Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat sich für die Diskriminierung und Ausgrenzung sexueller Minderheiten entschuldigt. Queere Menschen seien jahrzehntelang in der evangelischen Kirche stigmatisiert und ausgeschlossen worden, heißt es in einer am Freitag in Berlin von Bischof Christian Stäblein vorgestellten Erklärung zur „Schuld an queeren Menschen“.
Dies sei durch eine Theologie befördert worden, „die queeren Menschen eine Gottebenbildlichkeit absprach oder diese in Frage stellte“, heißt es in der Erklärung, die überschrieben ist mit „Bitte um Vergebung“. Dabei sei noch unklar, wie viele Menschen „von diesem kirchlichen Handeln betroffen sind“, sagte Stäblein. Verlesen wurde die Erklärung in einem Gottesdienst am Vorabend des Christopher Street Days in der Berliner Marienkirche.
Dabei ließ sich auch der ehemalige Profi-Fußballer Marcus Urban taufen. Der gebürtige Thüringer spielte in der DDR-Nationalmannschaft und war Profifußballer bei Rot-Weiß Erfurt. Durch die Veröffentlichung seiner Biografie „Versteckspieler“ outete er sich 2008 als homosexuell.
Stäblein: „Haltung der Menschen hat sich geändert“
Es sei ein wichtiger Akt, einmal als Kirche sehr deutlich und laut zu sagen, „wir sind hier schuldig geworden, wir sind in die Irre gegangen und wir bitten um Vergebung“, sagte Stäblein. Mit der veränderten Haltung der Kirche gegenüber queeren Menschen sei die wichtige Aufgabe verbunden, laut und deutlich in Deutschland und in anderen Ländern gegen Diskriminierung aufzustehen: „Das ist, glaube ich, die erste Aufgabe die wir haben.“ Unter dem Begriff queere Menschen versteht die EKBO lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle Personen.
Laut Erklärung waren queere Menschen in der Landeskirche in der Vergangenheit unter anderem „mit Befragungen konfrontiert“, „erlitten Kündigungen und die Entfernung aus dem Dienst“. Gemeindeglieder, die in gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehungen lebten, hätten schmerzlich erfahren müssen, „dass ihnen Respekt und Anerkennung verweigert wurden“. Kirchenleitende Haltungen gegenüber queeren Menschen seien häufig geprägt gewesen von der Forderung nach einem „zölibatären“ Leben, „Enthaltsamkeit“ oder „Schweigegeboten“. „Dies stellte und stellt in ihren Folgen einen massiven Eingriff in das persönliche Leben von Menschen dar, die in den kirchlichen Dienst eintreten wollten oder darin tätig waren“, heißt es in der Erklärung. Bis vor einem Jahrzehnt sei Pfarrpersonen, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften lebten und leben, auch das gemeinsame Wohnen im Pfarrhaus untersagt worden.
Zugleich wird in der Erklärung „mit tiefem Respekt“ anerkannt, „welches Durchhaltevermögen dazu gehörte, als geoutete Pfarrperson in dieser Kirche zu arbeiten, nicht selten dazu gedrängt, gegenüber kirchenleitenden Personen sich wiederholt zu ihrer Lebensweise zu erklären“. Die „Bitte um Vergebung“ sei ein weiterer Schritt in dem Prozess, „dass sich die Haltung der Menschen in dieser Kirche geändert hat und weiter ändert“, betonte Stäblein.
Bereits 2020 hatte die EKBO den 1943 wegen seiner Homosexualität von der Landeskirche entlassenen Berliner Pfarrer Friedrich Klein rehabilitiert.
27 Antworten
Der Abfall der evangelischen Kirche schreitet im Turbo voran. Gottes Wort und seine Wahrheit sind nicht mehr der Maßstab, der Zeitgeist treibt die Kirchen weiter ins Abseits.
Die Erklärung muss ich mir einmal durchlesen. Ich frage mich wie ständige Fundierung auf die Bibel ist oder ob sie von Zeitgeist inspiriert wurde. Im 1. Johannesbrief steht sehr deutlich, dass wir uns entweder für die Liebe zu Gott oder zur Welt entscheiden müssen.
