Besonders die Corona-Zeit mit vielen schweren Krankheitsverläufen und Toten könnte dafür sorgen, dass sich Menschen wieder mehr dem christlichen Glauben zuwenden. Der Glaube sei daher „weg, aber nicht fort“, so lautet die Überschrift zu einem Kommentar von Ulrich Greiner in der Zeit. „Für einen Großteil der Deutschen spielen Religion und Kirche keine Rolle mehr. Und doch hört die Suche nach dem Sinn des Daseins nicht auf“, schreibt Greiner.
„Ostern ist das Fest der Auferstehung. Doch das Land liegt darnieder. Tag für Tag sterben Menschen am Virus, alte wie junge“, schreibt er, und weiter: „Der Sieg über den Tod, den das Evangelium verkündet, scheint nicht mehr zu sein als ein frommes Märchen.“ Greiner erinnert an das alte Kirchenlied (das in der Kirche derzeit nur gesummt werden dürfe) „Christ ist erstanden von der Marter alle, des soll’n wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein, Kyrieleis.“ Der Autor fügt hinzu: „Wer das ernst nimmt, der muss einen starken Glauben haben. Wer ihn nicht hat, wird sich dringlicher als sonst fragen, was das eigentlich heißen soll: Auferstehung. Ein Tod am Kreuz – wie kann der grausam Hingerichtete drei Tage im Grab liegen und danach weiterleben?“
Der Journalist erinnert an den Evangelisten Lukas, der von den zwei Jüngern auf dem Weg nach Emmaus berichtet, denen sich der auferstandene Jesus offenbarte. Der Autor stellt die Frage, wie man die hier erzählte Auferstehung verstehen könne. „Der Tote hat eine andere Gestalt angenommen, allein das wird gesagt. Welche? Man kann den Gedanken nur verstehen, wenn man unterstellt, der Mensch bestehe aus Materie ebenso wie aus Geist.“ Greiner zitiert das Glaubensbekenntnis: „Ich glaube (…) an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben“ und fügt hinzu: „Wissenschaftlich ist das nicht beweisbar. Die Wissenschaft lehrt, was sie lehren kann. Die Geistes- und Kulturgeschichte lehrt, dass damit das letzte Wort nicht gesprochen ist.“ Paulus habe „unerschrocken wie immer“ im Ersten Korintherbrief ausgerufen: „Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein Stachel?“
Wie hält es der Zeit-Leser mit der Religion?
Unter der Überschrift „Was glauben Sie denn?“ bittet Zeit-Autorin Ann-Kristin Tlusty die Leser darum, in Kommentaren oder E-Mails zu berichten, inwiefern sich die eigene Religiosität in Corona-Zeiten verstärkt habe. „Glaube erleichtert laut einer Studie den Alltag in der Pandemie. Auch nicht religiöse Menschen suchen Trost in Ritualen und Spiritualität. Wie ist das bei Ihnen?“
Tlusty konstatiert: „Halt brauchen gerade wirklich alle. Manche glauben ans Impfen, andere ans Testen, und manch einer glaubte, wie der CDU-Vorsitzende Armin Laschet, bis vor Kurzem noch an den Frühling. Doch wie verhält es sich mit dem Glauben, der nicht ums Diesseits kreist?“
Eine im Dezember veröffentlichte Studie bestätige, dass sich junge Menschen, die einen starken Glauben pflegen, weniger stark durch die Pandemie belastet fühlen. Unter den Befragten zwischen 14 und 39 Jahren waren Christen, Muslime, Juden und auch Angehörige anderer Religionen.
Tlusty schreibt: „Der Befund überrascht kaum, bringt uns die Corona-Krise doch mit klassisch religiösen Themen in Berührung: Vergänglichkeit, Abschied, Tod.“ Auch solche Menschen, die keiner Konfession angehören oder sich als gläubig begreifen, beschäftigten sich vermehrt mit den Ritualen aus der Kindheit und Spiritualität.
