War die Arche Noah rund, und nicht eckig, wie viele glauben? Die Keilschrift einer Tontafel aus dem antiken Mesopotamien erzählt die Geschichte der Sintflut und gibt die Bauanleitung für ein großes Rettungsschiff wieder.
Von PRO
Foto: pro / CNN
Der britische Experte für biblische Archäologie Irving Finkel zeigt im Nachrichtensender CNN eine Replik der Tontafel aus dem 17. vorchristlichen Jahrhundert
Wenn die Arche Noah dargestellt wird, sieht man meistens einen eher eckigen, langgezogenen Kasten. Doch die Bauanleitung einer antiken Tontafel, die am vergangenen Freitag in London präsentiert wurde, legt eine gänzlich andere Bauweise nahe. Das Britische Museum zeigt die Tafel, die etwa so groß ist wie ein Handy und die Fachwelt verwundert. Der Kurator der Ausstellung, Irving Finkel, hat ein Buch über die Tafel geschrieben, es trägt den Titel „The Ark Before Noah“ (Die Arche vor Noah). Eine Fernsehdokumentation soll folgen.
Finkel, der die Inschrift übersetzte, hatte die Tafel vor ein paar Jahren von Douglas Simmons bekommen, der sie erstmals 2008 im British Museum zeigte. Der inzwischen verstorbene Simmons hatte das Artefakt von seinem Vater Leonard bekommen, der für die Royal Air Force im Nahen Osten Dienst tat und die Tafel erstanden hatte. Sie ist braun und überdeckt mit der Keilschrift aus dem alten Mesopotamien. Offenbar stammt sie aus Mesopotamien, dem heutigen Irak, und ist rund 4.000 Jahre alt. Neben der Bauanleitung für ein großes Rettungsboot enthält sie die Anweisung, Tiere immer paarweise auf das Schiff zu bringen. Laut einem Bericht von Associated Press (AP) erklärte Finkel am Freitag, es handele sich um „eines der wichtigsten Dokumente der Menschheitsgeschichte“.
Ihn habe vor allem überrascht, dass von einem rundlichen Boot die Rede ist, sagte Finkel. Solche Boote erinnern in ihrer Form eher an eine Nussschale und man nennt sie Coracle. Sie wurden im alten Irak als Wassertaxis benutzt und sind als Rettungsboot bestens geeignet. Es sei unsinkbar, erklärte Finkel, und eher nicht dafür gedacht, eine bestimmte Strecke zurückzulegen. Elizabeth Stone, Expertin für das alte Mesopotamien an der Stony Brook University von New York, sagte, die Entdeckung eines runden Schiffes anstatt eines eckigen ergebe Sinn. „Menschen bauten Boote so, wie man in ihrer Gegend eben Boote baut. Coracles waren nicht ungewöhnlich im alten Mesopotamien.“ Das Schiff, von dem auf der Tafel die Rede ist, hätte die Größe von zwei Dritteln eines Fußballfeldes gehabt. Es sollte aus hölzernen, mit Pech bestrichenen Rippen und Seilen gefertigt werden.
Noah-Welle kommt mit Kinofilm
Will der Brite eventuell nur einen Hype zugunsten des Verkaufsstart seines Buches betreiben? Immerhin startet Ende März in den USA und am 3. April in Deutschland der Film „Noah“ des Regisseurs Darren Aronofsky mit Star-Besetzung im Kino. Doch David Owen, Professor für die Antike des Nahen Ostens an der Cornell University, sagte laut AP, Finkel habe in der Tat eine „außergewöhnliche Entdeckung“ gemacht.
Finkel selbst ist überzeugt, dass es bereits vor dem biblischen Bericht einen Mythos von einer Flutkatastrophe und einem Rettungsboot im alten Babylonien gab. Die Juden hätten von diesem Mythos während ihrer Gefangenschaft in Babylonien im sechsten Jahrhundert vor Christus gehört und ihn dann übernommen. Trotz des Berichtes auf der Tontafel gehe er zudem nicht davon aus, dass die Arche jemals existierte. Vielmehr vermutet er, dass sich eine Geschichte von einer großen Flut durch die Jahrhunderte in den Köpfen der Menschen hielt.
Gläubiger Archäologe: Bericht ist glaubwürdig
Für Peter van der Veen, Experte für Biblische Archäologie von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, gibt es weder an der Professionalität seines Kollegen Finkel noch an der Historizität der Tontafel Zweifel. „Man kann sie auf das 17. vorchristliche Jahrhundert datieren, die Zeit des altbabylonischen Reiches“, sagt van der Veen gegenüber pro. „Das wäre exakt die Zeit von Moses.“ Der Archäologe merkt an, dass es mehrere antike Berichte über eine große Flut gibt. „Man kann es sich dabei nicht so einfach machen und sagen, der eine habe vom anderen abgeschrieben.“ An Finkels Tafel findet er besonders spannend, dass dort die Rede vom paarweisen Auftreten der Tiere ist. Das sei woanders nicht der Fall.
Auf die Frage, für wie wahrscheinlich er die Existenz der Arche hält, antwortet der gläubige Wissenschaftler van der Veen: „Es gibt zahlreiche Berichte von der Arche und der Flut. Warum sollten wir daran zweifeln? Ich lasse den biblischen Text erst einmal als historische Quelle stehen, bis ich etwas finde, was dagegen spricht.“ (pro)
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