Gott wandte sich dem Sünder (also jedem Menschen) zu (Römer 5,8), aber er möchte nicht dass wir in ihr verharren. Wir sollen jedem Menschen in Liebe & Wahrheit (die wir im Wort Gottes lesen) begegnen, wie es auch Jesus getan hat.
Ein mutiger Schritt, der meinen vollen Respekt hat!
Es ist erfreulich zu lesen, dass die Kirchen anfangen, Buße zu tun und um Vergebung zu bitten. Dass sie mehr und mehr den Weg der Barmherzigkeit gehen, den Jesus vorgezeichnet hat. Und nicht mehr vor dem jahrhundertelangen anti-queeren Zeitgeist einknicken, der im NS-Regime mit seiner pseudo-christlichen Religiosität in der Ermordung zahlreicher queerer Menschen gipfelte.
„…vor dem jahrhundertelangen anti-queeren Zeitgeist einknicken, der im NS-Regime …“
das ist völlig ungeschichtlicher Unsinn. Alles was man verabscheut, wird zu Nazi erklärt.
Lieber Reinhard H.
Sie haben leider meinen Kommentar nicht aufmerksam gelesen. Ich hatte von einem jahrhundertelang bereits bestehenden Zeitgeist gesprochen. Den gab es also schon lange vor den Nazis. Sie haben das Ganze nur noch auf die Spitze getrieben.
Den anti-homo-Zeitgeist gibt es auch heute noch. Er ist nicht genuin Nazi-Zeitgeist. Aber ebenso menschenverachtend. Deshalb hat er sich so gut in die Nazi-Denke eingefügt.
Dass sich im Umgang mit Homosexuellen sich die Kirche nicht immer richtig verhalten hat stimmt und berechtigt die Entschuldigung teilweise. Dass man sich aber gleichzeitig im Prinzip dafür entschuldigt, den Inhalt der Schrift geglaubt zu haben ist schon sehr merkwürdig. Das zeigt aufs neue welcher Entkernung an biblischer Botschaft die EKD unterliegt
@Matze:
Wie kommen Sie darauf? Wie sogar freikirchliche Pastoren zeigen, kann man die 5-7 Bibelstellen, mit denen man in der kirchlichen Tradition die Ablehnung von Homosexualität begründet hat, auch anders auslegen. Problem: es reicht nicht, einfach die z.T. interpretierende Übersetzung ins Deutsche zu lesen, man muss hier verschiedene Urtext-Nahe Übersetzungen oder sogar den Urtext lesen, um darauf zu stoßen. Und auch *genau* lesen, und den Gesamtüberblick behalten. Beispiele:
– Sodom und Gomorrah: hat nichts mit Homosexualität an sich zu tun, sondern mit u.U. homosexueller Vergewaltigung von Menschen durch Heterosexuelle um Machtpositionen gegen Fremde zu verteidigen.
– Reinheitsvorstellung („Greul“) im 3. Buch Mose: unstimmige Auslegung – da wird alles Mögliche als Greul bezeichnet, auch Dinge mit denen theologisch konservative heute Christen kein Problem haben. Wo sind z.B. die Predigten gegen das Essen von Schalentieren? Außerdem hat Jesus die Reinheitsvorstellungen gedreht, und fokussiert sich auf das menschliche Herz und nicht auf die Einhaltung der jüdischen Reinheitsvorstellungen. Zudem wurden in der damaligen Zeit fast alle Menschen in der Teenie-Zeit mit einem gegengeschlechtlichen Partner verheiratet. Wenn dann jemand homosexuell aktiv wurde, war das immer auch Untreue gegenüber dem Partner, mit dem man verheiratet war…
– Paulus spricht von Menschen, die den Verkehr zwischen Mann und Frau verlassen haben und sich dem gleichen Geschlecht zugewandt haben. Das wäre dann doch eher Untreue gegenüber dem gegengeschlechtlichen Partner. Homosexuelle haben doch von vorherein nur gleichgeschlechtliche Partner, und damit keinen gegengeschlechtlichen Partner verlassen.
