Christian Nürnberger: Politische Botschaften gehören auf die Kanzel

Der Publizist Christian Nürnberger widerspricht Liane Bednarz, nachdem sie eine in ihren Augen zu politisierte Kirche kritisiert hatte. Die Botschaften der Bibel erlaubten natürlich auch politische Predigten.
Von Johannes Blöcher-Weil
Der Publizist Christian Nürnberger

Liane Bednarz hatte in einem Kommentar in der Wochenzeitung Die Zeit gefordert, dass sich die Kirche wieder auf „ihren Kern“ besinnen möge. Für den Publizisten Christian Nürnberger gehören zu diesem Kern auch politische Botschaften. Die Bibel berichte nämlich in sehr vielen Zusammenhängen, dass alle Menschen gleich viel wert seien.

Für Nürnberger gehört es deshalb auch dazu, sich als Pfarrer für Ertrinkende im Mittelmeer einzusetzen, soziale Schieflagen in Predigten zu kritisieren oder an einer Klima-Demonstration teilzunehmen. Dies geschehe auf festem biblischen Fundament. Die Bibel mache das Leid der kleinen Leute zum Thema: vom Alten Testament bis zu Jesus und Paulus.

Kirche muss sich in die Angelegenheiten der Mächtigen einmischen

Die Spaltung der Welt in Arm und Reich dürfe nicht als gottgewollt hingenommen werden, findet Nürnberger. Vor allem Privilegierte neigten dazu, „die Kirche aufs private Seelenheil festzunageln und ihre Zuständigkeit auf Sünde, Tod und Teufel zu beschränken“. Kirche müsse sich deswegen in die „diesseitigen Angelegenheiten der Mächtigen“ einmischen.

Die Bibel fordere immer wieder dazu auf, dem Nächsten zu helfen und sich für Hilflose einzusetzen. Das zeige das Gleichnis vom barmherzigen Samariter, genauso wie das Jesaja-Buch, in dem im 16. Kapitel etwas über das Asylrecht stehe. Jesus und Paulus hätten ganz offen über die „strukturelle Sündhaftigkeit der Welt“ gesprochen. Wenn Ex-EKD-Chef Heinrich Bedford-Strohm, den Bednarz kritisiert hatte, über die Spaltung in Arm und Reich geredet habe, predige er auch über Sünde: „Und er gewichtet auch richtig, wenn er die strukturelle Sünde ernster nimmt als die individuelle.“

Auch Angela Merkel habe sich während der Flüchtlingskrise mitten im Kern des christlichen Glaubens befunden. Pfarrer sollten deswegen nicht das Programm der SPD oder Grünen von der Kanzel verlesen, sondern weiter das Evangelium predigen.

Richtiges Maß finden in den Predigten

Dies könne manchen Zuhörern sauer aufstoßen. Schon Jesus habe die jüdische Oberschicht so heftig attackiert, dass sie ihn umbringen wollte. Für die Pfarrer sei es ganz wichtig, das richtige Maß zwischen Provokation und dem des „Wohlfühlschwätzers“ zu finden. Die bisherigen EKD-Ratsvorsitzenden hätten diesen Spagat gut beherrscht. Mit Äußerungen zum Tod und dem, was danach kommt, sollten sich die EKD-Oberen sehr sparsam äußern, ist Nürnberger überzeugt: „Das meiste, was die Bibel darüber erzählt, sind Mythen, geschrieben von antiken Menschen für antike Menschen, nicht für uns.“

Christian Nürnberger

Der Publizist Christian Nürnberger wurde 1951 geboren. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter etliche über die Bibel. Seine Ehefrau ist die Fernsehjournalistin Petra Gerster.

Nürnberger lädt die Menschen dazu ein, in einer christlichen Gemeinde mitzuarbeiten und dafür zu sorgen, dass Menschen solidarisch füreinander einstehen und Freud und Leid teilen: „Und die alten Geschichten der Bibel sollen weiter erzählt, immer neu interpretiert und vor dem Vergessen bewahrt werden.“

Der 70-jährige Christian Nürnberger ist Publizist und Autor mehrerer Bücher zu Kirche und Theologie. Zuletzt erschien von ihm der Band „Keine Bibel“. Er ist mit der Journalistin Petra Gerster verheiratet.