Ein Drittel vertiefte in Pandemie-Zeit Beziehung zu Gott
Auch wenn Kirchen an Einfluss verlören, sei der Glaube nicht aus der Gesellschaft wegzudenken. Das geht aus Studien hervor, welche die Journalisten Joe Bauer und Wolfgang Thielmann zusammengefasst haben. In Deutschland gebe es 45 Millionen Christen und knapp 40 Millionen Konfessionslose, außerdem schätzungsweise vier bis sechs Millionen Muslime. Es gebe 23 Millionen Katholiken und 21 Millionen Protestanten – Tendenz sinkend. Rund eine Million seien orthodoxe Christen und 700.000 seien Mitglieder einer evangelischen Freikirche.
Allerdings gehe der Besuch von Gottesdiensten dramatisch zurück. Außerdem traten allein im Jahr 2019 mehr als 540.000 Menschen aus der Kirche aus, bei beiden Konfessionen etwa gleich viel. Während es im Jahr 1990 noch 72,3 Prozent Kirchenmitlieder gab, waren es 2019 nur noch 52,1 Prozent. Weltweit hingegen nähmen die Religionsanhänger zu. Es gebe 1,8 Milliarden Menschen auf der Welt, die keiner Religion angehören, doch ihr Anteil an der Weltbevölkerung sinkt. Das Christentum wachse jährlich um 1,18 Prozent, der Islam um 1,92 Prozent.
Der Soziologe Detlef Pollack unternahm zusammen mit der Politikwissenschaftlerin Carolin Hillenbrand eine Studie unter rund 3.000 Menschen in Deutschland. Die nicht repräsentative Umfrage zeigte: 30 Prozent stimmten der Aussage zu, dass der Glaube ihnen in der Corona-Zeit Trost, Hoffnung und Kraft gebe. Weitere 21 Prozent stimmten überwiegend zu. Für fast ein Drittel hat die Krise demnach den Glauben und die Beziehung zu Gott vertieft. Nur ein Zehntel der Befragten gab an, dass ihr Glaube während der Pandemie schwächer geworden sei.
Wie die Zeit berichtet, vermuten Forscher, dass sich besonders diejenigen mit wenig Vertrauen in die Regierung jetzt stärker ihrem Glauben zuwenden. Außerdem hätten sich vor allem ältere Menschen, die das höchste Risiko einer schweren Corona-Erkrankung tragen, während der Pandemie stärker dem Glauben gewidmet. „Besonders stark war die Glaubensstärkung mit 60 Prozent bei evangelikalen Protestanten ausgeprägt“, heißt es im Artikel.
Die von beiden Kirchen betriebene Telefonseelsorge verzeichnete im Jahr 2020 mehr Anrufe als im Vorjahr (1,28 Millionen statt 1,21 Millionen), mehr Mails (von 35.000 auf 45.000) und vor allem mehr Chats (von 20.000 auf 34.000) – ein Indiz, dass sie verstärkt jüngere Leute erreicht.
Seelsorger gefragt
Die bei der Zeit verantwortliche Redakteurin im Ressort Glauben und Zweifeln, Evelyn Finger, stellt in ihrem Kommentar fest: „Lange dachte die moderne Gesellschaft, es gehe auch ohne Religion. Doch in der Krise spüren viele: Etwas wie Gottvertrauen wäre jetzt gut.“ Sie stellt den Notfallseelsorger Achim Esslinger vor, der von seiner Arbeit berichtet: „Die meisten sind froh, dass ich komme. Dass einer für sie hofft, wenn es nichts mehr zu hoffen gibt.“ Der 55-Jährige ist evangelischer Seelsorger in einer Klinik in Göppingen, nahe Stuttgart. „Esslinger bringt keine barmherzigen Lügen, sondern eine große Verheißung: das 2000 Jahre alte Versprechen, dass der Tod nicht das letzte Wort hat“, heißt es im Zeit-Artikel.
