Schlösser und Burgen, Kirchen, alte Industriestandorte, archäologische Plätze, Garten- und Landschaftsanlagen, Wohnbauten, Siedlungen: Am Sonntag öffnen deutschlandweit mehr als siebeneinhalbtausend große und kleine Monumente ihre Pforten. Der zweite Sonntag im September ist seit neunundzwanzig Jahren „Tag des offenen Denkmals“.
Erklärtes Ziel der Veranstalter, der Deutschen Stiftung Denkmalpflege: Einblicke in die Vergangenheit geben und Wege in die Zukunft zu zeigen. Ein guter Ansatz. Wir lernen immer aus der Vergangenheit für die Gegenwart und natürlich auch für die Zukunft.
Das ist eine wichtige Bereicherung für die Gesellschaft und für jeden einzelnen. Aber können wirklich ALLE die Angebote zum Tag des offenen Denkmals nutzen?
Unsere Tochter Birte ist gehbehindert und auf längeren Strecken auf den Rolli angewiesen. Besichtigungen in Burgen, Schlösser und Fachwerkhäuser machen wir nur äußerst selten, denn Barrierefreiheit kann ich hier nicht erwarten. Schließlich würde ein Umbau in den meisten Fällen das ursprüngliche Ambiente zerstören. Das kann ja keiner wollen. Früher war nun mal alles eng und meistens stufig.
Apropos Stufen: 768 führen hoch zur Aussichtsplattform des höchsten Kirchturms der Welt. Das Ulmer Münster ist auch eine Attraktion beim Tag des offenen Denkmals.
Da brauche ich mit unserer Birte erst gar nicht hinfahren. Das dachte ich zumindest bis Mitte August. Dann entdeckte ich in mehreren Pressemeldungen, dass die evangelische Münstergemeinde Ulm und der Diakonieverband zum Tag des offenen Denkmals am 11. September etwas ganz Besonderes anbieten:
Maximal 32 Rolli-Fahrerinnen und -Fahrer können mit dem Bauaufzug den Münsterturm hochfahren und den Blick über die Stadt genießen.
Die Nachricht des Evangelischen Pressedienstes klang, als ob das zum ersten Mal angeboten werden würde.
Auf Nachfrage beim Besucherbetrieb des Münsters in Ulm erfuhr ich, dass die Aufzugfahrten schon seit mindestens vier Jahren am Tag des offenen Denkmals angeboten werden. Bisher hatte man wohl nur regional dafür geworben. Der Mitarbeiter der evangelischen Kirchengemeinde Ulm zeigte sich überrascht, dass dieses Mal wohl bundesweit darüber berichtet wurde. Für die Fahrten musste man sich übrigens anmelden. Die Plätze sind schon lange vergeben.
Ganz egal ob zum ersten oder zum vierten Mal: Es ist eine geniale Idee, die die Mitarbeiter der Evangelischen Münstergemeinde Ulm und der Diakonieverband hatten: Der Bauaufzug, der sowieso wegen Restaurierungsarbeiten dasteht, verhilft Rollstuhlfahrern dorthin zu kommen, wo sie sonst nie hingelangen können. Hier hat man den örtlichen Gegebenheiten, die alles andere als barrierefrei sind, die moderne Technik dagegengesetzt.
Für mich ist das nicht nur ein Augenöffner dafür, dass barrierefreies Miteinander manchmal ganz einfach sein kann. und Es ist auch ein Bild dafür, welchen Auftrag Christen in der Welt haben: Sie können anderen dabei helfen, neue Perspektiven zu bekommen: Auf die Welt, das Leben und auf Gott.
Mit dem Rolli auf den Kirchturm. Das find ich gut!
Eine Antwort
Ich hoffe mal für Birte, dass im nächsten Jahr das Baugerüst noch steht und sie dann Gelegenheit hat, den Kirchturm zu „besteigen“. Rechtzeitiges Anmelden nicht vergessen!