Berlinale: „Jesus ist willkommen“

Kultur ohne Werte – das ist heute nicht mehr schick, findet der Direktor der internationalen Filmfestspiele in Berlin. Dieter Kosslick erklärte am Sonntag beim Ökumenischen Empfang anlässlich der Berlinale, er würde Jesus Christus am liebsten einen Ehrenpreis verleihen.

Von PRO

"So viele Geschichten wie er hat wohl nie mehr ein einzelner Mensch zustande gebracht", sagte Kosslick über Jesus Christus. Schon deshalb würde er ihm einen der begehrten Bären verleihen, die Trophäe, mit der die besten Filme und Filmschaffenden der Berlinale ausgezeichnet werden. "Jesus Christus ist auf der Berlinale herzlich willkommen", sagte Kosslick weiter und lobte damit auch die Arbeit der Ökumenischen Jury, die in diesem Jahr zum 20. Mal Filme kürt, die "eine dem Evangelium entsprechende Haltung und Aussage zum Ausdruck bringen" und die Zuschauer für spirituelle, soziale und ethische Werte sensibilisieren.

Neben Kosslick sprachen auch Bischof Gebhard Fürst, Vorsitzender der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz, Pfarrerin Petra Bahr, Kulturbeauftragte der EKD, und die Bundestagsabgeordnete Monika Grütters, Vorsitzende des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag, zu den Gästen in der katholischen Akademie in Berlin. Bahr hob die künstlerische Schlagkraft des Films hervor. Diese Kunstform "bringt sogar Diktatoren um den Schlaf", erklärte sie und erinnerte an den iranischen Regisseur Jafar Panahi, der wegen seines Einsatzes für die Oppositionsbewegung im Iran zu sechs Jahren Haft verurteilt und dem ein zwanzigjähriges Berufsverbot auferlegt wurde. Panahi sollte auch Gast der vom 10. bis 20. Februar laufenden Berlinale sein. Die Ausreise wurde ihm verweigert.

Bahr: "Jesus hätte heute Filme gedreht!"

"So gefährlich sind Bilder", sagte Bahr. Deshalb seien Künstler und Journalisten, aber auch religiöse Minderheiten immer die ersten Opfer von Regimen. "Kultur ist der Spielraum der Freiheit", zitierte sie den Theologen Dietrich Bonhoeffer und ergänzte: "Das Kino ist der Spielraum der Freiheit!" Deshalb entspringe das Engagement der Kirchen für den Film einer inneren Motivation, "die aus der Kraft des Evangeliums kommt", sagte Bahr weiter. "Jesus hätte heute Filme gedreht!"

Die Abgeordnete Grütters lobte die Filmarbeit der Kirchen. "Vielleicht brauchen auch wir Christen das Medium Film, um Inhalte an die Gesellschaft heranzutragen", sagte sie und nannte zwei Beispiele für Glaubensthemen auf der Kinoleinwand. Bewegt hätten sie zum einen die Dokumentation "Die große Stille", die das Leben in einem Kloster von Kartäusermönchen nahe Grenoble zeigt. Das Kino werde durch diesen Film selbst zum Kloster und ermögliche eine schon spirituelle Erfahrung. Auch "Von Menschen und Göttern", ein Film über den Mord an sieben Mönchen in Frankreich, zeige das Spirituelle, warne aber zugleich vor einem Fanatismus in der Religion. Filme wie diese regten zur "Suche nach dem Sinn" an, sagte Grütters.

Bischof Fürst erinnerte an die lange Geschichte der ökumenischen Filmarbeit. Auch in diesem Jahr wolle die Jury "Filme finden, die lange in Erinnerung bleiben". Seit 1992 sind die internationalen Filmorganisationen der evangelischen und der katholischen Kirchen, Interfilm und Signis, durch eine aus sechs Mitgliedern bestehende gemeinsame ökumenische Jury vertreten. Die Jury vergibt ihren Hauptpreis für einen Film aus dem Wettbewerb, sowie je einen mit 2.500 Euro dotierten Preis für einen Film aus der Sektion Panorama und aus dem Programm des Forums. In der Vergangenheit zeichnete die Jury Filme wie "Dead Man Walking" (1996), "Sophie Scholl – die letzten Tage" (2005) oder "Bal" (2010) aus. Zum ersten Mal lud die katholische Kirche in diesem Jahr außerdem zu einem "Berlinale-Gottesdienst" in der Heilig-Kreuz-Kirche in Berlin-Wilmersdorf ein. Das ZDF übertrug die Veranstaltung am Sonntagmorgen live. (pro)

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