Politiker werben für Sexkaufverbot

Mit einem Buch setzen sich Abgeordnete verschiedener Parteien im Deutschen Bundestag für ein Verbot von Prostitution ein. Herausgeber ist unter anderem der jüngst aus dem Parlament ausgeschiedene Christ Frank Heinrich (CDU).
Von Anna Lutz
Frank Heinrich

Abgeordnete von SPD, CDU und FDP setzen sich mit dem Buch „Das Nordische Modell – Eine Möglichkeit für Deutschland?“ für die Einführung eines Prostitutionsverbots ein. Die Herausgeber sind der ehemalige Bundestagsabgeordnete und Christ Frank Heinrich sowie der Beauftragte der Deutschen Evangelischen Allianz in Berlin, Uwe Heimowski. Zu den Autoren zählen Leni Breymaier von der SPD und Elisabeth Winkelmeier-Becker von der CDU.

Heinrich und Heimowski sind davon überzeugt: Die liberale Gesetzgebung zur Prostitution habe den Frauen nicht geholfen. Stattdessen seien Zwangsprostitution und prekäre Verhältnisse an der Tagesordnung. In Schweden hingegen habe die Debatte um Prostitution seit 1999 einen Paradigmenwechsel erfahren. Seitdem gilt dort ein Sexkaufverbot, bei dem der Sexkäufer bestraft wird. „Die Opfer wurden also anders als beim herkömmlichen Prostitutionsverbot nicht länger zusätzlich kriminalisiert und machten entsprechend auch stärkeren Gebrauch von Hilfsangeboten, weil sie keine strafrechtlichen Konsequenzen zu befürchten hatten“, schreiben die Autoren. Zu den das Gesetz begleitenden Hilfsangeboten zählten Ausstiegsprogramme zur beruflichen wie seelischen Rehabilitation. Auch Kanada, Nordirland und Frankreich haben entsprechende Regelungen eingeführt.

In was für einer Welt wollen wir leben?


Für Heimowski und Heinrich steht Prostitution im Widerspruch zur Menschenwürde und zur Gleichstellung der Geschlechter, weil sie in sehr vielen Fällen mit Zwang und Gewalt einhergehe. Für sie wäre eine gesetzliche Neuerung auch eine Antwort auf die Frage, „in was für einer Gesellschaft wir leben wollen“. Sie schreiben: „Kann es in Zeiten nach ‚Me Too‘ noch sein, dass der Bordellbesuch als Ausdruck besonderer Männlichkeit angesehen wird? Was ist das für eine Gesellschaft, in der junge Männer lernen, Sex zu kaufen, statt um Liebe zu werben?“

Leni Breymaier von der SPD sieht die Coronakrise als Katalysator der Probleme in der Prostitution. Vielen gehe es nun noch schlechter als zuvor. Sie schreibt: „Das deutsche Rotlichtmilieu ist fest in der Hand international agierender organisierter Kriminalität. Dort herrschen eigene Gesetze, eigene Richter, eigene Vollstrecker. Die Frauen haben kaum Zugänge zu unseren Hilfesystemen, sind nicht krankenversichert, sie wissen oft nicht, in welcher Stadt sie sich gerade befinden. Tatsächlich handelt es sich um ein Milliardengeschäft zu Lasten der Frauen.“

Das Nordischen Modell biete hingegen neben dem Sexkaufverbot auch Sexualaufklärung für Jugendliche, Entkriminalisierung der Prostituierten und Ausstiegsprogramme. „Viele der Frauen sind an Körper und Seele geschunden und kaputt. Es geht nicht um Moral, es geht um Menschenrechte.“

