Beschwerden über Aiwanger-Berichte in der „Süddeutschen“ unbegründet

Der Presserat hat Beschwerden zur Verdachtsberichterstattung über die Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger als unbegründet zurückgewiesen. Nach Ansicht des Gremiums bestand erhebliches öffentliches Interesse.
Von Norbert Schäfer
Hubert Aiwanger

Der Deutsche Presserat hat Beschwerden zur Verdachtsberichterstattung der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) über die Flugblatt-Affäre um Hubert Aiwanger (Freie Wähler) als unbegründet zurückgewiesen. Das hat das Gremium am Dienstag mitgeteilt.

An dem veröffentlichten Verdacht, der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister habe in seiner Jugend ein antisemitisches Flugblatt verfasst, habe ein erhebliches öffentliches Interesse bestanden, teilte das Organ der freiwilligen Selbstkontrolle der Print- und Onlinemedien mit.

Die Vorwürfe hätten „in eklatantem Widerspruch zu Aiwangers Ämtern als Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident Bayerns“ gestanden. Zwar habe der geschilderte Vorgang bereits 35 Jahre zurückgelegen, und Aiwanger sei damals noch nicht volljährig gewesen. „Jedoch waren die Vorwürfe so gravierend, dass darüber berichtet werden durfte, ohne seinen Persönlichkeitsschutz nach Ziffer 8 des Pressekodex zu verletzen“, erklärte der Presserat.

18 Beschwerden

Insgesamt waren den Angaben des Presserates zufolge 18 Beschwerden über die Verdachtsberichterstattung der SZ beim Presserat eingegangen. Die Beschwerdeführer hielten der Redaktion demnach unter anderem „Kampagnenjournalismus“ kurz vor der Landtagswahl in Bayern vor. Der Presserat machte jedoch deutlich, dass Redaktionen über den Zeitpunkt der Berichterstattung selbst entscheiden.

Die Mitglieder des Presserats diskutierten eigenen Angaben zufolge auch darüber, ob die nur schrittweise Offenlegung des Sachverhalts durch die Redaktion in aufeinanderfolgenden Artikeln die Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex verletzt haben könnte. Dieses Vorgehen war nach Ansicht des Presserates unter presseethischen Gesichtspunkten jedoch nicht zu beanstanden, weil der Redaktion von Anfang an hinreichende Anhaltspunkte für den geäußerten Verdacht vorlagen.

Auch eine Vorverurteilung nach Ziffer 13 des Pressekodex lag nicht vor, da die Vorwürfe laut dem Gremium korrekt als solche und nicht als Tatsachen bezeichnet wurden, dem Betroffenen ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde und entlastende Stimmen zu Wort kamen.

Die im Ausschuss des Presserats behandelten Beschwerden betrafen laut der Pressemitteilung die Artikel „Aiwanger soll als Schüler antisemitisches Flugblatt verfasst haben“, „Das Auschwitz-Pamphlet“ sowie „Lügen, Schweigen, Abtauchen“ und „Söders Dilemma“ in der SZ beziehungsweise auf „sueddeutsche.de“. Die genannten Artikel waren zwischen dem 25. und 28. August in der SZ erschienen.

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