Meinung

„Geliebter Dietrich“: Die Liebesgeschichte des großen Theologen

Eine Mischung aus Liebesroman und Krimi ist Amanda Barrats Buch „Geliebter Dietrich“. Es erzählt die Liebesgeschichte zwischen Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer und lässt den Leser eintauchen in das Leben des großen Theologen.
Von Swanhild Zacharias

Fesselnd wie ein Krimi und rührend wie ein Liebesroman – jedoch keinesfalls kitschig – liest sich der Roman „Geliebter Dietrich“, der die Liebesgeschichte zwischen Dietrich Bonhoeffer und Maria von Wedemeyer erzählt. Es gibt unzählige Bücher über den Pastor und Widerstandskämpfer Bonhoeffer. Im Buch der amerikanischen Autorin Amanda Barratt tritt er jedoch als Romanfigur auf. Und mit ihm seine Verlobte Maria von Wedemeyer, die Bonhoeffer Anfang der 40er Jahre kennenlernt, als er zusammen mit seinem Bruder Klaus, seinem Schwager Hans von Dohnanyi und den Verschwörern rund um Admiral Wilhelm Canaris und General Hans Oster schon mittendrin steckt in den Plänen zum Sturz Adolf Hitlers.

Barratt stützt sich in ihrer Erzählung unter anderem auf die „Brautbriefe Zelle 92“, die Bonhoeffer während seiner Haft an seine Verlobte schrieb, auf Biografien und Dokumentationen über den Pastor und das Leben in Deutschland während des Zweiten Weltkrieges. Die Autorin erweckt Bonhoeffer und seine Mitmenschen zum Leben, nimmt den Leser mit in die Gedankenwelt der Hauptpersonen, lässt sie Emotionen erleben und erschafft dadurch einzigartige Charaktere. Neben dem Theologen und Denker lässt sie Bonhoeffer auch als einen humorvollen und lebensfrohen Mann erscheinen, der sich zunächst gar nicht eingestehen möchte, wie sehr er sich zu Maria von Wedemeyer hingezogen fühlt, nachdem er ihr zum erstem Mal auf dem Gut ihrer Großmutter begegnet ist. Auch Maria selbst möchte sich die Faszination für den Theologen, die sich langsam in Verliebtheit wandelt, lange nicht eingestehen. Als sie Bonhoeffer kennenlernt, ist sie erst 18 Jahre alt und er „bestimmt schon über 35“, wie die junge Frau mit den blonden Locken es sich selbst ins Gewissen ruft. Außerdem kann sie sich nicht vorstellen, was so ein „brillianter Theologe“ mit einem unbedarften und manchmal etwas vorlauten Mädchen vom Lande wie sie es sei, anfangen sollte.

Die gescheiterten Attentate

Eine Zeit lang scharwenzeln beide umeinder herum, doch die Wirren des Krieges, die zunehmende Gefahr für die Widerstandskämpfer und nicht zuletzt Marias Großmutter tragen dazu bei, dass sie zueinander finden. Eher unromantisch eröffnet Maria in einem Brief dem Theologen schließlich, dass sie gewillt sei, ihn zu heiraten und kommt ihm damit zuvor: „Auf Ihre Frage, die Sie sich nicht zu stellen trauten, ist meine Antwort: Ja. Ein freudiges und ganzes Ja.“ Denn da Marias Mutter Bonhoeffers Aktivititäten im Widerstand zunächst nicht traut, müssen die Verlobten ein „Wartejahr“ einhalten, in denen sie sich nicht sehen dürfen, sondern nur Briefe schreiben können.

Mit dem Fortschreiten des Krieges und der zunehmenden Bedrohung für alle, die Kritik an Hitler üben, entwickeln sich auch die Charaktere der Protagonisten weiter. Der Roman gewinnt immer mehr Züge eines Krimis, die Spannung nimmt deutlich zu. Neben der rührenden Liebesgeschichte zwischen Bonhoeffer und von Wedemeyer erzählt die Autorin die packende Geschichte der Verschwörung rund um mehrere Attentatsversuche auf Hitler, die am Ende in dem fehlgeschlagenen Versuch unter Graf von Stauffenberg münden, der daraufhin hingerichtet wird. Zu diesem Zeitpunkt ist Bonhoeffer schon in Haft.

„Auf Ihre Frage, die Sie sich nicht zu stellen trauten, ist meine Antwort: Ja. Ein freudiges und ganzes Ja.“

Maria von Wedemeyer in „Geliebter Dietrich“

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Glauben der Protagonisten. Je mehr sich die Schlinge um die Verschwörer zuzieht, desto deutlicher wird die Kraft, die der Glaube an Gott für alle Beteiligten hat. Seinen Höhepunkt findet das in den letzten Kapiteln, in denen sich Bonhoeffer bereits im Gefängnis befindet. Mit seinem unerschütterlichen Gottvertrauen wird er zur Bezugsperson für Häftlinge und Wärter, von denen einer Bonhoeffer am Ende sogar zur Flucht verhelfen möchte. Das lehnt der Theologe jedoch ab, aus Angst vor den Konsequenzen für seine restliche Familie, wenn er fliehen würde. Auch von Wedemeyers Glaube entwickelt eine immer stärkere Kraft und hilft ihr, das Getrenntsein von ihrem Liebsten durchzustehen und die schweren Besuche im Gefängnis, bei denen sie Bonhoeffer zwar treffen darf, jedoch nur unter Aufsicht ranghoher Offiziere, sodass sorglose Gespräche kaum möglich sind. Die Autorin lässt auch Bonhoeffers Arbeit an seiner „Ethik“ und andere seiner Schriften einfließen.

Hoffnung über den Tod hinaus

Viele Passagen des Romans sind so bewegend, dass das eine oder andere Auge kaum trocken bleibt. Sei es, weil man als Leser von Anfang an weiß, dass es kein Happy End für die Protagonisten gibt, obwohl man es sich innig wünscht. Oder, weil die Gräueltaten der Nazis an Figuren des Buchs wieder lebendig werden oder weil man einfach mitleidet mit der Trauer der Protagonisten um enge Familienangehörige und Bekannte, die durch die Schreckensherrschaft der Nazis zu Tode kommen.

Die Autorin hat es geschafft, mit ihrem Roman Bonhoeffers prägende Jahre authentisch zum Leben zu erwecken und auch Bonhoeffers Motivation für seinen Widerstand ganz lebensnah darzustellen. Denn auch das zeigt „Geliebter Dietrich“: Was es kosten kann, an Gott und am Glauben festzuhalten, und wie stark eine Hoffnung ist, die über den Tod hinaus tragen kann.

Amanda Barratt: „Geliebter Dietrich“, SCM, 432 Seiten, 22,99 Euro, ISBN 9783775160445.

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Eine Antwort

  1. Hört sich interessant an, wenn auch sicher romanhaft sehr ausgeschmückt. Aber es geht ja nicht nur um das abstrakte Wissen, sondern darum, sich auch anrühren (und verändern) zu lassen.

    Ich selbst halte auch die Bonhoeffer Biographie „Bonhoeffer – Pastor, Agent, Märtyrer und Prophet“ für sehr lesenswert.
    https://www.pro-medienmagazin.de/nicht-konservativ-nicht-liberal-einfach-christ/
    https://www.scm-shop.de/bonhoeffer-70902.html
    https://www.scm-shop.de/bonhoeffer-eine-biografie-in-bildern.html

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