Baerbock offiziell Kanzlerkandidatin – Wirbel um Kampagne gegen sie

Der Grünen-Parteitag hat Annalena Baerbock als Kanzlerkandidatin für die Bundestagswahl im September nominiert. Für Wirbel sorgt indes eine Kampagne der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM). Die stellt Baerbock als Mosesfigur mit zwei Steintafeln dar mit der Überschrift: „Wir brauchen keine Staatsreligion“.
Von Johannes Blöcher-Weil
Die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock (Archivbild)

98,55 Prozent der Delegierten haben beim Bundesparteitag der Grünen für Annalena Baerbock gestimmt und sie damit offiziell als erste grüne Kanzlerkandidatin bestätigt. Es war zugleich die Abstimmung darüber, dass die Partei mit dem Spitzenduo Annalena Baerbock und Robert Habeck zur Bundestagswahl am 26. September antritt. Die Entscheidung, die Personalien Kanzlerkandidatur und Spitzenduo beim Parteitag in der gleichen Abstimmung abzuhandeln, fiel schon vor Wochen.

Nach Baerbocks offizieller Nominierung hatten die Grünen zunächst ein Umfragehoch und lagen teilweise sogar vor der Union, die zu diesem Zeitpunkt mit der Maskenaffäre und dem Führungsstreit zwischen CDU-Chef Armin Laschet und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder zu kämpfen hatte. Zuletzt lag Baerbock in der Frage einer Direktwahl des Bundeskanzlers hinter CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet und SPD-Bewerber Olaf Scholz.

Baerbock als Mose mit zwei Steintafeln

Zuerst wurde bekannt, dass Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock Sonderzahlungen an den Bundestag nachmeldete. Dann gab es Kritik, weil sie und ihre Partei mehrmals irreführende Angaben im Lebenslauf von Baerbock korrigieren mussten. In Umfragen stürzten die Grünen zuletzt ab, während die Union als Spitzenreiter den Abstand vergrößern konnte. Deswegen gilt das gestrige Votum des Parteitags als Signal der Geschlossenheit.

Für immer größeren Wirbel sorgt indes die Kampagne der Lobby-Organisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) gegen Baerbock. Die Initiative, die nach eigenen Angaben durch die Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie finanziert wird, hatte in den Freitagsausgaben überregionaler Tageszeitungen eine große Anzeige geschaltet. Dort wird Baerbock als Mosesfigur mit zwei Steintafeln dargestellt. Die Anzeige, die unter anderem in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Süddeutschen Zeitung erschienen ist, trägt den Slogan „Wir brauchen keine Staatsreligion“.

Am Samstag verurteilten der Berliner Antisemitismusbeauftragte Samuel Salzborn und der Arbeitskreis Christinnen und Christen in der SPD die Zeitungsanzeige. Sie warfen den Machern vor, antisemitische Stereotype zu bedienen. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände hat sich inzwischen von der Kampagne distanziert.

Grenze des Anstands wird überschritten

Der Arbeitskreis Christinnen und Christen in der SPD kritisierte, mit der Kampagne werde nicht nur Religion zu Wahlkampfzwecken missbraucht. Es komme darin auch eine antisemitische Haltung zum Ausdruck, die das jahrhundertealte Vorurteil pflege, das Judentum sei eine gesetzliche Verbotsreligion. Aus Sicht der beiden Sprecher des Arbeitskreises, Kerstin Griese und Wolfgang Thierse, werde mit der Anzeige „eine bisher gültige Grenze des politisch-moralischen Anstands überschritten“. Man warne ausdrücklich davor, politische Unterschiede mit respektlosen Mitteln auszutragen.

Heftige Kritik an der Anzeige hatten auch der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch, und der Kirchenhistorikers Christoph Markschies geübt, die ebenfalls einen antisemitischen Anklang darin erkannten. Die Initiative wies diesen Vorwurf zurück.

Mose ist eine der wichtigsten Figuren der jüdischen Religion. Die fünf Bücher Mose erzählen die Geschichte des jüdischen Volkes und bilden die Tora. Sie sind der zentrale Bestandteil der jüdischen Bibel. Die Zehn Gebote sind das erste umfassend formulierte Sittengesetz in der Geschichte der Menschheit, das sich auf eine als ewig gesetzte Norm gründet. Nach biblischer Überlieferung nimmt Mose sie am Berg Sinai direkt von Gott entgegen.

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Eine Antwort

  1. „antisemitischer Anklang“

    Einfach nur Wahnsinn, was heutzutage alles antisemitisch sein soll. Juden oder das Judentum oder Israel werden überhaupt nicht erwähnt, geschweige denn beleidigt oder sonstwie verunglimpft. Diese permanenten aus der Luft gegriffenen Antisemitismusvorwürfe sorgen nur dafür, das man echten Antisemitismus irgendwann gar nicht mehr ernst nimmt.

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