– Die anderen Stellen im NT sprechen m.E. von homosexueller Prostitution und von Pädophilie.. Also von sexueller Ausbeutung und Kindesmißbrauch …
Kann man damit WIRKLICH die Ausgrenzung von Menschen aus Kirchen/Freikirchen begründen, die heute eine langfristige gleichgeschlechtliche Partnerschaft auf Augenhöhe und wechselseitiger Solidarität anstreben ?
Da kommen auch mir als im konvervativ/christlichen Mileu aufgewachsenen Menschen Zweifel…
Ich frage mich, wie man diese Auslegungen der Schrift als Christ aus dem konservativen Milieu sich zu eigen machen kann. Diese Auslegungen sind eindeutig liberale Theologie. Ja ich weiss, dass auch viele Freikirchen dies so sehen. Aber in einer Freikirche zu sein ist kein Freibrief dafür, wie es aller Orten geschieht, nicht in der liberalen Theologie zu landen. Es gibt ja auch genügend Organisationen und Leute die massiv liberale Theologie in den Freikirchen etablieren wollen und man sieht: sie haben Erfolg. Die genannten Bibelstellen zeigen im Zusammenhang mit dem wie sich die Bibel selbst erklärt, dass die Bibel ausgelebte Homosexualität ablehnt. Der Hinweis, dass Homosexuelle eine gute Beziehung leben beweist doch nicht, dass ihre Beziehung vor Gott in Ordnung ist. Ich kenne soviel moralisch interge handelnde Nichtchristen. Liegen sie durch ihr moralisches Handeln vor Gott richtig? Mit Sicherheit nicht. Es braucht immer noch die Umkehr zu Gott und annehmen der Erlösung allein durch Jesus
Was haben Sie denn gegen liberale Theologie?
Und woher wissen Sie so genau, wie es in den Herzen von Menschen aussieht und mit ihrer Gottesbeziehung, die moralisch integer handeln und sich nicht „Christen“ nennen? Ich kenne viele, die sich Christen nennen, die aber nicht moralisch integer handeln. Und auch Jesus sagte ja schon, dass es viele geben wird, die ihn HERR nennen, aber die nicht Gottes Willen tun.
Das Richten von Menschen nach Äußerlichkeiten halte ich für keinen guten Weg. Ist auch nicht im Sinne Jesu.
Es ist ganz einfach: eine biblische Theologie sieht die Bibel als ein Gesamtwerk das sich inhaltlich ergänzt und zusammengehört. Unter der liberalen Theologie ist für viele die Schrift zu einem Steinbruch geworden, bei dem jeder das sich herausfischen kann, was ihm gefällt
An welcher Stelle sind diese Auslegungen „liberal“? Ich habe mich nur von traditionellen Vorgaben frei gemacht und mich getraut, die Texte genauer anzusehen – und siehe da: es ist Unwahr zu behaupten, diese Texte wären „eindeutig“ gegen Homosexualität im Allgemeinen gerichtet. Wenn überhaupt, dann gegen mißbräuchliches homosexuelles Handeln. Man kann diese Textstellen auch anders (und sogar stimmiger) auslegen, als wenn man sie „wörtlich“ nimmt ohne historische Hintergründe zu beachten. Manche „moderne“ deutsche Bibelübersetzungen sind hier schamlos interpretierend und für mich daher nicht seriös! Nebenbei: gerade die Auslegungen, die den historischen Hintergrund beachten, haben mir viel deutlicher Jesus „groß gemacht“, als Predigten von Auslegern, die sich diese Mühe nicht gemacht haben. Aber ganz viel Angst vor „falschem“ Denken und Glauben verbreiten. Und dabei den Glauben als ein ideologisches Kontrollinstrument weitergeben, innerhalb dessen die eigene Angst kultiviert und in einer vertrauensvollen Gottesbeziehung verarbeitet wird…
Korrektur des letzten Satzes:
„…, innerhalb dessen die eigene Angst kultiviert *anstatt* in einer vertrauensvollen Gottesbeziehung verarbeitet wird…“
@Matze
Das, was Sie sagen, ist nicht wahr. Und Sie werfen Dinge in einen Topf, die nicht zusammengehören.
