Berufung für die dritte Lebensphase entdecken

Auf einem Kongress in Willingen finden rund 750 Teilnehmer Antworten auf die Frage, wie die Generation der Baby-Boomer ihre dritte Lebensphase sinnerfüllt gestalten kann. In Vorträgen und Workshops wird der Mut zu Neuanfängen gefördert.
Von Johannes Blöcher-Weil
Steffen Kern, Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes

Was bedeutet Berufung im dritten Lebensabschnitt? Diese Frage beschäftigt seit Freitag rund 750 Teilnehmer beim Kongresses „Berufung 3.0“ des Gnadauer Verbandes in Willingen. Die Generation der Baby-Boomer sucht dort bis Sonntag nach Antworten – in Workshops und Vorträgen.

Erstmals findet ein Kongress speziell für Menschen in dieser Lebensphase statt. Der Gnadauer Verband hat nach Willingen eingeladen, und mit mehr als 750 Teilnehmern sind die Plätze restlos ausgebucht: „Die Resonanz hat unsere Erwartungen weit übertroffen“, freute sich Generalsekretär Frank Spatz zur Eröffnung. Aufgrund der großen Nachfrage mussten die Anmeldungen vorzeitig geschlossen werden.

Bis Sonntag gestalten zahlreiche renommierte Referenten das Programm. Unter ihnen sind der Psychiater und Bestsellerautor Manfred Lütz, der Theologe Hans-Joachim Eckstein, die Pfarrerin und Gefängnisseelsorgerin Astrid Eichler, die Autorin und Podcasterin Christiane Rösel, der Journalist Andreas Malessa sowie Motivationsredner Johannes Warth.

Neue Wege wagen in unsicheren Zeiten

Steffen Kern, Präses des Gnadauer Verbandes, betonte in seinem Eröffnungsvortrag die Notwendigkeit, in einer scheinbar aus den Fugen geratenen Welt Neuanfänge zu wagen. „Jeder Mensch entscheidet selbst, welchen Weg er einschlägt, sei es mit Mitte 50 oder als Baby-Boomer“, sagte Kern. Dafür brauche es „Intuition, Intelligenz und Inspiration“.

Dabei gehe es darum, den Glauben zu vertiefen und das Denken zu erweitern. Die Baby-Boomer-Generation trage die wichtige Aufgabe, die Generation Z in eine neue Zeit zu begleiten: „Wir sollen nicht als Besserwisser auftreten, sondern als verantwortungsvolle Wegbegleiter.“ Hoffnung sei der Antrieb für morgen: „Was du hoffst, bestimmt, wie du handelst. Wer hofft, wagt Neues.“

Dankbarkeit als Schlüssel zur Veränderung

Pfarrerin Astrid Eichler sprach darüber, dass Christen einen Gott haben, „der uns bedingungslos will – unabhängig von Alter und Lebensumständen“. Sie empfahl Dankbarkeit als Rezept für Veränderungen und forderte dazu auf: „Weite finden statt einfach ‚weiter so‘.“ In der Bibel sei das Alter ein Zustand voller Würde und Ausdruck von Frieden und Wohlstand.

Eichler berichtete, dass sie in einer schwierigen Lebensphase selbst erfahren habe, wie wertvoll es sei, zur Ruhe zu kommen. Der erste Schritt sei, zu empfangen, zu vertrauen und dankbar zu sein – das nannte sie „Berufung 1.0“. Im nächsten Schritt gehe es darum, Gott zu dienen und sich kindlich auf Neues einzulassen. „Fragen Sie Gott, wozu er ‚mit Ihnen zusammen Lust‘ hat“, riet sie. „Vielleicht begleiten Sie einen Gefangenen im Gefängnis für eine Zeit lang.“

Vielfältige Workshops und Seminare

Bis Sonntag bietet der Kongress über 20 Seminare und Workshops an. Themen wie „Männer haben Bauch und Glatze – Frauen haben Panik“ befassen sich mit den unterschiedlichen Herausforderungen des Alterns. Weitere Workshops zeigen auf, wie ältere Paare einen „zweiten Frühling“ erleben können, wie Baby-Boomer ihre Komfortzone verlassen und welche Rolle sie für die Millennials spielen können.

Der Veranstalter, der Evangelische Gnadauer Gemeinschaftsverband, gilt als die größte freie Bewegung innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Mit rund 90 Mitgliedswerken, etwa 40.000 ehrenamtlichen und 7.000 hauptamtlichen Mitarbeitenden ist er eigenen Angaben zufolge an rund 2.400 Orten im deutschsprachigen Raum aktiv.

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