Prominente Künstler haben einen offenen Protestbrief an den Intendanten des Südwestrundfunks (SWR), Kai Gniffke, geschrieben. Darin kritisieren sie die geplante Abschaffung der Sendung „SWR2 Geistliche Musik“. Die Unterzeichner bezeichnen geistliche Musik, als „Fundament und lebendigen Bestandteil des kulturellen Lebens und Welterbes“.
Eine Abschaffung der Sendung stehe in einem deutlichen Missverhältnis zur hohen kulturellen Bedeutung der geistlichen Musik und zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderen Hans-Christoph Rademann, Leiter der Internationalen Bachakademie Stuttgart, Wolfgang Rihm, Komponist und Musikwissenschaftler aus Karlsruhe, sowie Helmuth Rilling, Dirigent und Gründer der Internationalen Bachakademie Stuttgart.
Auch die evangelischen Landeskirchenmusikdirektoren Kord Michaelis (Baden) und Matthias Hanke (Württemberg) unterstützen den Protest, außerdem Kirchenmusikdirektor Godehard Weithoff (Erzdiözese Freiburg) und Musikdirektor Walter Hirt (Diözese Rottenburg-Stuttgart). Weitere Musikdirektoren evangelischer Kirchen und katholischer Bistümer haben den Brief ebenfalls unterzeichnet.
Nutzungsgewohnheiten des Publikums Rechnung tragen
Der Sender selbst sieht in der Programmänderung keine Abkehr von geistlicher Musik. Eine SWR-Sprecherin wies auf die „Pflicht“ hin, das Programmschema weiterzuentwickeln, um neuen Nutzungsgewohnheiten und den Bedürfnissen des gesamten SWR2-Publikums Rechnung zu tragen. Geistliche Musik bleibe dennoch untrennbar mit SWR2 auf verschiedenen Sendeplätzen verbunden. „Zudem werden wir weiterhin Mitschnitte aus Kirchen oder anderen Spielstätten im Mittags- oder Abendkonzert senden, und natürlich haben wir an großen christlichen Feiertagen auch immer die entsprechenden Spezialprogramme“, betonte die Sprecherin. Man investiere sogar zusätzliche Mittel in die Kultur.
14 Antworten
Ich höre sehr gerne den Sender. Ausser den christlichen Sendern ist kaum etwas von unserer“ Kultur“ und Identität zu hören. Gerade Sr 2 ist die Ausnahme. Geben Sie einfach nicht dem Zeitgeist nach. Behalten Sie Klasse!
Es ist schon bemerkenswert, wie nassforsch die Verantwortlichen des SWR diese hochkarätige Kritik abledern. SWR2 folgt einmal mehr dem, was man für mehrheitlich opportun erachtet. Die hier wiedergegebenen Aussagen des Senders sind dabei allesamt Hülsen, banale Phrasen, mit denen qualifizierte Einwände abgespeist werden. Während beispielsweise im WDR noch eine eigenes Programm (WDR3) die E-Musik bedient, hat man beim SWR schon lange alles in SWR2 gepackt: Musik, Diskussionen&Interviews, Features sowie leider auch bemerkenswert politisch/gesellschaftliche Wortsendungen und abgehobene Beiträge aus der Kunstszene, ein Sammelsurium sehr unterschiedlicher Elemente – kurzum, alles das, was in das Gute-Laune-und-größte Hits-aller-Zeiten-Blödelschema des SWR sonst nicht hineinpasst.
Veränderte Hörgewohnheiten? Ja – aber anders: wer Krimis hören will, findet eine übergroße Anzahl der ARD-Produktionen, Hörspiele etc. auf den Podcasts oder Mediatheken im Internet. Aber gute Musik ist rar, egal ob klassische (da gehts noch einigermaßen) oder die sog. ‚Kirchenmusik‘ (da wird immer mehr zusammengestrichen!).
EInmal mehr wird nicht nach dem sog. „Bildungsauftrag“ gefragt, die großartigen Leistungen und Beiträge der europäischen und deutschen Musikkultur (z.B. im 17./18. Jh.), die bis heute viele Menschen erreichen und anrühren, sind anscheinend nicht (mehr) gewollt. Und der Entscheidungsprozess ist nicht transparent.
In der Summe belegen diese Faktoren einmal mehr, dass eine Reform der Öffentlich-Rechtlichen Strukturen im Rundfunk dringend angezeigt wäre, statt immer mehr herumzuwursteln und das auch noch als ‚Weiterentwicklung des Programmschemas‘ auszugeben.
ich finde es schade, wie viele Sender mit einem Angebot von klassischer Musik zur Zeit umgestaltet werden. Angeblich soll dies dem Zeitgeist dienen. Damit verlieren die Sender aber an Profil. Auch die geistliche Musik gehört zu unserem kulturellen Erbe und sollte gespielt und gehört werden. Vielleicht gibt es doch mehr Genießer dieser Musikrichtung, als Menschen, die sich öffentlich dazu bekennen?
