Die frühere Bundesministerin und Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, fordert von Vertretern ihrer Kirche angesichts des Ukraine-Kriegs eine differenzierte Friedensethik. „Pazifismus gehört zum Christentum. Es kann aber nicht die einzige Antwort auf eine reale Bedrohung sein“, sagte Schwaetzer in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Grundgesetz gebe nicht vor, „uns nach den Leitlinien des Pazifismus zu organisieren, sondern eine wehrhafte Demokratie zu sein“. Ein Garant dafür sei der Rechtsstaat, ein anderer die Bundeswehr. Das sei auch eine Vorgabe für die Friedensethik, sagte Schwaetzer, die am 5. April 80 Jahre alt wird.
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Friedensethik müsse sich als glaubwürdig in der Realität bewähren, sagte die frühere FDP-Politikerin, die zum Fall der Mauer Staatsministerin im Auswärtigen Amt und später Bauministerin im Kabinett von Kanzler Helmut Kohl (CDU) war. Die Welt habe sich besonders seit dem 24. Februar, dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, verändert. Eine durch verbindliche Verträge geregelte europäische Ordnung werde einseitig massiv infrage gestellt. „Ich denke, wir werden uns auf einige Zeit wieder auf das Prinzip der Abschreckung – auch der nuklearen – verlassen müssen, ohne allerdings bestehende Gesprächskanäle aufzugeben“, sagte sie. Der Weg zu einer verlässlichen Friedensordnung werde „sehr weit sein“.
„Ein Land hat das Recht, sich selbst zu verteidigen“
Schwaetzer verteidigte in dem Zusammenhang auch die Lieferung von Waffen in die Ukraine: „Es ist ja nicht die einzige Antwort, aber es ist richtig.“ Dies sage sie als Politikerin und als evangelische Christin. „Es ist völlig unstrittig, dass ein Land das Recht hat, sich selbst zu verteidigen, wenn es in dieser völkerrechtswidrigen Art und Weise angegriffen wird“, sagte Schwaetzer. Wenn es dann zu wenig habe, um sich selbst zu verteidigen, müsse man auch mit Waffen zur Verteidigung unterstützen.
Optimistisch blickt Schwaetzer auf die Bewältigung der Fluchtbewegung aus der Ukraine nach Europa. „Auch nach 2015 ist die Hilfsbereitschaft geblieben“, sagte sie. Es gebe aber auch Unterschiede. Die Ukrainer seien Europäer und kämen aus einer anderen Situation als damals etwa die Syrer. „In der Ukraine gibt es eine freiheitliche staatliche Ordnung, viele Verflechtungen in die ganze Welt, gut ausgebildete Menschen“, sagte sie: „Sie haben ganz andere Möglichkeiten, sich hier dauerhaft anzusiedeln.“ Gleichzeitig müsse darauf geachtet werden, dass alle Geflüchteten gleich behandelt werden, sagte sie.
4 Antworten
„Wenn es dann zu wenig habe, um sich selbst zu verteidigen, müsse man auch mit Waffen zur Verteidigung unterstützen.“
Warum haben wir den Irak damals eigentlich nicht unterstützt, als das Land völkerrechswidrig von der „Koalition der Willigen“ unter Führung der USA überfallen wurde?
Entweder ich bin gegen Krieg und Gewalt oder ich bin es nicht. Ein bisschen Pazifismus gibt es nicht. Chirstliche Friedensethik muss sich am Wort Gottes orientieren, da finden wir deutliche Aussagen Jesu zur Ablehnung der Gewalt und zum bedingungslosen Frieden.
Lieber Lothar F.,
wie ordnest Du dann Römer 13 ein, wo geschildert wird, dass der Staat das Schwert trägt? Greifst Du nicht für Deinen Mitmenschen ein, wenn er Gewalt erfährt?
Ich sehe schon einen vollkommenen Pazifismus in der Gemeinde, aber nicht im Staat.
Viele Grüße
Micha
Lieber Lothar F.
Ich könnte für mich selbst entscheiden, vom Militär eines fremden Landes ohne Widerstand getötet zu werden. – Aber ich habe eine Frau, vier Kinder, 8 Enkel. Die würde ich auf jeden Fall verteidigen, falls sie angegriffen werden. – Wie würden Sie handeln?