Verbieten wollen die Grünen im Bundestag Therapieangebote für Minderjährige, die die Heilung von Homosexualität versprechen. Wer Homo-Heilungen anbietet, soll künftig mindestens 500 Euro Strafe zahlen. „Kinder und Jugendliche müssen vor den schädlichen Nebenwirkungen dieser sogenannten Therapie- und Gesprächsangebote geschützt werden”, teilte Volker Beck am Wochenende mit. In der medizinischen Fachwelt würden Therapieangebote, die auf eine Änderung der sexuellen Orientierung abzielen, einhellig abgelehnt. Religiös fundamentalistische Gruppen würden zunehmend für solche Angebote werben. „Die Propagierung dieser Angebote dient evangelikalen, katholisch-fundamentalistischen und islamistischen Gruppen zur Rechtfertigung ihrer ablehnenden Haltung gegenüber Homosexualität”, erklärte Beck weiter.
Der Vorsitzende der Deutschen Evangelischen Allianz, Michael Diener, sieht die Evangelikalen durch Becks Vorstoß zu Unrecht in die Ecke gedrängt. „Es dient der notwendigen gesellschaftlichen und politischen Diskussion zu Fragen der Sexualethik und der Homosexualität nicht, wenn Herr Beck laufend neue Feindbilder, welche der Wirklichkeit nicht entsprechen, erstellt, um sie anschließend zu bekämpfen”, erklärte er auf Anfrage von pro. Die Allianz unterstütze die Manipulation der sexuellen Orientierung von Menschen keinesfalls. Wo Menschen allerdings aufgrund ihrer sexuellen Orientierung erhebliche psychische Probleme hätten und Hilfe suchten, böten einige wenige Vertreter des evangelikalen Spektrums Hilfe an, die durchaus therapeutisch legitimiert sei. „Dass es diese Hilfesuchenden gibt, wird von Herrn Beck getreu dem Motto ‚dass nicht ist, was nicht sein darf ‚ unterschlagen”, stellte Diener fest und sieht darin eine „Diskriminierung von Menschen die unter ihrer sexuellen Orientierung leiden”. Zudem wehrte sich der Theologe gegen eine Reduzierung der Evangelikalen auf das Themenfeld der Homosexualität. Das sei für evangelikale Christen eine „aufgedrängte Debatte”.
Treue zum Evangelium entscheidet sich nicht an Homo-Frage
Im Gesetzesentwurf der Grünen-Fraktion, der unter anderem von den Abgeordneten Claudia Roth, Josef Winkler und Jerzy Montag auf den Weg gebracht wurde, werden die Organisationen „Wüstenstrom“, der „Bund katholischer Ärzte“, das „Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft“ und die „Offensive Junger Christen“ als problematisch benannt.
Gegenüber pro verwahrte sich Markus Hoffmann, Vorstandsvorsitzender von „Wüstenstrom”, gegen den Vorwurf der Grünen: „Unethische Formen von Umpolungstherapien” gebe es in seinem Hause nicht. Beck verweigere seit Jahren das Gespräch mit „Wüstenstrom” und damit auch den fachlichen Diskurs. Volker Beck versuche "totalitär, Meinungen aus dem Diskurs auszuschließen, indem er sie mit unethischen Angeboten verknüpft, und indem er seine Sicht und seine Sichtweise von Homosexualität" durchzusetzen versuche. "Herr Beck sollte all den jungen Menschen, die bei uns vorurteilsfrei über ihre Sexualität sprechen konnten und dann echte Hilfe und Veränderung und Stabilisierung in ihrem Leben erfahren haben, ins Gesicht sagen müssen, dass er ihnen zukünftig solche Möglichkeiten verbieten will", erklären die Lebensberater der christlich geprägten Organisation „Wüstenstrom”. Auf ihrer Internetseite werben sie damit, Menschen bei Problemen mit Missbrauch, Pädophilie, Süchten oder Homosexualität helfen zu können. Auf der Seite beschreibt Hoffmann selbst die „Veränderung seiner homosexuellen Gefühle” hin zu einem heterosexuellen Lebenskonzept durch die Entwicklung seines Selbstbewusstseins und das Stärken der eigenen Identität. „Wüstenstrom” beschäftigt nach eigenen Angaben 15 Mitarbeiter und arbeitet mit weiteren 400 Ehrenamtlichen.
Am Montag hat sich auch die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt, zum Gesetzesentwurf geäußert, wenn auch vorsichtig: „Ich würde sagen, natürlich kann man das so oder anders sehen und würde auch immer akzeptieren, dass andere eine andere Position haben“, sagte sie. „Wir haben dazu auch keinen Beschluss gefasst als Grüne.“ Auf Nachfrage der Zeitung Die Welt nach der Pressekonferenz widerrief Göring-Eckardt: Doch, es gebe einen Beschluss der Fraktion und sie stehe voll und ganz hinter ihm. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, erklärte, die Bibel lehne Homosexualität deutlich ab. Dennoch habe er "immer die Meinung vertreten, dass sich die Frage der Treue zum Evangelium nicht an der Frage der gleichgeschlechtlichen Liebe entscheidet“. Seiner Meinung nach werde die Frage der Homosexualität künstlich "hochgepustet" und zwar von jenen, die mit ihrer eigenen Sexualität Probleme hätten. Göring-Eckardt und Schneider waren im Rahmen einer Buchvorstellung gemeinsam in Berlin vor die Presse getreten. (pro)