PRO: Am 28. Februar ist der sechste Weltklima-Bericht (IPCC) wegen des Ukraine-Krieges förmlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Was sollte man über den Bericht wissen?
Ulrich Mang: Es ist ein aufrüttelnder Bericht. Jetzt wissen wir, dass 3,6 Milliarden Menschen ganz grundsätzlich gefährdet sind durch unseren Umgang mit der uns anvertrauten Welt. Dass Menschen jetzt handeln und dies nicht aufschieben, ist wichtiger denn je. Der Klimawandel stellt eine Bedrohung für die Menschheit dar und wird Personen in allen Regionen der Erde betreffen. Steigende Wasserpegel werden einzelne Länder überfluten. Andere Länder hingegen werden mit anhaltender Dürre kämpfen. Beides schlägt sich langfristig in Migration und Flucht nieder. Von den extremen Wetterereignissen sind auch die Tier- und Pflanzenwelt unmittelbar betroffen und gefährdet. Zudem verstärkt der Klimawandel die Ungleichheit der Menschen wie ein Brennglas.
Was ist zu tun, um das drohende Unheil von Mensch und Umwelt noch abzuwenden?
Ein ganz zentraler Punkt ist, dem globalen Temperaturanstieg Einhalt zu gebieten. Dazu muss die Menschheit den Klimaschutz viel stärker und auch ernsthafter betreiben als dies aktuell der Fall ist. Etwa viel schneller auf fossile Brennstoffe verzichten und so die Emissionen mindern. Klimaneutralität ist das Stichwort. Dann müssen wir tatsächlich unser Leben anpassen an den Klimawandel und dabei auch die benachteiligten Menschen weltweit in den Blick nehmen. Menschen werden Regionen mit extremer Dürre verlassen und sich andere Lebensräume erschließen. Die Veränderung des Klimas wird eine weltweite Migrationsbewegung mit sich bringen. Ich lese den Bericht aber auch als Appell an die junge Generation, sich zu engagieren. Es ist noch nicht zu spät. Aber das Zeitfenster für Veränderungen ist nicht beliebig lange offen.
Im Kern geht es doch darum, den menschengemachten globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Ist das realistisch?
Ich bin kein Klimaforscher, sondern beschäftige mich professionell mit dem Thema globale Nächstenliebe aus unterschiedlichen Perspektiven. Es ist mein Wunsch, dass es gelingt, den Temperaturanstieg zu begrenzen. Und es gibt schon einige Ansätze, allerdings greifen die Bemühungen zu kurz. Wir werden außerdem ständig mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Wir leben gerade immer noch in einer Pandemie. Jetzt kommt der Ukraine-Konflikt dazu. Das alles überlagert das Langzeitthema Klimaschutz. Wissenschaftler und Experten benennen das Problem ja seit Jahrzehnten und warnen vor Langzeitfolgen. Eines ist allerdings auch klar: Die Menschheit steht vor einer gewaltigen Aufgabe, die es im besten Fall zu lösen oder mit der es zu leben gilt.
Der Klimawandel wird künftige Generationen stärker betreffen. Können junge Menschen denn auch abseits von Fridays for Future mit Themen wie Klimaschutz oder globaler Gerechtigkeit erreicht werden?
Unbedingt. Diese Themen sind jungen Christen sehr wichtig geworden und sie nehmen das sehr ernst. Beim Christival im Mai wird beispielsweise ein Themenschwerpunkt die „globale Nächstenliebe“ sein. Unterschiedliche christliche Initiativen, darunter World Vision, der CVJM und der EC-Verband werden mit den jungen Christen über globale Gerechtigkeit diskutieren, darüber, was das bedeutet und was jeder konkret tun kann. Dabei können Jugendliche mit Vertretern aus der Politik ins Gespräch kommen oder Menschen treffen, die selbst erlebt haben, was es bedeutet, auf der Flucht zu sein. Außerdem werden Formate vorgestellt, bei denen sich Jugend – die in großen Teilen schon sehr aktiv ist – für mehr globale Gerechtigkeit einsetzen kann.
Die Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche) ruft gerade alle Kirchengemeinden, Propsteien und Bischofskanzleien dazu auf, sofort Energie zu sparen. Mit der Aktion will man Russlands Präsidenten Wladimir Putin die Finanzierung seines Kriegs erschweren. Wann sind wir in den christlichen Gemeinden auch bereit, im Gottesdienst kalt zu sitzen, damit nachfolgende Generationen noch etwas von dem Planeten haben? Was muss passieren?
In Thüringen, wo ich wohne, haben wir ohnehin teilweise nicht mal beheizte Kirchen. Aber im Ernst: Das ist eine sehr schwierige Frage. Bei meinen Diensten in Gemeinden sehe ich: Die Menschen wollen helfen, sie wollen etwas ändern. Die Bereitschaft, Dinge zu verändern, sehe ich vor allem bei der Jugend in den Gemeinden. Aber es sind auch immer Menschen dabei, die fragen: Wie weit muss das jetzt noch gehen? Ich akzeptiere schon die gestiegenen Spritpreise, jetzt soll ich auch noch sonntags im kalten Gottesdienst oder gar in der kalten Wohnung sitzen? Im EC-Verband denken wir gerade darüber nach, wie wir den Geflüchteten aus der Ukraine helfen können, wo ein Platz für Familien in unseren Häusern sein kann. Viele Menschen engagieren sich auch, wie wir an der Zahl unserer Paten für Kinder in Süd-Asien sehen. Die Bereitschaft, für eine gute Zukunft auch persönlich zurückzustecken, ist bei vielen Christen absolut vorhanden.
Die Bedrohung durch den Ukraine-Konflikt wird unmittelbar wahrgenommen. Die globale Bedrohung durch die Klimaveränderung nicht. Wie soll sich das ändern?
Die Bedeutung des Klimaschutzes wird vielen dann bewusst, sobald die Probleme für uns noch existenzieller werden. Aber das ist genau das Problem, denn dann ist es zu spät. Jetzt geht es darum, in den Gemeinden Bildungsarbeit zu leisten. 2030 oder 2050 – das ist für noch weit weg, aber die Jüngeren werden das erleben! Es geht mir nicht ums Moralisieren, ich möchte wachrütteln und sagen: Leute, macht euch doch mal darüber Gedanken, dass da etwas kommt und einen tiefen Einschnitt mit sich bringt. Schon längst anderswo, aber zunehmend auch direkt bei euch vor Ort.
Vielen Dank für das Gespräch!
2 Antworten
Entschuldigen Sie bitte, wenn ich das mal so klar formuliere! Hat der EC seine Salzfunktion verloren?
2.Kor. 5,21 Denn er hat den, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht, auf daß wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt.
Was unsere Zeit so dringend braucht, Kinder Gottes, die ein heilig entschlossenes „Christsein“ praktizieren möchten. Ich durfte mich im Alter von 12 Jahren, beim EC in Bayern auf einer Freizeit, ganz dem Herrn Jesus übergeben. Wie wunderbar!
L.G. Martin
Martin sehr guter, wesentlicher Beitrag.
Sehr geehrter Herr Mang, eine KARDiNALE Aufgabe der Kirchen sollte die Weitergabe SPIRITUELLER, HEILIGER Weisheiten und Wahrheiten sein. Und nicht in weltlich politische Illusionen und letztlich nicht demütigen, nicht politisch ernstgemeinte Diskussionen sich verwickeln zu lassen.
Im stillen darf und soll jeder Christ umweltschonend leben.
Die Kirchen müssen ihre historischen in die Gegenwart reichenden Fehler aufarbeiten und nicht in Illusionen abschweifen.