Das Profil eines Senders sollte klar und deutlich umrissen sein. Dann kann der Sender die Menschen auch mitnehmen. Dem angeblichen Zeitgeist hinterherzulaufen führt zu Konturverlust und damit letztlich zu Bedeutungsverlust.
Schon lange folgen die Öffentlichen nicht mehr dem Bildungsauftrag. Das bedeutet doch nur, nicht die Musik und der Sonntag entsprechen nicht mehr der Zeit, sondern der Öffentliche Rundfunk hat seinen Auftrag verlassen. Deshalb bin ich für die Abschaffung des Öffentlichen Rundfunks. Das Problem wäre doch dann gelöst.
Bitte nicht abschaffen! Ist die Lieblingssendung meiner Eltern. Für sie beginnt mit dieser Sendung der Sonntag, sagen sie.
Bitte die Sendung lassen und wieder mehr ältere Aufzeichnungen bringen. Dazu etwas Zeit lassen, d. h. nicht die Musikstücke in einer Zehntelsekunde nach der Ansage anfahren und den Specher in Nullkommanichts nach dem letzten Ton wieder zu Wort kommen lassen, oder gar den Nachhall abhacken oder mit dem Regler abwürgen, was bei SWR 2 und einigen weiteren ARD-Klassiksendern leider zum Usus wurde. Und, wieder ausschließlich natürliche Stimmlagen. Es ist abartig, wieviel Countertenöre anstatt Altistinnen in den letzten Jahren im Radio auftraten. Mich vergrault man mit diesem „Trend“ nachhaltig. Dudel- und Plätscherfunk für die Quote gibt es schon zuviel.
Volle Zustimmung! Die Stimmlage von Countertenören finde ich sehr anstrengend.
Stimmt. Grausam. Ich könnt mein Radio hauen, wenn ich dieses Heulen höre…..
An den Intendanten des Südwestrundfunks
Sehr geehrter Herr Gniffke,
mit Entsetzen habe ich vernommen, dass Sie beabsichtigen, die Radio-Sendung „Geitliche Musik“ abzuschaffen. Ich bitte Sie, von diesem Vorhaben Abstand zu nehmen.
Diese Sendung gehört zu den anspruchsvollen und gleichwohl unter Musikfreunden beliebtesten Sendungen in Ihrem gesamten Programm-Angebot. Mit der geplanten Abschaffung würde der SWR an Profil und Identität verlieren und die Verbundenheit mit unserer Region würde Schaden erleiden.
Mit dieser Sendung Löst Ihr Sender jeden Samstagabend um 19.03 Uhr den Ihnen obliegenden Kulturauftrag auf eine unvergleilich vorbildliche Weise ein.
Die Sendung hat eine lange, bewährte Tradition und sie ist gleichzeitig modern und zukunftsorientiert, denn
es kommt Kirchenmusik von der Gregorianik bis hin zu zeitgenössischen zur Aufführung.
Mit freundlichen Grüssen
Werner Allweiss, Konstanz
Oberbibliotheksrat i.R.
Hallo,
du bist hier auf der Seite von PRO. Deine Nachricht ist hier wohl an der falschen Stelle…
Die PRO-Redaktion
Nach 5 Millionen Krimis auf sämtlichen Kanälen zwischen ähnlich vielen Sportsendungen muss nun die weit und breit einzige Sendung mit geistlicher Musik weichen. Das kann einen schon die Frage stellen lassen, wofür man die Rundfunkgebühren zahlt. Wenn so viel Nische als Element der Vielfalt nicht mehr drin ist, stellt man die Existenzberechtigung der Sendehäuser doch selbst in Frage. Eine erbärmliche Entscheidung!
Was soll man vom Ersten Fernsehsender bzw. von der Stimmung der Bevölkerung eines 80 Millionen-Landes halten, wenn seit Jahrzehnten zur besten Sendezeit am Sonntag abend keinen Liebesfilm oder einfach eine Erzählung oder Dokumentation oder auch Komödie, sondern einen Krimi mit Mord und Totschlag gebrahct wird, und das auch über Jahrzehnte ohne große Kritik bestehen kann. Erinnert mich irgendwie an ein finsteres Kapitel der deutschen Geschichte, als Mord und Totschlag gang und gäbe waren. Es gibt wohl noch viel mehr Leute, wie meinen Vater: Vormittags in die Kirche und abends „Tatort“ gucken.
Kai Gniffke, Kai Gniffke… Da war doch schon mal was wegen ARD und Tagesschau und so… Was macht der denn beim SWR? Hilfe….!
Mord und Totschlag haben wir seit Monaten mehr als zuviel in Osteuropa. „Geistliche Musik“ angesichts dieser Lage den Krimis zu opfern ist wirklich krank und beängstigend.