Wie soll es nach der Pandemie weitergehen? Diese Frage stellen sich viele Mitarbeiter und Pastoren in Kirchengemeinden. Viele Gemeinden haben in den vergangenen eineinhalb Jahren einen beispiellosen Digitalisierungsschub hingelegt: von zaghaften, aus der Not geborenen Gehversuchen mit aufgezeichneten Gottesdiensten der Landgemeinde bis hin zu rundfunktauglichen Hochglanzproduktionen. Aufgrund der Kontaktbeschränkungen wandelten sich manche Kirchen zu regelrechten Innovationsräumen. Noch Ende 2019 waren Videocalls mit mehreren Personen eher etwas für Tech-Profis, heute sind auch Oma und Opa bei Zoom aktiv.
Keine Fragen: Das Gemeindeleben hat sich stark verändert. Das liegt auch noch daran, dass es weiterhin Beschränkungen gibt. Gottesdienste mit Abstand und Maske – zumindest beim Singen – sind die neue Normalität, an die sich doch so recht niemand gewöhnen will. Es wächst die Sehnsucht nach einem Danach, nach der Pandemie, nach der Maskenpflicht, nach den Diskussionen um 3G, 2G oder gar 1G.
„Connected“ heißt daher auch das Motto des Leitungskongresses 2022 von Willow Creek Deutschland. „Wir wollen Leitenden und Mitarbeitenden in christlichen Gemeinden für ihre aktuellen Herausforderungen wichtige Impulse vermitteln und auch einen Raum schaffen, um sich miteinander auszutauschen, wie Verbindungen vor Ort neu geschaffen und gelebt werden können. Denn trotz des digitalen Segens, der durch moderne Technik möglich wurde, gibt es das Verlangen nach echten Begegnungen“, sagt Gotthard Westhoff von Willow Creek Deutschland.
„Vieles in der Gemeinde und in der Gesellschaft ist unterbrochen worden. Wir wollen uns fragen: Wie kommen Menschen zurück in die Gemeinde, wie können wir sie neu aktivieren?“ Und eine Reihe von Mitarbeitern hätten es auch als befreiend erlebt, „nicht ständig im Gemeindehamsterrad unterwegs zu sein“. Auch der persönliche Glaube sei bei manchen Christen abgerissen. Wie kann da die Gottesbeziehung geheilt werden?
Vor-Ort-Format statt Livestream
Die digitalen Formate haben außerdem dazu geführt, dass Christen sich auch gerne Predigten anderer Gemeinden anhören, wodurch die Verbindung zur eigenen, lokal erreichbaren Gemeinde gelitten haben könnte. „Die Ortsgemeinde ist die Hoffnung der Welt“, heißt hingegen seit jeher das Motto von Willow Creek. Daher steht die Bindung und die Wiederkontaktaufnahme zur Ortsgemeinde auch im Fokus des Leitungskongresses in Leipzig, der vom 10. bis 12. Februar 2022 geht. Bisher haben sich 6.000 Personen angemeldet, die Veranstalter rechnen mit 8.000. Der Kongress findet unter 3G-Regeln auf dem Messegelände statt.
Alleine beim Format setzt Willow ein eindeutiges Zeichen: Es wird keinen Livestream geben, stattdessen sollen die Teilnehmer neben dem Hören der Vorträge persönlich ins Gespräch kommen und sich austauschen.
2020 musste der Leitungskongress in Karlsruhe abgebrochen werden. Im Vorfeld der Veranstaltung hatte ein für das Programm vorgesehener Redner an einem Abendessen für Referenten und Willow-Vorstandsmitgliedern teilgenommen, der später positiv auf SARS-CoV2 getestet wurde.
Von den Teilnehmern habe Willow viel Solidarität erfahren, sagte Westhoff gegenüber PRO. „Wir haben ein riesiges Verständnis erlebt von den Teilnehmern.“ Viele hätten per E-Mail, telefonisch oder in Gesprächen mitgeteilt, „dass sie großes Mitgefühl mit uns haben, dass sie für uns beten, dass sie unsere Enttäuschung verstehen können, wenn man einen so großen und so lange geplanten Kongress plötzlich abbrechen müsse“.