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11 Antworten

  1. Ich bin durchaus der Meinung, dass sich Christen auch politisch engagieren sollten.
    Eine wichtige Möglichkeit ist da das Feedback zu Sendungen des ÖRR, die leider gelegentlich mit ideologischen Vorurteilen beladen sind.
    Eine gute Möglichkeit ist jetzt die eigene Stellungnahme zum „Diskussionsentwurf zu Auftrag und Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“
    leider sehr versteckt, aber hier zu finden.
    https://www.rlp.de/de/regierung/staatskanzlei/medienpolitik/rundfunkkommission/reform-ard-zdf-deutschlandradio/

    siehe auch hier: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/reform-von-ard-und-zdf-beitragszahler-koennen-vorschlaege-machen-17715602.html

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  2. Leider hat Nürnberger nicht verstanden, dass Kirche nicht von dieser Welt ist. Die Kirche und somit die Christen haben sich für ihr Leben an der Bibel zu orientieren. Wenn das konsequent geschieht, wird Kirche manches von dem tun, was Nürnberger für die Politik fordert. Im Fordergrund wird aber immer stehen, Menschen aus der verlorenen Welt herauszurufen in die rettende Gegenwart mit dem gekreuzigten Jesus Christus.
    Wer aber die Aussagen der Bibel zum Tod und zu dem was danach kommt, für Myten erachtet, die nicht für uns geschrieben sind, redet nicht für die Kirche im Sinne der Bibel, nämlich der Gemeinschaft der geretteten Sünder, der Heiligen, die Jesus nachfolgen und wissen, das die Bibel Gottes Wort und somit auch heute ohne Einschränkung gültig ist. Er redet für eine Institution Kirche, die von dieser Welt ist und deshalb in dieser Form nicht Kirche oder Gemeinde Gottes sein kann. Zu dieser gehört nur, wer ewiges Leben aus Gott hat, das kann ich aus diesem Artikel nicht erkennen.

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    1. Lieber Lothar Freerksema, vielen Dank für die wichtige Klarstellung zu :“ … wer aber die Aussagen der Bibel zum Tod und zu dem was danach kommt, für Mythen erachtet….“ Da fällt mir spontan 1. Korinther 15 ein; zur Auferstehung..

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  3. In der Bibel werden wir Christen aber nicht nur zum Helfen aufgeforderter sondern auch den Glauben zu lehren und zu Taufen ( Mt.2, 18-20 ). Wenn unsere Pastöre und Prediger zumindest die Zeichen der Zeit richtig deuten und erkennen ( jetzt z.B. die Pandemi / = Pest gleich(Mt.24, Mk.13, Lk. 21 ) )und im Zusammenhang mit den dazu passenden Bibelstellen auslegen und dazu auffordernde oder mahnende Worte ans Volk richten, dann ist die Predigt als Botschaft ans Kirchenvolk da angekommen wo sie gehört werden soll .

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  4. Die Kirche sollte weder wie im 3. Reich einfach die Machthaber unterstützen oder früher bis 1918 die Landesfürsten und Könige noch einfach sich aus der Politik heraushalten. Sie braucht aber einen guten ethischen Kompass in Sachen Politik, Recht und Wirtschaft. An diesem ist permanent zu arbeiten, weil es immer auch neue Herausforderungen gibt, aber die Grundziele bleiben gleich: Demokratie, Frieden, Menschenrechte, Freiheit, Geschwisterlichkeit, Gleichheit usw. Politische Bildung aller Christen ist daher erforderlich und auch Theologische Bildung: alle Menschen als Geschöpfe Gottes behandeln, unser Planet als uns von Gott anvertraute Schöpfung, die wir bewahren sollen. Christen sind auch Staatsbürger und in Deutschland an das Grundgesetz gebunden.

