In Richtung von Christen sagte er: Wer glaube, er könne Gottesdienste feiern und in der Kirche beten, ohne den Schwachen zu helfen, der habe das Christentum nicht verstanden.
Bedford-Strohm war Gast bei einer Buchvorstellung des Journalisten Alexander Görlach. In seinem Buch „Homo Empathicus – Von Sündenböcken, Populisten und der Rettung der Demokratie“ analysiert dieser die derzeitige gesellschaftliche Lage. Er sieht eine Krise der Wirtschaft und der Demokratie. Bewältigt werden könne sie durch eine Rückkehr von Moral und der Empathie, schreibt Görlach. Zur Vorstellung seines Buchs kamen neben Bedford-Strohm auch die Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär (CSU), und der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg.
Soziale Netzwerke verbreiten Hass
Bedford-Strohm erklärte, Soziale Netzwerke unterhöhlten die Demokratie. Hassbotschaften würden im Netz häufiger geklickt als aufwändige Recherche oder positive Geschichten. Große Netzwerke wie Facebook seien kommerziell gesteuert und förderten deshalb diese Entwicklung mit ihren Algorithmen noch. „Wir erleben eine völlige Veränderung des öffentlichen Diskurses“, sagte Bedford-Strohm. Hinsichtlich einer Krise der Wirtschaft, die Görlach ebenfalls in seinem Buch beschreibt, sagte der Ratsvorsitzende: Für ein friedliches Zusammenleben müsse gewährleistet sein, dass nicht die Reichen reicher und die Armen ärmer würden. In der Wirtschaft werde deshalb „Umverteilung“ künftig „eine größere Rolle spielen“.
Staatsministerin Bär sprach sich ebenso wie Bedford-Strohm gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen aus. Es führe dazu, dass die Talente und Gaben des Einzelnen keine Beachtung mehr fänden. Menschen müssten gefördert werden, aber jeder nach seinen eigenen Voraussetzungen und mit der Chance, sich gewinnbringend zu engagieren.
„Populisten sind auf dem Vormarsch“
Der Intendant der Deutschen Welle, Peter Limbourg, warnte: „Die Populisten sind weltweit auf dem Vormarsch.“ Und weiter: „Wenn wir Glück haben, ist es eine Welle, die wieder vorüber geht.“ Journalisten, die auf Fakten statt Emotionen setzten, seien ihnen gegenüber im Nachteil. Durch große Medienplattformen sei die Teilhabe kleinerer journalistischer Häuser zusätzlich gefährdet. Zwar könne die Menschheit von der Digitalisierung profitieren, aber nur, wenn die richtigen Regeln gesetzt würden. Limbourg sprach sich deshalb für eine Regulierung von Facebook und Co aus.
Von: Anna Lutz