Elisabeth Winkelmeier-Becker von der CDU ist überzeugt: Prostitution bedeutet für die meisten Frauen „permanente verletzende und demütigende sexuelle Übergriffe und ein Leben in totaler Abhängigkeit“. Ein Vergleich mit anderen legalen Berufen gehe an der Realität vorbei. „Nur ca. 80 (!) von geschätzt bis zu 400.000 Prostituierten sind in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung mit Kranken- und Rentenversicherung.“ Sie ist sich sicher: „Wir müssen uns entscheiden: Die ‚Freiheit’ der wenigen wirklich selbstbestimmt tätigen Prostituierten geht faktisch auf Kosten unerträglicher Übergriffe auf hunderttausende junger Frauen, die mit bestehenden Gesetzen und Kontrollen offenbar nicht geschützt werden können.“

Das Buch zum Nordischen Modell soll nun auch die restlichen Politiker des Deutschen Bundestages von der Notwendigkeit einer gesetzlichen Neuregelung überzeugen. Die Herausgeber haben es allen Abgeordneten zukommen lassen.

Frank Heinrich, Uwe Heimowski (Hrsg.), Das Nordische Modell – Eine Möglichkeit für Deutschland?, Edition Wortschatz, 75 Seiten, 10 Euro

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17 Antworten

    1. Das ist etwa wie wenn Du sagst, ein Tempolimit ist sinnlos, denn es wird eh nicht respektiert.
      Ob es illegal weiter geht, hängt vom Staat ab. Jedenfalls hat er die Mittel, das zu unterbinden.

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  1. Das sind mal wieder die üblichen Zahlenspielereien der Sexkaufverbot-Aktivist*innen. Nur 80 sind in einer sozialversicherten Beschäftigung? Logisch, denn die allermeisten sind ihr eigener Chef, vor allem der sehr große Teil der Nebenerwerbs- und Gelegenheitsprostituierten. Aber hier wird so getan, als ob alle anderen Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung wären, und das ist nicht korrekt.
    Eine Umfrage unter Berliner Studierenden hat ergeben, dass 3,7% von ihnen ihr Studium durch Prostitution finanzieren. Auf ganz Deutschland hochgerechnet sind das über 100.000 freiwillige, selbstbestimmte Sexworker*innen (10% davon Männer!) Erst kürzlich ging durch die Presse, dass in Großbritannien 70.000 Studierende den Nebenjob Prostitution haben. Diese dürften aber nur zu einem kleinen Teil im Rotlichtmilieu arbeiten, denn sie wollen unerkannt bleiben, um ihrer späteren Karriere nicht zu schaden. Sie machen diskrete Haus- und Hotelbesuche, von denen niemand etwas weiß, auch die Polizei nicht und das Finanzamt nicht.
    Das Nordische Modell in Schweden hat versagt. Die Zwangsprostituierten wurden von ihren Zuhältern einfach in andere Länder abtransportiert. Die Männer reisen nach Tallinn oder Kopenhagen, um sich zu vergnügen. Deutsche Prostituierte reisen nach Stockholm, weil dort die Preise viel höher sind als in Deutschland. In Stockholm gibt es 200 Salons für Thai-Massagen, die Hälfte bietet erotische Massagen an, also Prostitution.
    Ich fühle mich 100 Jahre zurück versetzt, als eine kleine Gruppe Fanatiker*innen in den USA die Prohibition durchboxte. Die Methoden sind genau die gleichen. Ein umfangreiches, komplexes Thema wird auf einen Teilbereich reduziert. Plakative Stereotypen werden aufgebaut und ständig wiederholt. So funktioniert Populismus.

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    1. Einhaltung von Menschenrechten zu fordern, ist weder fanatisch noch populistisch.
      Ebenso kann die Konsumation von Alkohol nicht mit der Schädigung anderer Menschen, die tagtäglich durch Freier geschieht, überhaupt nicht verglichen werden.
      Auch für Studierende muß es andere und bessere Möglichkeiten geben, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, als sich gegen Geld sexuell missbrauchen zu lassen.
      Das gilt auch für andere Länder, wir können aber zunächst hier, vor der eigenen Haustür anfangen.

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      1. Wollen wir wirklich in Deutschland weiter zu lassen, dass hunderttausende Frauen als Zwangsprostituierte arbeiten müssen? Frankreich ist vor sechs Jahren dem Nordischen Modell gefolgt, Spanien will es demnächst umsetzen. Da müssen wir hinkommen. Gleichberechtigung kann es nicht geben, so lange Frauenkörper als Ware bei uns gekauft werden können.