Menschen wie er, die in der Pandemie immer bei ihren Patienten waren, stellten fest, durch Corona stehe wieder mehr denn je die Frage im Raum: Kann der Mensch ohne Glauben leben? Esslinger sagt, das Trostbedürfnis sei gewaltig. Viele Patienten scheuten zwar „christlichen Hokuspokus“, trotzdem seien sie froh, wenn er bei ihnen bleibe – mal schweigend, mal mit einem Psalm oder einem Sterbesegen. „Einmal noch muss der Pfarrer da gewesen sein, als Mittler zwischen Himmel und Erde.“
Es stimme nicht, dass jeder fromm wird, wenn es ans Sterben geht. „Und doch: Not lehrt beten. So stiegen im März und April 2020 in Deutschland die Zugriffe auf Online-Gebete um 50 Prozent. Jetzt, ein Jahr später, schreit die ganze Gesellschaft nach Normalität. In Wahrheit vermissen die Leute wohl etwas, worauf sie ihre Hoffnung richten können.“
3 Antworten
Trägt der Fokus auf die Diesseitigkeit im Leben, trägt „Unglaube“ in der Krise? – Da machen anscheinend viele jetzt die Erfahrung, dass die eigentlichen Fragen weder gestellt noch beantwortet wurden. Dass die Sinnfrage bisher lediglich erfolgreich verdrängt wurde und sich nun umso deutlicher bewusst macht.
Was ist also ein Glaube, der in der Krise helfen könnte?
Ich glaube nicht an „Etwas“, – sondern an eine Person, an Jesus Christus.
Dieser Glaube hat sich für Menschen seit 2.000 Jahre immer wieder bewährt. Das wurde durch diese Menschen belegt. Durch ihr Handeln, durch ihre Erfahrungen, durch ihr Zeugnis.
Wer mehr über Jesus, den Christus, erfahren will, dem empfehle ich zuerst Bibellektüre und dann auch das Buch „Jesus – eine Weltgeschichte“ von Markus Spieker.
Spieker sagt:
„Während ich am Anfang meiner Recherche noch insgeheim die Befürchtung hatte, mich im Angesicht der Tatsachen von liebgewordenen Glaubensinhalten verabschieden zu müssen, kann ich nun feststellen, dass das Gegenteil eingetreten ist.
Ich bin aus dem Staunen über das Wunder der Menschwerdung Gottes nicht herausgekommen.
Mehr denn je ist Jesus für mich weit mehr als nur die faszinierendste Figur der Welt.
Er ist, so durchgeknallt das klingt, die Lösung aller ihrer Probleme.
Präziser formuliert: die Erlösung.“
https://www.pro-medienmagazin.de/neues-buch-von-markus-spieker-ueber-jesus-ist-noch-nicht-alles-gesagt/
Mein persönlicher Glaube wurde durch Corona weder gestärkt, noch geschwächt. Ich weiß, dass ich das „Leben an sich“ bin, das sich auch in mir seiner selbst, wie bereits in Jesus, als ewig, bewusst werden und damit den Tod überwinden möchte. Die Tatsache der Auferstehung ist nicht nur dem Glauben zugänglich, sondern auch dem verstehenden Denken. (s. dazu auch meinen Beitrag „Die Logik der Erlösung“ – https://manfredreichelt.wordpress.com/2018/03/20/die-logik-der-erloesung/ ).Deshalb muss ich mich vor nichts fürchten und brauche ich auch keinen besonderen Trost.
Vor Jahren hat „Die Zeit“ mich als Schreiber von Leserbriefen gesperrt, weil ich in den Leserbriefen auch Bibelzitate veröffentlicht hatte, die im Zusammenhang mit den Artikeln standen! Die Zeitung nimmt die Pressefreiheit für sich in Anspruch, aber das Recht auf freie Meinungsäußerung, das auch ins Privatrecht ausstrahlt, verweigert sie. Die Existenz des lebendigen Gottes, der in der Bibel bezeugt wird, kann „Die Zeit“ dadurch nicht beeinträchtigen.