Geht es nach der SPD-Bundestagsfraktion, dann sind Schwangerschaftsabbrüche künftig bis kurz vor der Überlebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Mutterleibes legal. Das wäre etwa die 20. bis 22. Schwangerschaftswoche. „Wir sprechen uns für eine Frist aus, die an der Überlebensfähigkeit des Fötus außerhalb des Uterus mit ausreichend zeitlichem Abstand anknüpft. Sobald eine Überlebenschance des Fötus außerhalb des Uterus in Einzelfällen besteht, muss ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verboten sein“, heißt es in dem am Dienstag abgestimmten Papier zum Thema Abtreibung.
Es ist ein weiterer Schritt hin zu einer Gesetzesänderung, nachdem eine Experten-Kommission der Ampel-Regierung jüngst entsprechende Schritte empfohlen hatte. Bisher ist Abtreibung in Deutschland grundsätzlich verboten, das Strafgesetzbuch sieht aber Ausnahmen vor, etwa, wenn die Schwangere eine Beratung in Anspruch genommen hat. Die bisherige Beratungspflicht will die SPD durch einen „Rechtsanspruch auf Beratung rund um Schwangerschaft und Schwangerschaftskonflikt“ ersetzen. Ärzte sollen verpflichtet werden, im Rahmen der medizinischen Aufklärung auf psychosoziale Beratungsangebote hinzuweisen.
Abtreibung könnte Kassenleistung werden
Schwangerschaftsabbrüche sollen zur Krankenkassenleistung werden. Das ärztliche Weigerungsrecht, einen Schwangerschaftsabbruch vorzunehmen, bliebe bestehen, allerdings streben die Sozialdemokraten an, dass Krankenhäuser mit gynäkologischen Abteilungen entweder selbst Schwangerschaftsabbrüche durchführen oder schwangere Personen, die dies wünschen, an eine geeignete Stelle weiterleiten müssen. Das könnte vor allem für konfessionelle Einrichtungen eine ethische Herausforderung sein. Die katholische Kirche, in deren Trägerschaft viele Krankenhäuser sind, lehnt eine Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ab.
Für die SPD hingegen ist klar: Es geht um das „Recht auf Selbstbestimmung der Frauen“. Dieses habe auch juristisch heute einen höheren Stellenwert als zu früheren Zeiten. Und: „Die Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen im Strafgesetzbuch hat eine stigmatisierende Wirkung.“ Gemeint sind Frauen, aber auch Ärzte und Mitarbeiter in Kliniken. Außerdem argumentiert die Fraktion mit weitreichenden Hindernissen für Frauen in Deutschland beim Zugang zu Informationen und medizinischer Versorgung.
„Schutzkonzept“ mit sozialen Maßnahmen
Im Gegenzug zur Legalisierung will die SPD aber auch ein „Schutzkonzept für ungeborenes Leben“ implementieren. Darunter versteht sie vor allem soziale Maßnahmen wie „bezahlbares Wohnen, die Abschaffung des Ehegattensplittings sowie verlässliche Kinderbetreuung, auch für Grundschulkinder“, um Frauen und Familien die Entscheidung für eine Schwangerschaft zu erleichtern. Außerdem sollen mehr Forschungsmittel für Verhütungsmittel „für alle Geschlechter, grade auch für Männer“ bereitgestellt werden.