Ich vermute, Sie verstehen unter „liberaler Theologie“ alles, was nicht Ihrer Theologie entspricht. Das ist aber eine grundfalsche Definition.
Das, was Sie am Beispiel von Matthias sehen können, ist genau das, was Sie als „biblische Theologie“ bezeichnen: die Arbeit mit der Schrift als Ganzem, nach dem Prinzip „die Schrift legt sich selbst aus“ (und zu einem Text gehört auch IMMER die Frage nach dem Kontext, in dem er steht und entstanden ist; und selbstverständlich bei den biblischen Texten auch die Betrachtung der hebräischen und griechischen Urtexte, denn Übersetzungen sind auch immer schon ein Stück weit Interpretation).
Steinbruch-Exegese ist mit bisher nur in konservativen Kreisen begegnet. Einzelne Bibelverse werden rücksichtslos aus dem Zusammenhang gerissen und daraus eine ganze Welterklärung gemacht. Bei Universitätstheologen (die Sie vermutlich auch alle in die „liberal“-Schublade stecken, weil manche von ihnen liberal sind) ist mir das beispielsweise noch nie begegnet.
„liberal“ ist ein historisch gewachsener Begriff, der den einen Pol im seit über 120 Jahren bestehenden Gegensatz zweier theologischer Hauptströmungen bezeichnet. „Positiv“ nannten sich im Gegensatz dazu die, welche eine Gültigkeit und Verbindlichkeit der Bibel und das tatsächliche Wirken Gottes in der Welt betonten; die „Liberalen“ betonten die Zeitgebundenheit und Fraglichkeit von Bibeltexten und verstanden Gott eher als Metapher.
„Liberal“ ist in der Tat ein historisch gewachsener Begriff und deshalb taugt er auch nicht als Kampfbegriff in den Händen von erzkonservativen Christen, die in der Regel weder Schleiermacher, noch Harnack oder Troelsch gelesen haben. Heutige moderne Bibelwissenschaft ist davon historisch und methodisch erheblich entfernt. Allerdings fürchten Fundamentalisten zurecht, dass ihnen die moderne Bibelwissenschaft liebgewonnene (Macht-)Positionen relativiert.Das ist eine Aufgabe von Wissenschaft. Wer den historischen Wandel denken kann, erkennt, dass die Bibel keine Rezeptbuch ist und keine Sammlung doktrinärer Lehraussagen. Und gerade wenn man sie in ihrer Vielstimmigkeit wahrnimmt, kann man ihr als „Wort Gottes“ treu sein. Wer sie (vermeintlich) wörtlich nimmt, nimmt sie nicht ernst und vernimmt immer nur das Echo seiner eigenen unreflektierten Meinung!
Bleibt die Frage nach den Ursachen „queeren“ Verhaltens immer noch offen.
Zumindest Legen Umweltstudien nahe, dass das mit einem gestörtem Hormonhaushalt aufgrund von Umweltgiften zu tun haben könnte:
„Wir sehen, z.B. beim Menschen Effekte, die durchaus auf hormonelle Stoffe zurückzuführen sein können, z.B. Abnahme der Spermienqualität, Verschieben der Pubertät hin zu früheren Jahren, Anstieg von hormonell mit verursachten Krebsarten, wie Hodenkrebs oder Brustkrebs“ – also Einfluss gerade auf die Geschlechtsorgane (DLF, „Belastung der Gewässer mit Hormonen und deren Auswirkung“, vom 21.3.2002)
Auf jeden Fall sind nicht wiedergutzumachende Umwandlungsoperationen bei Jugendlichen abzulehnen.
