Ricky de Haas baut Motorradteile, die Gott die Ehre geben sollen. Christliche Werte sind für ihn nicht verhandelbar – selbst wenn er sich dafür ausziehen muss.
Ricky de Haas baut Motorradteile, die Gott loben sollen
Der Elektromotor der wuchtigen Drehbank aus dem Jahr 1957 dröhnt. Es riecht nach Öl und Metall. Enrico „Ricky“ de Haas lenkt den Drehmeißel konzentriert zum Werkstück. Geduldig schabt der scharfe Stahl dünne Bahnen des rotierenden Aluminium-Zylinders ab. Hier, bei „Wannabe Choppers“ im mittelhessischen Rechtenbach, entstehen auf Kundenwunsch gefertigte Motorradteile, „custom parts“. Wer sich die Produkte genauer anschaut, dem fallen drei Buchstaben auf: „S.D.G.“, manchmal auch „Soli Deo Gloria“, „allein Gott die Ehre“. Ricky de Haas ist Christ.
Raue Männlichkeitsideale, Alkohol, nackte Frauen – dafür ist die Bikerszene bekannt. Was der angesehene Schrauber auf seiner Homepage schreibt, wirkt da wie entrückt: „Jesus war und ist unendlich gut zu uns. Er hat unvorstellbar viel Geduld mit uns und liebt uns trotz all dem Mist, den wir immer wieder bauen.“ Oft schlagen ihm dafür Anfeindungen entgegen. „Sobald du von Jesus Christus sprichst, bekommst du Hasstiraden ab.“
„Ich bin völlig abhängig von Gottes Gnade“
Man könnte Ricky für einen Draufgänger halten, doch seine Stimme ist sanft. Alkohol trinkt er aus Prinzip nicht. „Egal ob Arbeit, Ehe, der Umgang mit meinen Mitarbeitern – ich will Gott die Ehre geben.“ Er sitzt am Küchentisch, seine Containerwohnung steht mitten in der Firmenhalle. Er lebt für seinen Job. „Ora et labora, das ist ein geniales Lebensmotto.“ 18-Stunden-Tage sind bei ihm die Regel. „Ich arbeite und plane, so viel es geht. Alles darüber hinaus ist für mich Beten. Ich bin völlig abhängig von Gottes Gnade. Ich glaube, so sollen wir leben.“
Ricky hat einen kometenhaften Aufstieg hinter sich. Mit 15 gründete er Wannabe Choppers mit zwei Freunden, die aber nach kurzer Zeit wieder ausstiegen. Er zahlte sie mit 30 Euro aus, seitdem ist er alleiniger Inhaber. Mit dem Meisterbrief in der Tasche gründete er 2011 seine eigene Firma, zunächst als gewöhnliche Motorradwerkstatt. Im Sommer reparierte er, im Winter waren die Umbauten dran.
Mittlerweile entwickelt und produziert Wannabe Choppers hauptsächlich Teile für Custom Bikes. Computergesteuerte Werkzeuge gibt es nicht, sondern ausschließlich echte Handarbeit mit Maschinen, die kaum noch jemand bedienen kann. „Hand made“ steht auf Rickys Fingern. „Ah, du bist für Handwerk“, sagen die Meisten, wenn sie das Tattoo sehen. Das stimmt zwar, aber es erinnert Ricky auch daran, dass Gott ihn erschaffen hat. „Im Gegensatz zu Gott kann ich nichts aus dem Nichts erschaffen. Aber er gibt uns das Talent, kreativ zu sein.“
In der Szene ist Wannabe Choppers eine feste Größe. Fernsehteams drehten, Fachmagazine berichteten. In den letzten beiden Jahren hat die Firma ihren Umsatz zweimal um ein Vielfaches gesteigert. Nun hat Ricky, der zu den Jesus Freaks gehört, fünf Mitarbeiter. Er schätzt sie sehr. Die Halle, die er kürzlich erst eingeweiht hat, ist schon wieder zu klein geworden. Seine Kunden kann er sich mittlerweile aussuchen. Sein Alter? 25. Ricky ist alles, nur kein Möchtegern, kein „Wannabe“.
Oben-ohne-Foto wird zum Erfolg
Für ihn kommt sein Erfolg nicht von ungefähr. „Wir merken, dass wir nicht abhängig sind von einer guten Planung. Sondern: Hier liegt ganz, ganz viel Segen drauf.“ Nicht immer war Ricky so selbstbewusst. Anfänglich scheute sich der alternative Jungunternehmer vor Gesprächen mit anzugtragenden Geschäftsleuten. „Heute lege ich ein Produkt auf den Tisch und sage: ‚Erzähl‘ mir, was du willst, aber mein Laden läuft auch ohne einen Kredit von dir.‘“
Rickys kompromissloser Glaube führte schon zu kuriosen Szenen, zum Beispiel, als er einen Nachwuchspreis gewann. Teil des Gewinns war ein Fotoshooting, stilecht mit nackter Frau auf dem preisgekrönten Motorrad. Ricky lehnte ab. „Wenn hier jemand oben ohne fotografiert wird, dann ich“, ließ er die Juroren wissen. Die ließen sich darauf ein und lichteten Ricky statt des Models ab. Das Foto wurde so populär, dass es in mehreren Motorradmagazinen abgedruckt wurde.
Nicht immer läuft es so gut, wenn Ricky für seine Werte einsteht. „Eine Quittung brauch’ ich gar nicht“, heißt es oft bei den Auftraggebern. Dass er darauf besteht, keine Schwarzarbeit zu unterstützen, trifft auf Unverständnis. „Ich bin überzeugt davon, dass Gott das von mir möchte“, sagt er dann. Einige Male hat er dadurch bereits Aufträge verloren. Dass seine Firma trotzdem floriert, ist für Ricky allein die Gnade Gottes. „Was wir tun, funktioniert. Und wenn etwas nicht funktioniert, wissen wir ein halbes Jahr später, warum es gut ist, dass es nicht funktioniert hat.“ (pro)
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