Beck: Kein Wettbewerb der verfolgten Religionsgruppen
Weltweit werden Gläubige aller Religionen verfolgt oder diskriminiert. Bei einer Bundestagsdebatte zu diesem Thema mahnte Volker Beck, religionspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, keinen Wettbewerb aus der Verfolgung von Religionsgruppen zu machen.
Von PRO
Foto: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion
Volker Beck betonte bei der Parlamenstdebatte über Religionsfreiheit, dass jedes einzelne Opfer von Diskriminierung in den Blick genommen werden müsse
Am Freitag hat in Berlin der Bundestag über die weltweite Situation der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit beraten. Grundlage für die Debatte ist der „Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit“, den die Regierung auf Verlangen des Parlamentes vorgelegt hat.
Volker Beck, religions- sowie migrationspolitischer Sprecher der Grünen, erkannte in dem Bericht der Bundesregierung eine Chance, weltweit die Debatte um Menschenrechtspolitik neu zu befördern. Beck warnte davor, einen Wettbewerb daraus erwachsen zu lassen, welche Religionsgruppe am meisten verfolgt werde. „Wir müssen uns um jeden und jede Einzelne kümmern“, sagte Beck und konstatierte, dass Christen evangelikaler Prägung im Mittleren Osten „brutalster Verfolgung“ ausgesetzt seien.
Beck setzte die freie Religionsausübung in einen engen Zusammenhang mit der Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit. Gleichzeitig erinnerte er an die Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen, homo-, trans- und intersexuelle Menschen.
Gysi: Regierung schweigt zu vielen Menschenrechtsverletzungen
Gregor Gysi (Die Linke) konstatierte, dass in der europäischen Geschichte des 11. bis 13. Jahrhunderts das Christentum gewaltsam durchgesetzt und indigene Gesellschaften durch Europäer unterdrückt worden seien. Gysi erinnerte auch an die Pogrome gegen Juden in Europa und die Missachtung der Religionsfreiheit in „staatssozialistischen Ländern“. „Ich hätte nicht geglaubt, eine solche Verfolgung von Christinnen und Christen in meinem Leben noch zu erleben“, sagte Gysi. Er unterstrich, dass weltweit Muslime von Extremisten für deren Zwecke missbraucht würden, und forderte islamische Verbände auf, sich deutlich vom Extremismus zu distanzieren.
Gysi sagte zudem, der Staat solle sich nicht bei der Kleidung seiner Bürger einmischen. Einschränkungen, etwa beim Tragen eines Kopftuches oder einer Burka im öffentlichen Raum, seien jedoch erforderlich. Gysi warf der Bundesregierung vor, zu vielen Menschenrechtsverletzungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu schweigen und dadurch unglaubwürdig zu werden.
Schwabe: Moscheen sind in Deutschland erlaubt
Frank Schwabe, Sprecher für Menschenrechte und humanitäre Hilfe der SPD-Fraktion, würdigte den „konstruktiven Dialog“ in den Ausschüssen und zwischen den Fraktionen, die zu dem Bericht geführt hätten. Darin seien „Grundstrukturen der Einschränkung von Menschenrechten“ erkennbar. Schwabe rief dazu auf, die Debatte um Religionsfreiheit nicht isoliert von anderen Menschenrechten zu behandeln, und bezeichnete die Fokussierung auf die Verfolgung von Christen dabei als falsch. Es gelte, die Religionsfreiheit für alle Religionen im Auge zu behalten. Der Bericht gebe auch Anlass, über die Situation im eigenen Land nachzudenken, etwa im Hinblick auf den Bau von Moscheen. „Alle Menschen haben das Recht, Gotteshäuser zu bauen“, sagte Schwabe.
Kauder fordert Sonderbeauftragten für Religionsfreiheit
Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, erinnerte in der Debatte im Bundestag am Freitag daran, dass seine Fraktion bereits vor 20 Jahren einen Bericht vorgelegt habe. Allerdings habe der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) keinen Bedarf gesehen, die weltweite Verfolgung von Christen feststellen zu lassen. Kauder bezeichnete das Recht auf freie Religions- und Weltanschauungsausübung als das „wohl wichtigste Menschenrecht“.
Kauder bemängelte, dass weltweit die Religionsfreiheit behindert werde, etwa wenn Menschen zu einer anderen Religion zu konvertieren wünschten. Die gelte vor allem in islamisch geprägten Ländern. Menschen, die ihre Religion dort wechseln möchten, müssten häufig mit „harten Sanktionen“ rechnen. Kauder bemängelte, dass Berichte der Katholischen und Evangelischen Kirche und der Hilfsorganisation Open Doors nicht Eingang in den Bericht der Bundesregierung gefunden hätten, sondern lediglich auf diese verwiesen worden sei. Kauder forderte, für Fragen der Religions- und Weltanschauungsfragen einen Sonderbotschafter einzusetzen und Erkenntnisse der deutschen Botschaften in den Bericht einfließen zu lassen.
Hirte: Internet ist für viele wichtiger als Gott
Heribert Hirte (CDU), Vorsitzender des Stephanus-Kreises der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, stellt fest, dass die Bundesrepublik „religiös und kulturell vielfältiger“ geworden sei. Es gelte, die „religiöse Bildungslücke“ in unserer Gesellschaft zu schließen. „Viele junge Menschen können auf Gott gut verzichten, nicht aber auf das Internet“, sagte Hirte. Die Wichtigkeit der Debatte um Religions- und Weltanschauungsfreiheit habe sich daran gezeigt, dass dieser Punkt zur parlamentarischen „Prime-Time“ im Plenum verhandelt worden sei.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hatte gemeinsam mit den Fraktionen von SPD und Bündnis90/Die Grünen die Bundesregierung aufgefordert, einen Bericht über die Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit vorzulegen. Dem Bericht zufolge kommen demnach Staaten „ihrer Verpflichtung zum Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit teilweise nicht nach“. Die Bundesregierung sieht einen wesentlichen Grund für die Verletzung der Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit in fehlender oder schwacher Staatlichkeit und Korruption. Aber auch wirtschaftliche, ethnische Gründe sowie das Erstarken terroristischer Organisationen gefährdeten die Religionsfreiheit. (pro)
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