„In Schweden veröffentlichte die Gesundheitsbehörde Anfang Jahr einen Bericht, wonach Transgender-Diagnosen von 13- bis 17-jährigen Mädchen um 1500 Prozent zugenommen haben zwischen 2008 und 2018. Ans Tavistock Centre in London, eine auf minderjährige Transgender spezialisierte Klinik, gelangen inzwischen über 1700 Mädchen pro Jahr. Vor zehn Jahren waren es um die 30.“
https://www.nzz.ch/meinung/transgender-diagnosen-nehmen-zu-mit-teils-bedenklichen-folgen-ld.1585147
Manchmal hilft eine Fabel: ein jahrelang geübter Autofahrer meinte nach vielen Jahren Daimler einen Tapetenwechsel zu brauchen und stieg auf BMW um. Doch er dachte an die alten Zeiten und besorgte sich eine Daimler Uhr, Daimler Brille und Daimler Krawatte. Nun meint der arme Mann, dass er so die alten Zeiten retten kann, mit der anderen Marke in der er nun fährt längst andere Wege eingeschlagen hat
Und was soll uns diese „Fabel“ (und einmal mehr verwenden Sie einen Begriff falsch) nun sagen? Welchen sinnvollen Beitrag leistet sie zu der Diskussion?
Falls Sie an einer ernsthaften Diskussion interessiert sein sollten, wäre es höflich, wenigstens auf Einwände und Fragen zu reagieren und nicht irgendwelche „Fabeln“ in den Raum zu stellen.
Lesen, nachdenken und dann erst schreiben. Klarer kann man es nicht formulieren ergänzend zu meinen anderen Aussagen
Sie haben einen ziemlich respektlosen Umgangston. Sehr typisch für einen „wahren Christen“….
Wenn Sie sich denn von Ihrem hohen Ross heruntergegeben könnten und erklären, was Sie mit der „Fabel“ meinen, wäre das erfreulich.
Wegen dem Ton: immer zuerst bei sich selbst anfangen. Als Antwort: 2. Tim.3,5: die da haben den Schein eines gottesfürchtigen Lebens, aber seine Kraft verleugnen sie
@Matze
Was meinen Sie mit „immer zuerst bei sich selbst anfangen“?
Und: selbst wenn Sie bei anderen einen respektlosen Umgangston wahrnehmen, wäre es als echter Christ doch das Mindeste, nicht genauso zu sprechen. Christen sollten Vorbilder sein. Und schlechte Eigenschaften oder Taten nicht dadurch rechtfertigen, dass andere auch Schlechtes tun.
Leider haben Sie immer noch keine ausführliche Antwort gegeben. Das ist schade. Ich vermute aber, Sie beziehen sich mit ihrer Fabel und dem zusammenhanglos zitierten Bibelvers auf Menschen wie Matthias, die konservative Auslegungstraditionen (die sie offenbar aus einem mir nicht ersichtlichen Grund mit Gottes direktem Reden oder der Wahrheit über Gott gleichsetzen) hinterfragen. Und Sie unterstellen diesen Menschen, ohne sie persönlich zu kennen oder in sie und ihre Gottesbeziehung hineinsehen zu können, sie hätten nur zum Schein ein gottesfürchtiges Leben.
Nun, es ist sehr einfach: wieder schreiben Sie etwas, was nicht der Wahrheit entspricht. Ich finde es erschreckend, wie leichtfertig Sie Urteile über andere Menschen fällen. Vor allem über deren Intentionen und Motive. Und Ihre Gottesbeziehung. Die/Den Sie ja nicht kennen können.
Ich habe in den vergangenen 5 Jahren um die 50 Glaubensbiographien von Menschen gelesen/gehört oder solche Menschen persönlich kennengelernt, die einen ähnlichen Weg gegangen sind wie Matthias ihn kurz beschrieben hat.
Keiner davon hatte für seine Veränderung die Beweggründe, die Sie pauschal allen Menschen unterstellen, die konservative Positionen hinterfragt und aufgegeben haben.