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        1. Es sind keine Hunderttausende Zwangsprostituierte. Wenn die Polizei von 80% fremdbestimmten Prostituierten spricht, dann hat sie dabei den Straßenstrich und die Massenbordelle im Blick, das heißt, nur einen Bruchteil der geschätzt 400.000 Prostituierten in Deutschland. Die 100.000 Student*innen gehören auf keine Fall dazu.
          Bei einem Kauf geht die Ware in den Besitz des Käufers über. Die Edelprostituierte Salomé Balthus hat es mal so ausgedückt: „Ich verkaufe meinen Körper nicht, ich habe alle meine Organe noch vollständig“.
          Gleichberechtigung wird es sowieso nie geben. Der Unterschied liegt allein darin, dass Männer bereit sind, für erotische Dienstleistungen Geld zu bezahlen, Frauen jedoch nur selten (Tantra-Massage). Angebote von Männern auf einschlägigen Internetseiten finden null Nachfrage.
          In Schweden hat ein Umdenken stattgefunden, aber nur als Folge jahrerlanger Gehirnwäsche mit unzutreffenden Stereotypen: „alle sind Zwangsprostituierte“, „alle Freier sind Schweine“, „Körper verkaufen“, Zahlenspielereien und dergleichen. Höchste Zeit, dem massiv entgegen zu wirken.

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      2. Es ist populistisch, den riesigen Komplex „Prostitution“ auf den kleinen Bereich der Zwangsprostitution zu komprimieren, und es ist fanatisch, sexuelle Dienstleistungen immer nur als bezahlten Missbrauch zu diskreditieren. Wer sich freiwillig und selbstbestimmt für Prostitution entscheidet und keinen Sex mit fremden Männern möchte, verkauft einfach erotische Massagen. Und es ist überheblich, einem erwachsenen Menschen vorzuschreiben, was für ihn die bessere und was die schlechtere Möglichkeit ist. Wenn jemand meint, es ist für das Studium besser, 1 Stunde lang erotische Dienstleistungen zu verkaufen und den Rest des Tages zu lesen und zu lernen, als für das gleiche Geld den ganzen Tag lang irgend einen Nebenjob zu machen, dann verstößt es gegen die Menschenrechte, diese Entscheidung in Frage zu stellen.

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  2. Das Nordische Modell ist nach jetzigem Kenntnisstand das einzig wirksame Mittel, um Prostitution uns Menschenhandel zumindest erheblich zu minimieren.
    Gegenwärtig finden die Profiteure ideale Bedingungen vor.
    Es gibt zum Thema unzählige Studien, Expertenmeinungen, Erfahrungen anderer Länder, die die positiven Auswirkungen bestätigen. Prostitution ist in jedem Fall ein Gleichstellungshindernis. Es kann nicht sein, dass auf der einen Seite über ,meetoo‘ und Gender-pay-gap diskutiert wird, andererseits dieser massenhafte Missbrauch akzeptiert und bagatellisiert wird. Keine Ausreden mehr!

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    1. Das Nordische Model ist Hört und liest sich gut. Nur die Wahrheit ist das geschäfz in Schweden blüht hervorragend. Glauben sie weiter an Märchen.

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  3. Ich bin mit der Abschaffung der Prostitution völlig einverstanden. Eine zutiefst patriarchalische Institution, die die
    das „vermeintliche Recht“ eines Mannes, den Körper einer Frau, die ihn nicht will, zur Befriedigung seiner sexuellen Begierden zu benutzen. Prostitution ist ein kriminelles globales Geschäft, das sich von traumatisierten und in der Kindheit missbrauchten Mädchen und Frauen sowie von Mädchen und Frauen aus armen Ländern ernährt. Es handelt sich um eine brutale und extreme Form der männlichen Gewalt, die dringend abgeschafft werden muss. Es gibt keine andere Möglichkeit

