Herzliche Umarmungen zur Begrüßung, angeregte Gespräche – die Atmosphäre im „Goldenen Lamm“ gleicht an einem Aprilabend dieses Jahres eher einem Gemeindefest mit Freunden als einem Gospelkonzert mit anonymen Besuchern. Kein Wunder, denn die Dresdner Musikschule „Goldenes Lamm“, die in diesem Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiert, ist angegliedert an die Freie evangelische Gemeinde (FeG) und nutzt auch deren Räumlichkeiten im Dresdner Stadtteil Pieschen.
Musikschulveranstaltungen sind daher fest im Gemeindekalender verankert. So auch die „9. Gospel Celebration“, mit welcher der „Sunlight Gospel Choir“ als eines der ältesten Ensembles der Musikschule ebenfalls sein zehnjähriges Bestehen feiert. Unter Leitung von Eva-Karen Becker erklingt in zwei Stunden eine bunte Mischung aus Gospels und Spirituals. Für erstklassige musikalische Begleitung sorgt eine fünfköpfige Band.
FeG-Pastor Frank Döhler unterstützt die Musikschule seit ihrer Gründung und ist als Solist, Moderator und Impulsgeber dabei. Er erzählt von Jesus, vom Evangelium und wie es Leben verändern kann. Das ist Standard bei Veranstaltungen im „Goldenen Lamm“: „So hat jede Familie, deren Kinder Schüler bei uns sind, mindestens einmal im Jahr die Möglichkeit, von Jesus zu hören“, berichtet Schulleiter Daniel Scheufler. Er selbst leitet eine der Kinder- und Teeniebands der Musikschule, die regelmäßig in den Gottesdiensten der FeG auftritt. Das oberste Ziel, dass Menschen durch die Musik zu Jesus finden, erreiche man vor allem im Unterricht und durch eine gute Beziehung zwischen Schüler und Lehrkraft. 45 Lehrer unterrichten aktuell rund 1.000 Schüler, etwa die Hälfte davon sind keine Christen. Im Gegensatz zu den Lehrern im „Goldenen Lamm“ müssen die Schüler nicht konfessionell gebunden sein, um hier unterrichtet zu werden.
Christen und Profi-Musiker gesucht
Im „Goldenen Lamm“ musizieren Musikbegeisterte jeder Altersstufe. Dazu trägt auch das breite Angebot bei: Von der musikalischen Früherziehung für die Kleinsten über Instrumental-, Tanz- und Gesangsunterricht, verschiedene Ensembles und Bands bis hin zur Musiktheorie. Zwei Angebote fallen besonders ins Auge: Kanga-Training für Mutter und Baby sowie die Veeh-Harfen-Gruppe 60plus für Senioren. „Man muss sich Nischen suchen und schauen, wie man mit seinen Angeboten gesellschaftlichen Bedürfnissen und Nöten begegnet“, begründet Scheufler diese ungewöhnliche Wahl.
Die Angebotsbreite entwickle sich auch mit den Lehrern. Passende Pädagogen zu finden, die Christen und professionelle Musiker sind, sei aber schwierig. Doch bisher habe Gott immer die Gebete erhört und zur richtigen Zeit Lehrkräfte geschickt. Die Leiterin der Veeh-Harfen-Gruppe beispielsweise wollte nicht mehr als Musikschullehrerin, sondern lieber vormittags als Seniorenbegleiterin arbeiten. Scheufler begeisterte sie für die Veeh-Harfe als Instrument und dafür, die Ausbildung zur Musikgeragogin – also Musiklehre für Senioren – zu absolvieren. So ließen sich der Wunsch der Kollegin und ein neues Musikschulangebot verknüpfen. „Mittlerweile ist die Kollegin Feuer und Flamme“, freut sich Scheufler.
Als die FeG Dresden 2006 das Gebäude kaufte, in dem sich das „Goldene Lamm“ befindet, war noch nicht geplant, eine Musikschule zu gründen. Das „Goldene Lamm“ war bereits im 18. Jahrhundert ein Gasthaus mit Pension, der danach angebaute Ballsaal dient jetzt als Gottesdienst- und Veranstaltungsraum. Später als Kino und Puppentheater ist die Örtlichkeit vielen Dresdnern ein Begriff. „Deswegen haben wir den Namen beibehalten – es heißt ja nicht Goldenes Kalb“, witzelt Scheufler.