Es waren immer Leidensgeschichten. Am Anfang stand eine Not. In etlichen Fällen Missbrauchserlebnisse. Meistens geistlicher Missbrauch, aber auch zusätzlich dazu körperlicher und sexueller. Die Erfahrung, dass die Menschen in den Gemeinden Wasser predigen und Wein trinken. Von Liebe und Freiheit sprechen, aber permanent Ängste schüren, gesetzlich sind und Gehässigkeit und Gleichgültigkeit leben. Immerfort von Demut reden und sich selbst an Gottes Stelle setzen (und meinen, darüber richten zu können, wer Christ ist und wer nicht, wer in die Hölle kommt und wer nicht etc.). Die Erfahrung, nicht angenommen zu sein. Mit dem, was man erlebt und empfindet, nicht ins System zu passen. Nichts sagen zu dürfen, was nicht der Mainstream-Meinung entspricht. Ausgeschlossen zu werden. Die Erfahrung, dass die Bibel eben NICHT ernst genommen wird, sondern Dinge gepredigt werden, die in dieser Form überhaupt nicht in der Bibel stehen.
Viele von den Menschen haben durch ihren Veränderungsprozess ihr soziales Umfeld verloren. Manche sogar ihre Familie. Manche ihren Beruf in der Gemeinde.
Einige davon brauchten aufgrund ihrer traumatischen Erlebnisse über einen langen Zeitraum therapeutische Begleitung.
Niemand von ihnen hat es sich leicht gemacht. Keiner ging diesen Weg aus einer Laune heraus. Um mal was Neues auszuprobieren. Obwohl doch das Alte so gut passte. Nein, es passte absolut nicht. Es nahm ihnen die Luft zum atmen, manchen wurde es zur Hölle.
Dass Sie diese Menschen betrachten, als hätten sie nur eben mal einen „Tapetenwechsel“ gewollt und dass Sie ihnen attestieren, nun in die falsche Richtung zu fahren oder zu heucheln, ist respektlos und anmaßend.
Sehr geehrte Kaja,
solche Leidensgeschichten sind beschämend für ein christliches Milieu und ich finde es immer wieder beeindruckend, dass Menschen, die solche Erfahrungen gemacht haben, doch nicht vom Glauben lassen. Und es gibt mittlerweile Gott sei Dank sehr gute Bildungsangebote für Nicht-Theologen, um den Horizont zu erweitern. Ich denke hier im Besonderen an das großartige Worthaus-Projekt!
Ich selbst bin auch in diesem Milieu aufgewachsen, hatte aber – Gott sei Dank – immer theologisch gebildete Lehrer und ein „überbordendes“ Selbstbewusstsein, um mich dagegen zu positionieren. Nichts desto trotz habe ich dort aber auch beeindruckend „fromme“ und liebe Menschen kennen gelernt (andere auch!), die aber im Denken falsch aufgestellt waren.
Jenseits dieser persönlichen Ebene sind hier in der Kommentarregion aber Fundamentalisten und Betonkonservative unterwegs, die auch politisch gefährlich sind. Etliche surfen ganz weit am rechten Rand und stellen permanent subversiv die liberale Demokratie und ihre Institutionen in Frage. Und diesen Menschen muss man widersprechen, weil sie toxische Positionen vertreten und diese als einzig christliche ausweisen möchten. Es zeigt sich, dass fundamentalistische Positionen im Grunde antidemokratisch sind, weil ein autoritäres und letztlich theokratisches Religionsverständnis dahinter steckt (vgl.Gorski, Philip: Am Scheideweg. Herder 2020.)
Da der Fundamentalismus einen starken Fokus auf der vermeintlich einzig wahren und richtigen Lehre hat – also das richtige Wissen um den Glauben stark betont -, reagieren Vertreter enorm dünnhäutig, wenn man ihnen ihre intellektuelle Defizienz nachweist. Und gerade deshalb muss man ihnen diese Positionen als intellektuell dürftig nachweisen.
MfG
Gottes Wort spielt immer weniger eine Rolle.
