Jeder Mensch lebt zurzeit im Ausnahmezustand. Wirklich jeder. Vieles in diesen Wochen wirkt unwirklich. Wie in einem Science-Fiction-Film. Doch was wir derzeit erleben, ist real. Überall sind Menschen gefordert, herausgefordert – und überfordert. Auch Mächtige sind letztlich ohnmächtig: Das Coronavirus treibt die ganze Welt vor sich her. Und auch wenn wir hoffen dürfen, dass es Chancen auf einen Impfstoff und Wege zurück zur Normalität gibt, so ist doch absehbar: Unser Leben wird künftig ein anderes sein.
Bundesliga und Olympia fallen aus – und was ist mit Ostern? Natürlich haben auch die Kirchen in diesen Tagen geschlossen. Und in unserer überwiegend säkularen Gesellschaft mag dies ohnehin vielen recht sein.
Egal, wie man es sieht: Das 2.000 Jahre alte, zusammen mit Karfreitag höchste Fest aller christlichen Kirchen, besitzt einen inhaltlichen Kern, der zeitlos herausfordernd bleibt. Ostern handelt von Auferstehung, von der Überwindung des Todes durch Jesus Christus. Nach biblischer Lehre hat der Sohn Gottes durch seinen Foltertod am Kreuz von Golgatha stellvertretend die Not, das Versagen, die Abgründe der ganzen Welt auf sich genommen.
Es ist Sonntagfrüh, als trauernde Frauen eine schockierende Entdeckung machen: Das Grab ist leer. Dann begegnen sie dem Auferstandenen, der zu ihnen sagt: „Fürchtet euch nicht!“ Ihr Zeugenbericht geht um die Welt (Matthäusevangelium, Kapitel 28).
Ostern eröffnet neue Perspektiven
Je nach Standpunkt ist diese Schilderung einfach unglaublich, ärgerlich oder faszinierend und Hoffnung weckend: Die Ostergeschichte des Gottessohnes, der von sich gesagt hat: „Ich lebe, und ihr werdet auch leben“, hat über Jahrhunderte Künstler inspiriert. Sie hat Menschen beflügelt, sie hat vitalisierende, ermutigende Lebensimpulse vermittelt: Gerade dann, wenn Menschen mit Ängsten, Verunsicherung und dem Gefühl von Kontrollverlust konfrontiert sind, tut es gut zu wissen: Es gibt eine Zukunft, neue Lebensperspektiven sind möglich.
In Coronazeiten sind wir ganz praktisch herausgefordert: Schwache, Gefährdete, Kranke, Alte und Einsame, Familien mit Kindern brauchen ebenso Solidarität wie all jene, die sich in Gefahr bringen, um unsere Gesundheit zu schützen. Doch statt zusammenzurücken, müssen wir soziale Distanz wahren. Aus Sicherheitsgründen. In dieser verkehrten Welt sind auch manche schwach, die sonst stark sind. Etliche erfolgreiche Manager sind hilflos, Tausende blühende Unternehmen mussten von heute auf morgen vorerst dicht machen. Auch sie brauchen unsere Solidarität.
Im Ostergeschehen kommt die Liebe Gottes gegenüber dem Menschen zum Ausdruck. Sie ist sogar stärker als der Tod. Auch Corona ist nicht das Ende, sondern bietet unfreiwillige Chancen: zur Besinnung, zum Atemholen, zum Ändern schädlicher Gewohnheiten – und zum Neubeginn.