„Sterben ist der Ernstfall des Glaubens“

Mit einem Gottesdienst ist die „Woche für das Leben“ gestartet. Sie widmet sich in diesem Jahr dem Thema Sterben. Vertreter aus Kirche und verschiedenen Organisationen sprachen sich bei der Eröffnung gegen Sterbehilfe aus.
Von Swanhild Zacharias

Mit einem ökumenischen Gottesdienst eröffneten die evangelische und katholische Kirche in Augsburg am Samstag die „Woche für das Leben“. Dieses Jahr steht sie unter dem Motto „Leben im Sterben“ und widmet sich seelsorglichen, ethischen und medizinischen Aspekten einer menschenwürdigen Sterbebegleitung und den Möglichkeiten der Hospiz- und Palliativversorgung.

„Die Sorge um Schwerkranke und Sterbende geht uns alle an. Auch als Kirchen möchten wir hierbei Verantwortung tragen“, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, bei dem Gottesdienst im Augsburger Dom. In jeder Phase seines Lebens sei der Mensch von Gott angenommen. „Weder Tod noch Leben kann uns trennen von der Liebe Gottes in Christus“, sagte Bedford-Strohm. Kranken und Angehörigen müsse deshalb beigestanden werden. Deshalb gehöre das Thema „Leben im Sterben“ in die Mitte der Gesellschaft.

Jesus kümmerte sich besonders um Kranke

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, erinnerte in seiner Predigt auch an die Verstorbenen der Corona-Pandemie. Außerdem habe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum assistierten Suizid die Debatte um ein selbstbestimmtes Sterben neu aufflammen lassen. „Die Politik ist gefragt, ein neues Gesetz zu schaffen. Ich sehe dies mit großer Sorge, denn für mich ist hier ganz deutlich die Gefahr eines Dammbruchs gegeben, wenn eine Legalisierung der Beihilfe zur Selbsttötung möglich wird, denn der Druck auf alte und kranke Menschen wird mit der Zeit wachsen“, sagte der Bischof. Es entspreche nicht dem christlichen Menschenbild, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Stattdessen verdiene, wer unheilbar krank ist, die beste Fürsorge.

Jesus habe sich in besonderer Weise um die Menschen am Rande der Gesellschaft, um die Kranken und Sterbenden gekümmert, sagte der evangelische Regionalbischof Axel Piper. „Sterben ist der Ernstfall des Glaubens. Und zum Glauben gehört die Begegnung. Gehört das Gespräch. Gehört, dass wir Zweifel und Hoffnung, Erfahrung und Fragen teilen können.“ Deshalb sei eine gute Hospiz- und Palliativversorgung wichtig.

Montgomery: Keine Sterbehilfe leisten

Im Anschluss an den Gottesdienst fand eine Podiumsdiskussion statt, coronabedingt per Videokonferenz. „Jedem muss ein Leben in Würde und möglichst ohne Schmerzen bis zuletzt ermöglicht werden“, sagte der Bayerische Staatsminister für Pflege und Gesundheit, Klaus Holetschek, dabei. Man dürfe nicht zulassen, dass Menschen den Suizid als letzen Ausweg sehen. Kranken und sterbenden Menschen müsse man sich mehr zuwenden.

Teilnehmer der Diskussion war auch der Vorstandsvorsitzende des Weltärztebundes Frank Ulrich Montgomery. „Nicht Hilfe zum Sterben, sondern Hilfe beim Sterben“ sei die Aufgabe der Ärzte. „Ärztliche Sterbehilfe durch die Hintertür des ärztlich assistierten Suizids zu leisten“, sei hingegen nicht die Aufgabe. „Das Bundesverfassungsgericht irrt, wenn es die menschliche Selbstbestimmung derart überhöht, dass sie sogar die Abschaffung ihrer selbst miteinschließt“, sagte Montgomery.

„Vehement gegen Tötung auf Verlangen“

Den Kirchen habe die Corona-Pandemie gezeigt, dass viele Menschen in Gesundheitsberufen dazu bereit seien, Kranke und Sterbende auch spirituell zu begleiten, sagte Traugott Roser, Professor für Praktische Theologie an der Universität Münster. In die Ausbildungsberufe solle diese Komponente deshalb von Anfang an integriert werden. Es habe sich aber auch gezeigt, dass Krankenversorgung und Sterbebegleitung Zeit brauche. Es gehe dabei um „mitmenschliche Qualität“. „Die Abrechnung nach Fallpauschalen hat sich meines Erachtens als Irrweg erwiesen, wenn in die Pauschalen nicht auch die Begleitung von Mensch zu Mensch eingerechnet wird“, kritiserte Roser.

„Leid, Krankheit und Tod gehören unentrinnbar tief hinein in unsere menschliche Existenz“, sagte Weihbischof Anton Losinger. Mit Blick auf die Debatte um den assistierten Suizid sagte er: „Wir wenden uns gegen ein Ärztebild, das sich vom Heiler zum Vollstrecker wandelt. Darum stemmen wir uns vehement gegen Tötung auf Verlangen und organisierte Sterbehilfe.“

Die „Woche für das Leben“ findet seit 1994 statt und dient der Anerkennung der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des menschlichen Lebens in allen Phasen. Die Aktion beginnt immer zwei Wochen nach Karsamstag und dauert sieben Tage.

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