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  5. Warum nicht das eine ohne das andere zu lassen? Wenn ich manche Predigt im Internet lese, frage ich mich schon, was daran bitte christlich sein soll. Aber immer nur fromme Worte und irgendwie vorgelesene Bibelkommentare sind doch genauso unbiblisch, denn in der Bibel geht es immer wieder auch um ganz praktische Gerechtigkeit und für den Armen sorgen – da redet Gott meiner Meinung nach ganz klar zu seinem Volk. Fragen würde ich Herrn Nürnberger gerne, was er mit den Aussagen zum Tod und zu antiken Mythen meint. Denn die Frage nach dem Tod und was danach kommt ist für mich zentral – fürs Leben und für den Glauben. Allerdings: genaue Berichte, wie das sein wird – das finde ich schwierig, alle, die in dieser Richtung unterwegs waren, sind nach meinem Wissen sehr seltsam geworden – da ist es meiner Meinung nach gut, dass im Groben und im Detail Gott zu überlassen. Mir reicht es zu wissen, dass es einen Himmel gibt und ich dank Jesus dazu gehören darf.

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    1. Vielen Dank und Anerkennung !, liebe Veronika,
      Sie haben das nochmal wunderbar „auf den Punkt gebracht“, was hoffnungsfrohen Glauben an Jesus Christus und „danach“ uns erwarten darf ! Ohne diese Zuversicht, wäre auch ich k e i n fröhlicher Christ .

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  6. Der Publizist Christian Nürnberger hat in einer Replik auf den Zeit-Kommentar von Liane Bednarz
    zu politischen Botschaften von der Kanzel geantwortet
    und ich wüsste nun gern, ob das mit dem übereinstimmt,
    was der Johannes Blöcher -Weil in seinem Bericht daraus gemacht hat.
    Ich bitte Christian Nürnberger um Stellungnahme.

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  7. Der Mann versteht die Bibel nicht, allein die Aussage: Nürnberger überzeugt: „Das meiste, was die Bibel darüber erzählt, sind Mythen, geschrieben von antiken Menschen für antike Menschen, nicht für uns.“

    Also glaubt er der Bibel nicht, damit sind seine Aussagen ohne Belang für mich, verheiratet mit der Genderideologin Petra Gerster, das sagt alles.

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  8. Das politische Predigen hat mehere Fallstricke, die Leicht zu einer Erregung oder Spaltung in der Gemeinde führern kann.
    1. Es gibt viele politische Themen, die man nicht Eindeutig biblisch begründet darstellen kann. Das hat zur
    FOLGE das der Prediger seine Position als Redender ausnutzen kann und dadurch seine Auffassung
    und Auslegung durchsetzen kann.
    2. Es gibt Christen in allen politischen Parteien oft auch in den Gemeinden. Aus dieser sollte aber der
    Parteienzwist herausgehalten werden, um nicht die Nebensache Politik zur Hauptsache werden zu
    lassen.
    3. Es kommt auch meistens vor, das politische Modethemen in Predigten behandelt werden mit einem
    hohen Erregungspotential. Dies lässt in der Regel keine sachlich biblische Auseinandersetzung zu.

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    1. Haben Christen nicht geradezu die Pflicht, politisch aufmerksam zu sein und sich einzubringen, wenn es eine Situation erfordert? Jede/r möge kurz nachdenken, wo problematische Situationen erkannt worden sind. Es sind m.E. so viele, dass ich mit einer Aufzählung gar nicht erst beginne… Doch stimme ich mit der Einschätzung überein, dass in vielen Themen ein hohes Erregungspotential steckt, allein die Fallstricke im Bemühen und politisch korrekte Sprache lassen viele schweigen – mich auch: nach gescheiterten Versuchen, brisante Themen mit langjährigen Bekannten (Grüne) aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Ich will es trotzdem wieder versuchen, denn ohne Kommunikation gibt es doch keine Verständigung, gerade in der Debatte um die ‚Spaltung‘ unserer Gesellschaft in der Pandemie wird es offenbar: nur durch geduldiges Zuhören und erkennbares Interesse an gegenseitigem Verstehen können Missverständnisse und Konflikte in gemeinsame Lösungen übergeleitet werden.
      Ist diese Vorstellung im Zeitalter sozialer Medien wirklich so naiv, utopisch, realitätsfremd wie mir vorgehalten wurde? Oder ist so gelebtes Christ sein – als Eckstein?

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