Man dreht und wendet es wie man es grade braucht, was aber auch nicht wundert, da das ja auch in der Bibel vorgerhesagt wird .. man schafft sich die Lehre, nach der einem die Ohren jucken.
Natürlich ist das grauenhaft, Menschen zu diffamieren, die sogenannt: „anders“ sind .. nicht der Norm entsprechend … wenn man das so sagen will .. und da ist ja auch etwas dran.
Natürlich ist es entsetzlich, dass grade Kirchen und Priester und Pfarrer da Vorreiter waren und unbarmherzig geurteilt haben, wie ja genauso über ungewollt Schwangere oder durch Vergewaltigung Geschwängerte .. wieviele sind ins Wasser gegangen, weil die Umwelt unbarmherzig war ..
Was aber ist mit dem, was der HERR und Heiland zur Ehebrecherin gesagt hat: ..so verurteile ich dich auch nicht, gehe hin und SÜNDIGE NICHT mehr.
Das wird immer gern unterschlagen.
Auch die KK will nachziehen und evangelische Liberalität einlassen.
Aber Gottes Wort ist eindeutig und es ist an uns, Liebe und Wahrheit zu leben und weiterzugeben, und nicht Sein Wort uns anzupassen.
Gott ist ein liebender und gerechter und heiliger Gott und ER geht nicht hinter Sein Wort zurück.
Wie könnte ER uns sonst erlösen?
Nun.
@ Kaja 1.8. 16.48 Uhr
Die genannten Leidensgeschichten sind mir bekannt. Meine Sicht der Dinge ist, dass man sich, obwohl das oft passiert, bei der Enttäuschung durch Leiter oder andere Gläubige sich nicht unbedingt von seiner bisherigen Theologie verabschieden muss. Die Frustration über das Geschehen kann ja auch dazu führen, dass man sich eine andere Gemeinde ähnlicher Couleur sucht, wo dann anders miteinander umgegangen wird. Ich habe solche Zeiten immer so erlebt, dass man sich dann fragt, ob das was man glaubt, trägt. Man macht in solchen Zeiten nach meinem Verständnis eine Art Glaubensinventur. Dass dies so oft dazu führt so oft gleich eine konservative Sicht über Bord zu werfen kann ich nicht nachvollziehen, da ich trotz vieler Enttäuschungen eine konservative Glaubenssicht als sehr bewahrend erlebt habe. Wenn ich meine Krisen betrachte, die ich erlebt habe, hatten die im Kern mit einer unterschiedlichen geistlichen Sicht nichts zu tun sondern mit Dingen, die im persönlichen lagen. So höre ich es auch von mir bekannten Pastoren.
@Matze
Danke für die Rückmeldung, so stelle ich mir eine ernsthafte Diskussion vor. Es ist erfreulich, wenn Sie keine solchen schlimmen Situationen erlebt haben. Aber es gibt auch viele, bei denen gerade die Theologie, das vorherrschende Gottesbild, das Problem war/ist. Und all die menschlich schrecklichen Dinge, die sie erlebt haben, gerade durch diese Theologie legitimiert, begründet wurden. Menschen, die ihr konservativer Glaube nicht getragen hat, sondern kaputt gemacht hat.
Die Schwierigkeit liegt darin, das ist zumindest mein Erleben in der Diskussion mit Konservativen, dass sie ihre Theologie nicht als Theologie wahrnehmen, nicht als eine Möglichkeit von mehreren, über Gott zu reden und ihn zu denken, sondern dass Konservative oft beanspruchen, DIE einzig wahre und einzig mögliche Sicht auf Gott und die Bibel zu haben. Und dann verurteilen sie andere als „abgefallen“ oder „irregeleitet“, die diese Sicht auf Gott nicht (mehr) teilen (können).
„queer“ hat (laut Pons-Wörterbuch) die Bedeutungen eigenartig, seltsam, kauzig, verdächtig, unwohl, nicht ganz in Ordnung. Ist dieses Wort nicht in hohem Maße diskriminierend?