Abtreibung, Prostitution, Selbstbestimmungsgesetz: Darüber streiten SPD und Union noch

Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union laufen. Doch es ist noch ein weiter Weg bis zur Einigung. PRO hat herausgefunden, über welche für Christen besonders wichtige Themen die Parteien noch streiten.
Von Anna Lutz

SPD und Union stecken mitten in den Koalitionsverhandlungen. Am Freitag beginnen die Hauptverhandlungen, nachdem die einzelnen Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse zusammengetragen haben. Eigentlich war ausgemacht, dass nichts davon nach außen dringt. PRO liegen dennoch Papiere vor, die zeigen, wo sich die Parteien bereits geeinigt haben und worüber sie noch streiten. Die Redaktion dokumentiert Punkte, die für viele Christen besonders wichtig sind. 

Familienpolitik

Die SPD schlägt vor, das Abstammungsrecht zu reformieren: „Wir wollen Vereinbarungen zu rechtlicher Elternschaft schon vor der Empfängnis ermöglichen. Wenn ein Kind in die Ehe zweier Frauen geboren wird, sind automatisch beide rechtliche Mütter des Kindes, sofern nichts anderes vereinbart ist. Wir setzen die Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht um und werden Mehrelternschaft ermöglichen.“ Die Union stimmt bisher nicht zu.

Die SPD will Abtreibungen außerhalb des Strafrechts regeln und sie in der Frühschwangerschaft erlauben. Die Union ist dagegen. Einigkeit gibt es aber dabei, ungewollt schwangere Frauen umfassend zu unterstützen und die Versorgungslage bei Abtreibungen zu verbessern. Es soll mehr medizinische Weiterbildungen im Bereich der Schwangerschaftsabbrüche geben. 

Die SPD will im Gegensatz zur Union den Gleichbehandlungsartikel des Grundgesetzes um ein Verbot der Diskriminierung gegen die sexuelle Orientierung und der geschlechtlichen Identität ergänzen und Kinderrechte im Grundgesetz verankern.

Finanzpolitik

Die Union will das Ehegattensplitting beibehalten, von dem Verheiratete steuerlich profitieren. Die SPD will es reformieren, um die Steuerlast zwischen ungleich verdienenden Eheleuten „gerecht zu verteilen“. Bereits bestehende Ehen können weiterhin das alte Ehegattensplitting nutzen. 

Drogenpolitik

Die Union will die Teillegalisierung von Cannabis rückgängig machen – bisher ohne Zustimmung der SPD.

Migration

Hier haben sich die Parteien bereits auf einige Punkte geeinigt. Beide wollen Migration begrenzen und steuern. Freiwillige Bundesaufnahmeprogramme sollen beendet und keine neuen gestartet werden. Der Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wird zunächst für zwei Jahre ausgesetzt. Es soll Zurückweisungen an den Grenzen bei Asylgesuchen und Grenzkontrollen zu allen deutschen Grenzen geben. Die Liste der sicheren Herkunftsstaaten wird erweitert, beginnend mit der Einstufung von Algerien, Indien, Marokko und Tunesien. Zudem heißt es in Einigkeit: „Nach Afghanistan und Syrien werden wir abschieben – beginnend mit Straftätern und Gefährdern.“

Die Union besteht im Gegensatz zur SPD weiterhin auf die Auslagerung von Asylverfahren in sichere Drittstaaten, beschleunigte Verfahren und Bundesausreisezentren in der Nähe von großen deutschen Flughäfen. Außerdem hält sie daran fest, Personen mit doppelter Staatsbürgerschaft bei Terrorunterstützung oder Antisemitismus die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen zu wollen, so das Verfassungsrecht es zulässt. Die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft soll an das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels geknüpft sein.

Prostitution

Die Union will das Nordische Modell einführen, also Freier künftig bestrafen und Prostitution illegal machen. Die SPD lehnt das ab und will Menschenhandel bekämpfen, indem das bisher geltende Prostitutiertenschutzgesetz nachgebessert wird.  

Israel 

SPD und Union sind sich einig darin, dass das Existenzrecht Israels und dessen Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson bleibt. Weiter heißt es: „Wir verurteilen den brutalen Terrorangriff der Hamas auf Israel vom 7. Oktober 2023 auf das Schärfste. Wir unterstützen Israel bei der Gewährleistung der eigenen Sicherheit, auch durch Rüstungsexporte.“ Zugleich fordert das vorläufige Papier eine Zweistaatenlösung als „einzige tragfähige Perspektive für ein friedliches Zusammenleben von Israelis und Palästinensern“.

Wehrpflicht

Die Union will die Wehrpflicht wieder einführen, die SPD ist dagegen. Stattdessen schlägt sie eine neue freiwillige Wehrpflicht auf Basis einer breiten gesellschaftlichen Diskussion vor.

Entwicklungspolitik

Die Union will das Entwicklungshilfeministerium (BMZ) abschaffen und in das Außenministerium integrieren. Stattdessen wünscht sich die SPD eine bessere Zusammenarbeit von Außenministerium, BMZ und Verteidigunsministerium. Beide Parteien betonen die Relevanz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit als „Gradmesser für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Geltung der Menschenrechte. Der Schutz religiöser und weltanschaulicher Minderheiten sowie insbesondere der Schutz der weltweit größten verfolgten Gruppe, der Christen, ist von besonderer Bedeutung“, heißt es in Einigkeit. Ob die Stelle des Beauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit erhalten bleibt, ist offenbar aber noch offen. 

Bis Ostern soll es laut den Verhandlern eine Regierung geben. Offenbar ist bis dahin noch viel zu tun.

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