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    1. Es geht doch nicht um Abschaffung der Prostitution . Es gebt um ein Sexkaufverbot und nicht um ein Sexverkaufverbot oder um ein Gratissexverbot . Man darf keinen Sex mehr kaufen . So etwas kauft doch eh kein normaler Mensch . Sexualität ist eine Gabe Gottes , also etwas Gutes . Diese gute Gottesgabe wird durch krimminelle Machenschaften missbraucht . Es gibt reichlich Verbote für alle möglichen krimminellen Machenschaften . Besser wäre ein Kriminalitätsverbot . Schon allein Gottes 10 Gebote würden ausreichen wenn jeder sich daran halten würde. Das wäre die einzigste Möglichkeit .
      Leider sieht die Realität anders aus . Missbrauch , Vergewaltigung , Mord und Totschlag sind an der Tagesordnung . Und bei Prostitution handelt sich wohl nicht ganz um eine brutale und extreme Form der männlichen Gewalt , die dringend abgeschafft werden muss . Die Prostitution wird als das älteste Gewerbe der Welt bezeichnet . Es zieht sich durch die ganze Menschheitsgeschichte . Wir können froh sein das es nicht zum Weltkulturerbe erklärt wird . Wir Menschen können die Welt nicht retten .Und solange die Seelen der Menschen schwarz sind und bleiben wird es wenig Änderung geben .

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  4. In meinen Augen müssen alle Formen der Prostitution komplett abgeschafft werden. Denn alle Prostitutionsformen sind Nährböden des Sexismus. Nachweislich haben durch die Legalisierung der Prostitution im Jahre 2001 auch die sexuelle Vergewaltigung und die Zwangsprostitution rasant zugenommen. An dieser Legalisierung der sogenannten freiwilligen Prostitution und somit an der intensiven Förderung des sexuellen Missbrauchs sind eindeutig die Bündnisgrünen die Hauptschuldigen. Vor allem Bütikofer und Volmer und teilweise sogar Fischer verantworteten die Legalisierung dieser perversen Industriesorte namens Prostitution. Ich fordere, dass es hier in Deutschland kein Bordell, kein Laufhaus, keine Tabledance-Bar, keinen Swinger-Club und kein Liebeshotel mehr geben soll. Wenn wir die Prostitution erst mal mitsamt dem letzten Wurzelspitze aus Deutschland herausgebrannt haben, dann ist das gesamte sexistische Geflecht zerstört. Und dann können wir zum ersten Mal wieder so richtig großflächig die sexuellen Schänder bekämpfen und die Vergewaltigungen und Frauenversklavungen verhindern. Das weiß ich ganz genau. Ich persönlich spreche mich auch für die Abschaffung der Barriereempfängnisverhütung aus. Denn sie ist die materielle Basis der Prostitutionsindustrie. Die auf diesen Lustgummis und Diaphragmen basierende Empfängnisverhütung hat hier in Deutschland nichts zu suchen. Diese ganzen Kondomautomaten will ich komplett abgeschafft sehen. Der Sexualismus gehört mit Stumpf und Stiel zerstört. Diese Meinungen habe ich glasklar. Und ich bin ein überzeugter Katholik.

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    1. Der letzte Satz war überflüssig, er geht bereits aus den vorstehenden Aussagen hervor.
      „Alle Formen der Prostitution“ – haben Sie überhaupt die leiseste Ahnung, was alles unter den Begriff „Prostitution“ gehört? Es wird ihnen wahrscheinlich egal sein: auch Tantramassagen möchten Sie verboten sehen. Warum eigentlich nicht auch gleich noch alle FKK-Badezonen und am besten auch noch alle Saunabetriebe?

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    2. Der Kommentar von Lion Emil Jann zeigt, dass Katholiken sich schwer tun mit dem Thema Sexualität.
      Wäre es nicht an der Zeit, angesichts der unzähligen Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche auch über ein Verbot der Katholischen Kirche zu diskutieren?

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