Die TV-Dokumentation „Wuhan – Chronik eines Ausbruchs“ des SWR sollte ursprünglich am Montag um 22.45 Uhr innerhalb der Reihe „Story im Ersten“ ausgestrahlt werden. Auftakt des 40-minütigen Films ist der Tod des Arztes Li Wenliang. Der hatte bereits Ende Dezember 2019 vor der Ausbreitung des neuartigen Virus in Wuhan gewarnt. Im Februar starb er selbst an den Folgen seiner Covid-19-Erkrankung. Die chinesische Regierung hatte zuerst versucht, die Krankheit zu vertuschen.
Die SWR-Dokumentation wollte den Ausbruch der Corona-Pandemie nachzeichnen. Doch wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) zuvor berichtet hatte, zeigte der Film der deutschen Produktionsfirma „Gebrüder Beetz Filmproduktion“ enge Verbindungen zu chinesischen Behörden auf.
Während etwa der Tod dieses Arztes Li Wenliang für viele zum Symbol für das Versagen der Regierung geworden war, bemängelte die Süddeutsche Zeitung am Montag: „Der Zuschauer erfährt von diesem Schmerz, der Wut und Hilfslosigkeit der Menschen aber wenig. Denn der Film nimmt eine andere Wendung.“ Dass Li von der chinesischen Regierung mundtot gemacht werden soll, wird in der SWR-Dokumentation lediglich als „Verdächtigung“ bezeichnet. Dabei sei das Fakt, so die SZ.
Auch an anderen Stellen mache der Bericht den Eindruck, als spiele die Dokumentation die Versäumnisse der chinesischen Regierung herunter. In dem Film heiße es unter anderem: „Was hier (in Wuhan) genau passiert ist, in welchem Umfang getäuscht und vertuscht wurde, bleibt bis heute ein Rätsel.“ Die SZ hält dagegen: „Journalisten haben in den vergangenen Monaten umfangreich Belege für die Versäumnisse und Vertuschung durch Chinas Behörden recherchiert.“
Absetzung wegen angeblicher Rechte-Probleme
Außerdem habe der SWR für die Produktion fast ausschließlich Filmmaterial des „China Intercontinental Communication Center“ (CICC) verwendet. Es wurde 1993 in Peking gegründet, um China in den Medien weltweit zu repräsentieren. Im SWR-Bericht wird das CICC jedoch lediglich als „Filmproduktionsfirma des Informationsbüros des chinesischen Staatsrats“ bezeichnet. Es werde auch gesagt, dass das Material des CICC kein vollständiges Bild von China liefere, aber dieser Mangel werde im Bericht nicht „ausgeglichen“, kritisiert die SZ. So gebe es etwa keine Aufnahmen von Bürgerjournalisten oder Aktivisten aus China. Es sei nicht deutlich zu verstehen, welche Aufnahmen eventuell gestellt sein könnten und welche nicht.
Wie die SZ weiter berichtet, erfüllte das CICC bei der SWR-Produktion zudem eine „Beraterfunktion“. Das bedeutet, dass die staatlichen Mitarbeiter Einfluss nehmen konnten auf das gesendete Material. In China ansässige Korrespondenten der ARD seien indes nicht in den Bericht involviert gewesen. Die Filmproduktionsfirma hat laut SZ bislang nicht auf Anfragen geantwortet.
Der SWR rechtfertigte die Zusammenarbeit mit dem chinesischen CICC damit, dass der Sender sich inhaltlich habe „absichern“ wollen. Wenige Stunden vor der geplanten Ausstrahlung setzte die ARD die Dokumentation jedoch ab. Der SWR nannte als Grund dafür allerdings nicht die massive Kritik am Inhalt des Berichtes, sondern Rechte-Probleme. In einer Pressemitteilung der ARD heißt es, die Produktionsfirma habe nicht „die erforderlichen Rechte am verwendeten Filmmaterial des China Intercontinental Communication Center (CICC) einräumen“ können. Weiter heißt es: „Da eine einvernehmliche und für den SWR akzeptable Rechteklärung zwischen dem Produzenten und CICC leider nicht erreichbar erscheint, plant der SWR derzeit keine Ausstrahlung.“ Stattdessen zeigte die ARD die Dokumentation „Sneaker – Der große Deal mit Turnschuhen“.
Von: Jörn Schumacher