Kaum, dass Jesus Christus geboren wurde, musste die Heilige Familie mit ihm nach Ägypten fliehen. Flüchtlingen zu helfen, ist somit eine der ehrwürdigsten Aufgaben aller Menschen, die an Jesus glauben. Die Bremer Nils Bischoff und Bela Janauschek (26 und 27 Jahre) haben sich das zu Herzen genommen, ein Wochenende lang durchgearbeitet und „Host4Ukraine“ aufgebaut. Auf dieser Internetplattform können alle Menschen kostenlosen Wohnraum für ukrainische Flüchtlinge unkompliziert anbieten.
Innerhalb von zwei Tagen waren bereits mehr als 1.000 Betten, Luftmatratzen, Zimmer und Wohnungen in fast 30 Ländern für ukrainische Flüchtlinge auf der Plattform verfügbar. „Inzwischen sind es sogar mehr als 10.000 Betten aus mehr als 43 Ländern“, hält Bischoff den Stand vom 15. März fest. „Selbst die USA und Australien sind dabei.“
In ihrem Engagement werden für die beiden Kreativköpfe christliche Überzeugungen praktisch. Janauschek betont: „Wir kommen selbst aus einem christlichen Umfeld. Nächstenliebe wird bei uns groß geschrieben.“ Ihren Einsatz für Kirche haben die beiden Gründer schon bewiesen, als sie im Dezember 2020 das soziale christliche Netzwerk „Churchpool“ herausbrachten. Das ähnelt Diesten wie WhatsApp oder Facebook, ist aber speziell für Kirchengemeinden und christliche Einrichtungen konzipiert. Und es entspricht der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), dem Kirchlichen Datenschutzgesetz und dem der Evangelischen Kirchen in Deutschland.
Das technische Wissen haben Bischoff und Janauschek in ihrem fächerübergreifenden Studium an der internationalen Jacobs Universität in Bremen erworben. Dort haben sie einander kennengelernt.
Auch Hilfsorganisationen nutzen das Angebot
Doch wird so eine Plattform für die Vermittlung von Unterkünften überhaupt benötigt? Tatsächlich sind auf der Internetseite mehr Angebote als Gesuche zu finden. „Das liegt unter anderem daran, dass die Flüchtlinge erst seit vorgestern (dem 13. März, Anm. der Red.) auf ‚Host4Ukraine’ Gesuche einstellen können“, erläutert Janauschek. „Und die meisten Ukrainer und Ukrainerinnen melden sich direkt bei den Inserenten und Inserentinnen ohne selbst ein Gesuch aufzugeben.“
Aber die Hilfesuchenden könnten auch in Flüchtlingsheimen unterkommen. Behörden und Hilfsorganisationen wie etwa die kirchlichen Werke Caritas und Diakonie versuchen ebenfalls, Obdach für sie zu finden und bereitzustellen. „Hilfsorganisationen haben aktuell sehr viel zu tun“, gibt Bischoff zu bedenken. „Diese wollen wir mit unserer Plattform in dieser nie da gewesenen Situation unterstützen. Teilweise greifen Hilfsorganisationen sogar auf unser Angebot zurück.“
Janauschek ergänzt, dass in Flüchtlingsheimen oft keine Haustiere leben dürften. Ukrainische Flüchtlinge hätten aber sehr oft Hunde und Katzen dabei. In Privathaushalten könne auch die Unterstützung bei bürokratischen Dingen und Integrationsfragen individueller geschehen. „Die Anbieter und Anbieterinnen von Wohnraum bieten den Flüchtlingen häufig an, sie dort abzuholen, wo sie sind“, sagt Janauschek.
