Am 17. Juli 2024 feiert Angela Merkel ihren 70. Geburtstag. Die ehemalige Bundeskanzlerin, die von 2005 bis 2021 die Geschicke des Landes lenkte, war eine der prägendsten Figuren der modernen deutschen und europäischen Politik. Seit ihrem Ausscheiden aus der Bundespolitik nach der Wahl 2021 ist es still um die Altbundeskanzlerin geworden. In der Öffentlichkeit tritt sie kaum mehr auf und hält sich in den meisten Debatten zurück. Eine Ausnahme machte sie, als sie den Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober verurteilte.
Ansonsten genießt sie nach eigenen Angaben ihre neu gewonnene Freizeit. „Jetzt bin ich frei.“ Das sei ein schönes Gefühl, erzählte sie vor zwei Jahren dem RND. Nach ihrer Kanzlerschaft sei sie „ganz schön geschafft“ gewesen. Nun wolle sie ihre Freizeit nutzen, um vor allem die alten Bundesländer und deren Sehenswürdigkeiten, wie die Dome in Trier und Speyer zu bereisen.
Geboren als Pfarrerstochter, aufgewachsen in der DDR
Vielleicht schließt sich so gewissermaßen der Kreis. Geboren wurde Angela Dorothea Kasner am 17. Juli 1954 im Hamburger Stadtteil Barmbek. Noch im selben Jahr trat ihr Vater Horst Kasner eine Pfarrstelle in der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg an. Dort kümmerte er sich um den Aufbau einer innerkirchlichen Weiterbildungsstelle. Merkel nahm als junges Mädchen nicht an der in der DDR üblichen Jugendweihe teil, sondern ließ sich 1970 konfirmieren. Mitglied in der Pionierorganisation Ernst Thälmann und später der Freien Deutschen Jugend (FDJ) war sie trotzdem. Nach dem Abitur, das Merkel mit der Note 1,0 abschloss, entschied sie sich für ein Physik-Studium in Leipzig. Dort lernte sie ihren ersten Mann, Ulrich Merkel, kennen. Sie war bis kurz vor dem Ende der DDR nie Mitglied der SED oder einer der Oppositions-Bewegungen. Erst ab November 1989 arbeitete sie im neu gegründeten Demokratischen Aufbruch (DA) mit, ab Februar 1990 sogar hauptberuflich in der Geschäftsstelle.
Gemeinsam mit dem Bündnispartner Ost-CDU gewann der Demokratische Aufbruch die Wahl. In der Regierung des einzigen DDR-Regierungschefs Lothar de Maizière wurde Merkel stellvertretende Regierungssprecherin. Im Zuge der Wiedervereinigung nahm sie an vielen politisch relevanten Gesprächen teil. Nach der Wiedervereinigung war sie zunächst im Bundespresse- und Informationsamt. Helmut Kohl holte sie 1990 als Gewinner der ersten gesamtdeutschen Wahlen als Ministerin in sein Kabinett, wo sie das Ressort Frauen und Jugend verantwortete.
Durch den schnellen Aufstieg galt sie als „Kohls Mädchen“. Sie wurde stellvertretende Vorsitzende der Bundespartei und war von 1992 bis 1993 auch Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises (EAK) der Union. Im Juni 1993 wurde sie CDU-Landesvorsitzende von Mecklenburg-Vorpommern. 1994 trat sie die Nachfolge von Klaus Töpfer als Bundesumweltministerin an. Am 10. April 2000 wurde Merkel Vorsitzende der CDU. Fünf Jahre später, am 22. November 2005, wurde Angela Merkel zur ersten Bundeskanzlerin gewählt, die zugleich mit 51 Jahren die jüngste Amtsinhaberin war.
Merkel über Evangelikale
Gerade zu Beginn ihrer Kanzlerschaft sprach Merkel selten über ihren Glauben. Allerdings sagte sie bei der Vereidigung immer die Gottesformel „… so wahr mir Gott helfe“. Der christliche Glaube diene ihr nicht als Schau-Darbietung, schrieb 2020 die damalige Focus-Korrespondentin Margarete van Ackeren. Das gelte umso mehr, wenn er als Schutzschild zur Ausgrenzung von Andersgläubigen eingesetzt werde. 2015, auf der Höhe der Flüchtlingskrise, sagte Merkel: „Wenn Sie mal Aufsätze in Deutschland schreiben lassen, was Pfingsten bedeutet, dann würde ich mal sagen, ist es mit der Kenntnis übers christliche Abendland nicht so weit her.“ Dazu passt auch eine Aussage des früheren Ersten Bürgermeister von Hamburg, Klaus von Dohnanyi (SPD). Dieser sagte, dass es Merkels christliches Menschenbild gewesen sei, das sie angetrieben habe, Flüchtlinge aufzunehmen. Taten seien der Kanzlerin bei dem Thema wichtiger als ein Eintrag der Religionszugehörigkeit im Personalausweis.
Im Laufe ihrer Kanzlerschaft sprach Merkel auch häufiger über ihren persönlichen Glauben – auch mit PRO. In einem Interview erklärte Merkel 2010, dass sie evangelikale Christen als besonders „intensive evangelische Christen“ wahrnehme. Bereits ein Jahr zuvor erklärte sie im Interview mit PRO, dass Christen angesichts der weltpolitischen Lage nicht verzagen sollen. Mit Gottvertrauen könnten sie auch in „schwierigen Situationen des Lebens durch die Kraft des Glaubens nach vorne schauen“.
Mit Blick auf die Bedeutung des „C“ in der CDU sagte sie damals: „Das ‚C‘ beinhaltet den Auftrag, uns unserer Verantwortung für die Schöpfung zu stellen. Der biblische Auftrag an den Menschen, sich die Erde untertan zu machen, heißt ja gerade nicht, sie auszubeuten oder zu zerstören. Wir sind verpflichtet, die Erde für die künftigen Generationen zu bewahren, also etwa einen nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen zu erreichen.“ Außerdem sei das „C“ unser Fundament für die operative Politik.
2012 sagte sie: „Ich bin Mitglied der evangelischen Kirche. Ich glaube an Gott, und die Religion ist auch mein ständiger Begleiter – eigentlich in meinem ganzen Leben – gewesen.“ Und weiter: „Wir sollten vor allen Dingen uns als Christen auch nicht scheuen, für unseren Glauben einzutreten.“