Anne Gidion: „Diplomatin will ich sein“

Die Evangelische Kirche hat eine neue Bevollmächtigte im politischen Berlin. Anne Gidion will ihre Aufgabe mit „Expertise und Empathie“ ausüben. Arbeitsminister Hubertus Heil rief die Kirche bei Gidions Einführung dazu auf, die Stimme zu erheben.
Von Anna Lutz

Anne Gidion ist neue Bevollmächtige der EKD in Berlin und Brüssel und damit je nach Lesart höchste Lobbyistin oder Diplomatin ihrer Kirche in der Politik. Im Beisein verschiedener Bundestagsabgeordneter und kirchlicher Funktionäre, etwa der Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Annette Kurschus, der EKD-Präses, Anna-Nicole Heinrich, dem Bundesminister für Arbeit und Soziales, Hubertus Heil (SPD), oder dem kirchenpolitischen Sprecher der Union, Thomas Rachel (CDU), wurde sie am Freitag offiziell ins Amt eingeführt. 

Prälatin Anne Gidion bei ihrer Einführung ins Amt der Bevollmächtigten in Berlin

In ihrer Predigt sagte Gidion: „Je schwieriger die Zeiten, desto stärker die Sehnsucht nach starkem Trost.“ Den finde sie in den Zehn Geboten. Zentral sei für sie eine Haltung, die sich schon bei Mose finde: Die Idee, dass Gott einen Bund mit allen Menschen geschlossen habe. Dass er direkt mit den Menschen spreche, auch wenn die Zeiten schwierig seien. Ihre Aufgabe sei es nun, „jeweils neu und jeweils jetzt zu fragen: Was hält uns zusammen?“. „Diplomatin bin ich und will ich sein“, sagte Gidion. Dazu gehöre es, die Sprache der Kirche zu „übersetzen über die Deutungsgräben hinweg“. Mitbringen wolle sie „Expertise und Empathie“.

Erste Frau im Amt

Die 51-jährige Anne Gidion vertritt nun die Interessen der EKD gegenüber Bundestag, Bundesregierung und der EU. Außerdem nimmt sie seelsorgerliche Aufgaben unter den Abgeordneten wahr. Sie ist die erste Frau in dieser Position. Ihr Vorgänger Martin Dutzmann ist bereits im Sommer in den Ruhestand gegangen. 

Gidion war bisher Rektorin des Pastoralkollegs der Nordkirche. Nach ihrem Studium der Theologie und Kunstgeschichte wurde sie 2007 ordiniert. Das politische Berlin kennt sie aus früheren Tätigkeiten: Von 1999 bis 2001 war sie als Referentin in genau jenem Büro angestellt, das sie nun leitet. Anschließend arbeitete sie bis 2004 unter Bundespräsident Johannes Rau als Referentin im Bundespräsidialamt. Dort war sie für die Beziehungen zwischen Religionsgemeinschaften und der Politik zuständig. 

Foto: PRO/Anna Lutz
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in der Französischen Friedrichstadtkirche in Berlin

Die EKD-Ratsvorsitzende Annette Kurschus gratulierte Gidion im Rahmen des feierlichen Gottesdienstes zum „Neuanfang“ und auch zum „Rollenwechsel“, der mit dem Umzug nach Berlin einhergehe. In ihrer neuen Aufgabe müsse Gidion nun „vermitteln, Brücken bauen, zwischen unterschiedlichen Menschen und Institutionen, ja oft zwischen völlig unterschiedlichen Welten“. Zugleich werde sie nicht immer allen gefallen, werde auch anstoßen mit ihrer christlichen Haltung. Auch deshalb sei die Stelle eine „besondere Herausforderung“.

„Der christliche Glaube ist nicht nur ein Halteseil, sondern auch ein Bindeglied.“

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil

Bundesminister Hubertus Heil erklärte: „Es kommt auf eine Politik an, die Gemeinsamkeiten fördert.“ Aber politische Antworten allein könnten Sorgen nicht lindern. „In diesen Zeiten gibt vielen Menschen in diesem Land der Glaube viel Kraft.“ Wer glaube, finde Zuversicht. „Der christliche Glaube ist nicht nur ein Halteseil, sondern auch ein Bindeglied.“

Die Amtskirchen hätten zwar weniger Bindekraft als noch vor einigen Jahren. Dennoch dürfe niemand unterschätzen, wie sehr Kirchen und Religionsgemeinschaften die Gesellschaft heute noch zusammenhielten. An die Kirche gerichtet erklärte er: „Bewahren Sie in solchen Zeiten Standhaftigkeit, seien Sie nicht nur spürbar, seien Sie auch hörbar, selbst dann, wenn es unbequem ist.“ Die Politik brauche die Stimme der Kirche. Anne Gidion wünschte er Gottes Segen für das Amt.

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Eine Antwort

  1. Und welches Parteibuch hat Frau Gidion wohl ? Ich tippe mal auf irgendeine Farbe aus der Ampel, wobei ich oben oder unten präferiere…

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