„Sie fragen, ob sie sie dabei unterstützen können, ein Visum zu beantragen, eine Schule oder eine Kita für das Kind zu finden und die entsprechenden Behördengänge zu absolvieren. Es muss auch nicht jeder ein Zimmer oder eine Wohnung anbieten. Manche kommen auch auf die Idee, ihr Wohnmobil oder ihr Segelboot als Bleibe zur Verfügung zu stellen.“
Untermiete ist als Unterkunft für Flüchtlinge möglich
Doch nicht nur, wer ein Haus oder eine Wohnung besitzt, auch wer zur Miete wohnt, kann Flüchtlinge aufnehmen. „Wenn sie nur ein paar Wochen bleiben, gilt das als Besuch“, sagt Christian Jelen, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bei der Anwaltskanzlei Sander+Sander in Weyhe bei Bremen. Wenn sie aber für längere Zeit – dies dürfte ab etwa drei Monaten gelten – in die Wohnung einziehen wollen, brauchen ihm zufolge Flüchtlinge und Mieter einen Untermietvertrag.
Da müsse der Vermieter zustimmen. Der dürfe aber nur ablehnen, wenn er in der Person liegende Gründe vorbringen kann. Dafür müsse er beispielsweise nachweisen können, dass der Untermieter kriminell ist. Der Vermieter könne aber auch sachbezogene Gründe vorlegen. Das sei der Fall, wenn beispielsweise die Wohnung zu klein für eine weitere Person ist.
„Aber da diese Gründe auch im Interesse des Mieters und/oder des Untermieters liegen, entspricht die Zustimmung des Vermieters eher einem Formalismus. Verschiedene Organisationen wie der Mieterschutzbund nehmen an, dass humanitäre Interessen die Aufnahme weiterer Personen in die Wohnung immer rechtfertigen“, sagt der Anwalt.
Persönliche Daten sind geschützt
Die zwei „Host4Ukraine“-Gründer Bischoff und Janauschek bieten aber nicht nur ihre Hilfe an und vermitteln Unterstützung, sie sind auch selbst Empfänger von Hilfe und Unterstützung. „Es melden sich sogar Unternehmen bei uns, um uns mit ihrer Expertise zu unterstützen“, sagt Bischoff. So habe beispielsweise eine renommierte Werbeagentur eine Kampagne für die Plattform gesponsert.
Wie schon bei „Churchpool“ haben die Gründer bei der Entwicklung ihrer Gastgeber-Plattform auf Datenschutz geachtet. „Zwar müssen alle, die sich bei ‚Host4Ukraine‘ anmelden, Vor- und Nachname sowie die E-Mail-Adresse angeben“, sagt Bischoff. „Diese Daten werden auf der Seite aber nicht angezeigt. Der Erstkontakt entsteht direkt über die Plattform beziehungsweise über die integrierte Chat-Lösung. Wo sich die Wohnung befindet, zeigen wir nur ungefähr auf einer Karte an. Es ist ja auch erst einmal unwichtig, in welcher Straße genau sich die Bleibe befindet. Wichtig ist erst einmal nur das Land und die Stadt.“
Erst wenn sich Helfende und Flüchtlinge einig sind, können sie private Kontaktdaten austauschen. „Hauptsprache ist Englisch“, sagt Bischoff. „Man kann aber auch eine andere Sprache wie zum Beispiel Ukrainisch auswählen. Weitere werden folgen.“
Obwohl Bischoff und Janauschek nicht alleine sind, nimmt das Projekt viel Zeit in Anspruch, sagt Janauschek: „Wir haben in den vergangenen Wochen eher wenig Schlaf bekommen. Aber es ist schön, einen positiven Beitrag leisten zu können. Die Solidarität von allen Seiten ist wirklich berührend.“
Von: Alexandra Wolff
Eine Antwort
Und wie werden human trafficing protection umgesetzt? Die Anonymität der Unterkunfts-Anbieter ist da sicher eher ein Problem, wenn nicht schon bei der Anmeldung zumindest Daten beim Betreiber hinterlegt werden müssen! Das kann man dem Hilfeanbietenden sicher als Thema vermittlen.