In einem Interview mit der aktuellen Ausgabe der Zeitung Christ und Welt rechtfertigte Bischof Hans-Jürgen Abromeit seinen diesjährigen Vortrag bei der Allianz-Konferenz: „Sie müssen sehen, wo ich diesen Vortrag gehalten habe: in einer Arbeitsgruppe der 124. Jahreskonferenz der Deutschen Evangelischen Allianz. In diesem Kontext ist die Position meines Vortrags keinesfalls Mehrheitsmeinung.“ Etwa die „Sächsischen Israelfreunde“ rechtfertigten „gerne mal“ eine Vertreibung der Palästinenser biblisch. „Mein Vortrag richtete sich an eine besonders fromme christliche Gemeinschaft, wo die Verheißung an Abraham auch für Christen so gedeutet wird, dass manche von ihnen sich sogar berufen fühlen, in jüdische Siedlungen zu ziehen“, sagte Abromeit, und weiter: „Da wollte ich einen Kontrapunkt setzen.“
„Staatsraison ist Nebelkerze“
Israel hat nach Meinung Abromeits nichts davon, dass Deutschland dessen Sicherheit als Staatsräson behandle: „Das ist eine Nebelkerze, die doch eigentlich meint: Wir haben als Deutsche gegenüber Israel eine große Verantwortung.“ Zwar sei das Eintreten für die Sicherheit israelischer Bürger und des israelischen Staates eine Verpflichtung für Deutschland. Aber: „Wir haben auch eine Verantwortung für die Bürger Palästinas.“ Israel sitze im Nahost-Konflikt am längeren Hebel, ist Abromeit überzeugt. Seine Kritik richte sich zuerst an die israelische Regierung, wo menschenrechtliche Bemühungen vieler Israelis keinen Widerhall fänden.
In seinem Vortrag Ende Juli hatte Abromeit unter anderem gesagt, dass aus dem Schuldbewusstsein der Deutschen infolge des Holocausts eine „Überidentifikation mit dem Staat Israel“ resultiere. Daraufhin hagelte es öffentliche Kritik. Die Nordkirche distanzierte sich in einer Stellungnahme von Abromeits Aussagen. Solche Begriffe seien „völlig unangemessen“. Es handele sich in dem Vortrag um eine persönliche Meinungsäußerung, die keine Stellungnahme der Nordkirche darstelle.
Von: Anna Lutz