Im Rahmen seines Musikstudiums in Dresden absolvierte er ein Auslandssemester in Nashville, USA. „Dort war immer die Frage: Was hast du für ein Ziel mit der Musik, die du machst?“ Mit diesem Gedanken unterrichtete er im neu sanierten Probenraum der FeG ab 2007 privat Klavierschüler – das sprach sich herum und bald wurden weitere professionelle Musiker in der Gemeinde als Lehrkräfte gesucht. Die Idee: Ein Zusammenschluss christlicher Musiker, die als Freiberufler eigenverantwortlich Unterricht anbieten. Die Idee von Gemeindemusikschulen, die Scheufler auf einer Konferenz kennengelernt hatte, begeisterte ihn.
So gründete sich im Mai 2009 der Musikschulverein als Arbeitsbereich der FeG. „Wir wollen unsere Schüler nicht nur vertikal bilden, damit sie ihr Instrument besser beherrschen, sondern auch horizontal bereichern, um im Leben vorwärts zu kommen und möglicherweise Jesus zu finden.“ Die größte Herausforderung sei es für ihn gewesen, seine Position als Schulleiter anzunehmen, berichtet Scheufler: „Das habe ich nie gewollt, mein Traum waren Bühnenkonzerte und Tourneen. Daher ist es rückblickend das größte Wunder für mich, wie Gott mich Schritt für Schritt dahin geführt und in Leiterschaft wachsen lassen hat – erst 2013 konnte ich das wirklich als Berufung für mein Leben annehmen.“
Wissen an die nächste Generation weitergeben
Die Musikschule „Goldenes Lamm“ finanziert sich aus Unterrichtsentgelten und Spenden, nicht durch kommunale Subventionen. Eine Zusammenarbeit mit dem Verein „Stoffwechsel“ soll auch Kindern aus finanziell schlechter gestellten Familien Musikschulunterricht ermöglichen. Ein geplanter Förderverein gibt Alumni der Musikschule die Möglichkeit, ihrer musikalischen Ausbildungsstätte etwas zurückgeben. So etwa Samuel Rösch, Gewinner der letzten „The Voice of Germany“-Staffel, oder YouTuber Johann Beurich alias „DorFuchs“, der Mathesongs für Schüler komponiert.
Einige ehemalige Schüler schlagen auch eine Laufbahn als Musiklehrer ein und geben ihr Wissen an die nächste Generation weiter. Damit sich Gemeinde und Musikschule zukünftig nicht mehr die Räume teilen müssen, soll die Musikschule in einen Neubau umziehen. Noch fehlende Gelder sollen im Jubiläumsjahr über verschiedene Aktionen eingeworben werden: Neben der „Gospel Celebration“ gab es am 1. Mai einen Spendenlauf unter der Schirmherrschaft der sächsischen Sozialministerin Barbara Klepsch, bei dem 142 Sportler rund 36.000 Euro erliefen.
Scheufler wünscht sich ein deutschlandweites Netzwerk und eine Verbreitung des Konzepts „Christliche Musikschule“. Sein Traum ist es, für einen Masterstudiengang „Lobpreis“ mit einer Musikhochschule zu kooperieren, um professionelle christliche Musiker auszubilden, die fundierte musikalische und theologische Kenntnisse haben. „Für mich sind Verkündigung und Musik die zentralen Elemente in einem Gottesdienst. Musik ist der Türöffner zu den Herzen von Menschen und das Wort trifft hinein“, begründet er diesen Traum.
Menschen mit der Musik für Jesus begeistern
Die Stiftung für Christliche Wertebildung hat die Einrichtung am vorigen Wochenende mit dem „Wertestern“ ausgezeichnet. Damit würdigt die Stiftung die inhaltliche und organisatorische Entwicklung der Musikschule in den letzten zehn Jahren. „Es gelingt dieser Musikschule in herausragender Weise, Menschen für und mit Musik zu begeistern“, heißt es in einer Pressemitteilung der Stiftung. Mit dem „Wertestern“ zeichnet die Stiftung Institutionen, Menschen oder Projekte aus, die in besonders innovativer Weise christliche Werte an Kinder und Jugendliche vermitteln und damit einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag leisten.
Preisträger der Vorjahre waren die Blu:boks, Berlin im Bereich außerschulische Jugendbildung und die CVJM Hochschule in Kassel. In diesem Jahr wurde neben der Musikschule auch Hans-Ulrich Henning als Leiter des Christophorus- Jugendkammerchores, Versmold ausgezeichnet. Ihm gelingt es als einem pädagogischen Brückenbauer mit Phantasie und Kreativität, das Medium Musik vor allem in der Chorarbeit zu nutzen, um junge Menschen kulturübergreifend zu erreichen, zu fördern, zu prägen und zu integrieren.
Von: Lisa-Maria Mehrkens/Johannes Blöcher-Weil
Dieser Artikel ist in der aktuellen Ausgabe 3/2019 Christlichen Medienmagazin pro erschienen, das Sie hier oder telefonisch unter (06441) 5 66 77 00 kostenlos bestellen können.