Adenauer war „strammer Kirchgänger“

Der erste Kanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, war durch und durch katholisch. Was den Politiker theologisch beschäftigte und was er von der Protestantin Angela Merkel halten würde, darüber berichtete sein Enkel in Christ & Welt.
Von Jonathan Steinert
Konrad Adenauer (Mitte) auf dem Deutschen Katholikentag 1956 in Köln zusammen mit Kardinal Joseph Wendel (rechts) und Bischof Karl Christian Weber

Die Politik Konrad Adenauers, des ersten Bundeskanzlers, war von seinem katholischen Glauben geprägt. Das erklärt sein Enkel gleichen Namens im Interview von Christ & Welt. Die Adenauer-Republik habe auf einem „streng katholischen Wertekodex“ gefußt. Adenauer selbst sei gläubiger Katholik gewesen. Diese religiöse Überzeugung habe zu seiner Politik geführt, „Menschen im Land und des Landes in Europa“ einzubinden – auch Menschen, die dem nationalsozialistischen System angehört hatten.

Die gesellschaftlichen Veränderungen in den Sechzigerjahren, als sich die sexuelle Revolution und die Studentenrevolten anbahnten, habe Adenauer mit Sorge betrachtet. „Die radikale Umgestaltung des öffentlichen Lebens verknüpfte mein Großvater mit einem starken Bedeutungsverlust der Kirchen.“ Gegen mehr Einfluss von Frauen in der Kirche hätte der Kanzler allerdings nichts gehabt. Im Gegenteil: Er hätte sich möglicherweise auch Frauen im Priesteramt vorstellen können, meint Adenauer junior. Auf jeden Fall wäre er an einer theologischen Lösung für Fragen des Zölibats und der Priesterweihe interessiert gewesen, sagte sein Enkel. der CDU-Politiker Adenauer habe es auch kommen sehen, dass Frauen zunehmend politisch aktiv werden. „In diesem Punkt war er sehr modern.“

Hitler-Attentat christlich vertretbar?

Bei der Politik der protestantischen Angela Merkel hätte ihr Amtsvorgänger, „vorsichtig ausgedrückt, einiges vermisst“, schätzt der Enkel. Besonders hätte ihn wohl gestört, „dass sie ihre Politik so sehr nach dem Zeitgeist ausrichtet“. Darüber hinaus ist der 1945 geborene Adenauer sicher, dass sein Großvater heute Soziale Medien nutzen würde. Auch damals habe dieser die modernen Kommunikationsmittel genutzt, um seine „politische Wirkung zu vergrößern“.

Der Enkel berichtete zudem, dass sein Großvater ein „strammer Kirchgänger“ gewesen sei – „und das immer und überall“. Seinen Geburtstag habe er immer mit einem Gottesdienstbesuch begonnen. Selbst auf der Auslandsreise im kommunistischen Russland habe er die Messe besucht. Besonders beschäftigt habe Adenauer die Bitte „und führe uns nicht in Versuchung“ aus dem Vaterunser. Auch mit der Frage, ob der Tyrannenmord, also etwa das Attentat auf Hitler, mit der christlichen Ethik vereinbar ist, habe er sich auseinandergesetzt.

Bis heute pflegt der Adenauer-Clan – nach Auskunft des jüngeren Konrad Adenauer umfasst der mit allen Angehörigen rund 130 Menschen – die religiöse Tradition: Wie Adenauer im Interview verrät, treffen diese sich alle am zweiten Weinachtsfeiertag im Haus des Patriarchen. Im Wohnzimmer sei eine Krippe mit 100 Figuren aufgebaut und es werde aus der Bibel vorgelesen.

Ein weiterer Enkelsohn des Bundeskanzlers ist der Modemacher Andreas Adenauer. Was ihm der christliche Glaube bedeutet, hat er im pro-Interview erzählt. Foto: pro/Jörn Schumacher
Ein weiterer Enkelsohn des Bundeskanzlers ist der Modemacher Andreas Adenauer. Was ihm der christliche Glaube bedeutet, hat er im pro-Interview erzählt.

Von: Jonathan Steinert

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