Der Ratsvorsitzende der Evangeschen Kirche in Deutschland (EKD), der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, hat sich für das Kuppelkreuz auf dem neu erbauten Berliner Schloss, das das Humboldt Forum beherbergen soll, ausgesprochen. „Es besteht kein Grund, auf der Kuppel des nun wiedererrichteten Berliner Stadtschlosses auf das Kreuz zu verzichten“, sagte er am Donnerstag beim traditionellen Johannisempfang der EKD vor hochrangigen Vertretern aus Politik und Gesellschaft in Berlin.
Wer das Kreuz noch immer als Symbol des Bündnisses von Thron und Altar wahrnehme, sei im 19. Jahrhundert stehengeblieben, so Bedford-Strohm. Es sei falsch, aus dem heutigen religiösen und weltanschaulichen Pluralismus die Konsequenz zu ziehen, die christlichen Glaubenssymbole aus der Öffentlichkeit zu verbannen: „Wir würden uns damit der Erinnerungszeichen berauben, die wir brauchen, um die Rede von der Menschenwürde nicht zu einer in feierlichen Reden benutzten Routinephrase verkommen zu lassen, sondern immer wieder neu mit Leben zu füllen.“
Neue Bedeutung des Kreuzes verstehen
Das Kreuz stehe nicht länger für die Gewaltgeschichte des Christentums. Vielmehr sei es Ausdruck von Gottes Parteinahme für die Armen und an den Rand Gedrängten: „Ich wünsche mir, dass diese längst vorgenommene Neubestimmung des Kreuzes als christlichem Symbol endlich wahrgenommen wird – auch von den Kritikern des Christentums.“ Deshalb freue er sich über den aktuellen Beschluss des Stiftungsrates des Humboldt Forums, das Kreuz auf die Kuppel des Stadtschlosses zu setzen.
Zum Hintergrund: Um das Kuppelkreuz ist eine Debatte entbrannt. Vertreter der Linken und der Grünen hatten gefordert, bei der Rekonstruktion des Berliner Schlosses auf das Symbol zu verzichten, weil es die Neutralität des Bauwerks gefährde und andere Religionen benachteilige. Das Schloss, auf dem sich auch ein Kreuz befand, war 1950 auf Befehl des DDR-Politikers Walter Ulbricht, dem damaligen Vorsitzenden des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, gesprengt worden.
Christen im Nahen Osten vor der Ausrottung
Christen sind nach Bedford-Strohms Worten gerufen, Gottes Liebe in die Welt zu tragen: „Sie ist eine radikale Liebe – und das ist die einzige Weise, in der wir Christinnen und Christen radikal sein wollen – eine radikale Liebe, weil sie sich nach dem Vorbild Jesu ganz hingibt an die Menschen.“ Was in der Aufnahme von Flüchtlingen, der Betreuung von Kindern und Jugendlichen, der Pflege Kranker, der Begleitung alter Menschen, der Nachbarschaftspflege oder im Trost für Trauernde und Verzweifelte getan werde, das sei das kraftvollste Zeugnis der Liebe, das sich denken lasse: „Und darin sind wir – auf eine Weise, die unser Verstehen übersteigt – verbunden mit allen, die so handeln, seien sie Christen, Angehörige einer anderen Religion oder auch keiner Religionsgemeinschaft.“
Ferner warnte Bedford-Strohm vor einer zunehmenden Christenverfolgung: „Mit Schrecken sehen wir, wie die orientalischen Kirchen an den Ursprungsorten des Christentums Gewalt und Verfolgung und – man muss es befürchten – bald der vollständigen Vertreibung oder Ausrottung ausgesetzt sind.“
Mehr Einsatz für Klimaschutz gefordert
Mit Blick auf den bevorstehenden G20-Gipfel in Hamburg Anfang Juli sagte der Ratsvorsitzende, es komme darauf an, alles daran zu setzen, um den Klimaschutz oben auf der Agenda der internationalen Staatengemeinschaft zu halten: „Wir brauchen gerade jetzt mutige Schritte. Ich möchte heute Abend all jenen, die sich darum bemühen, unseren vollen Rückenwind zusagen.“ Die Ankündigung der US-Administration, das Paris-Abkommen zu kündigen, wertete der Bischof als Rückschlag.
Am Johannisempfang nahmen rund 800 Gäste aus Politik und Gesellschaft teil, darunter Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), die Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann (SPD) und Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) sowie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Zu den Gästen gehörten auch der Präses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, Michael Diener, die Beauftragte für Kirchen- und Religionsgemeinschaften der SPD-Bundestagsfraktion, EKD-Ratsmitglied Kerstin Griese, sowie Volker Beck, religionspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag. (pro)
Von: Matthias Pankau/IDEA