In einem Jahr lädt der Ökumenische Kirchentag (ÖKT) nach Frankfurt. Unterschiedliche Positionen seien erwünscht, natürlich auch Kritik, teilte das ÖKT-Präsidium am Mittwoch mit.
Gleichzeitig distanzierte es sich von „rassistischen, antisemitischen, fremdenfeindlichen und antidemokratischen Kräften“. Sie dürfen nicht aktiv am Programm mitwirken. In der begleitenden Pressemitteilung nennt der ÖKT eine „Kraft“, die unter das Mitmach-Verbot fällt, namentlich: Die AfD. Und zwar nicht nur Mandatsträger oder Funktionäre, sondern alle Mitglieder der Partei.
Diese Entscheidung kann nicht überraschen. Nachdem es 2017 wegen eines Auftritts der jetzigen Ex-AfD-Politikerin Anette Schultner Proteste gehagelt hatte, sprach der Evangelische Kirchentag für 2019 ein AfD-Embargo aus. Ein Jahr später hat sich das Verhältnis zur AfD noch verschlechtert. Der mittlerweile aufgelöste „Flügel“ wurde vom Verfassungsschutz als „rechtsextrem“ eingestuft, ebenso der Thüringer Fraktionschef Björn Höcke. Dessen Brandenburger Amtskollege Andreas Kalbitz wurde gar aus der Partei geworfen, weil der AfD-Bundesvorstand laut einer Pressemitteilung mehrheitlich zur Überzeugung gelangt war, dass Kalbitz eine Mitgliedschaft im mittlerweile verbotenen Neonazi-Verein „Heimattreue Deutsche Jugend“ (HDJ) verschwiegen habe. Kalbitz bestreitet, HDJ-Mitglied gewesen zu sein. Einige ostdeutsche Landesverbände stärkten Kalbitz den Rücken.
Es tobt also ein Machtkampf zwischen Rechtsextremisten und Rechtspopulisten in der AfD. Man mag es bequem nennen, der Diskussion mit AfD-Politikern aus dem Weg zu gehen. Doch es ist legitim und richtig, dass der ÖKT Grenzen des Zumutbaren definiert und eine Partei ausschließt, in der Rechtsextreme und Rassisten geduldet werden.
Ausgeschlossen wird nur, wer sich antisemitisch geäußert hat
Ein solches Signal hätte der Kirchentag auch in die Richtung der BDS-Bewegung („Boycott, Divestment and Sanctions“) senden müssen. Diese Chance hat er vorerst vertan. BDS versucht, den Staat Israel politisch, wirtschaftlich und kulturell zu isolieren, etwa durch Boykott-Aufrufe, Entzug von Investitionen und Sanktionen. Das „Kauft nicht bei Juden“ im Dritten Reich klingt an. Auch das Existenzrecht Israels stellt die Bewegung in Frage. Völlig zu Recht hat der Deutsche Bundestag die BDS-Bewegung im Mai 2019 daher als „antisemitisch“ deklariert. Kurz darauf kam es auf dem Kirchentag in Dortmund fast zum Eklat, nachdem bekannt geworden war, dass zwei prominente BDS-Unterstützer auf einer Veranstaltung der Linkspartei diskutieren sollten. Die Veranstaltung wurde abgesagt.
Auf dem ÖKT soll es hingegen eine Einzelfallprüfung geben. Nur wer sich nachweislich rassistisch oder antisemitisch geäußert hat, soll vom Programm ausgeschlossen werden, während bei der AfD sogar eine passive Mitgliedschaft zum Ausschluss führt.
Was für ein Eiertanz! Es ist viel einfacher, als der ÖKT es sich macht: Wer eine antisemitische Bewegung unterstützt, hat auf einem Kirchentag nichts verloren.