George Washington tat es, und alle US-Präsidenten nach ihm taten es, auch Donald Trump: Wenn der neue US-Präsident vereidigt wird, hebt er die eine Hand zum Schwur, die andere legt er auf eine Bibel. Allerdings ist nirgendwo festgeschrieben, dass der Politiker seine Hand auf eine Bibel legen muss. Diese Tradition begründete George Washington, als er am 30. April 1789 vereidigt wurde. Die Bibel stammte aus der ältesten Freimaurerloge von New York. Mancher Präsident wählte bewusst eine Textstelle aus, manchmal wurde die Bibel zufällig aufgeschlagen. Bei Washington wurde zufällig eine Passage aus dem Buch Genesis aufgeschlagen.
Das „Joint Congressional Committee on Inaugural Ceremonies“, das für die Amtseinführungen zuständig ist, hat Fakten zu dem Brauch zusammengetragen. Demnach hatte beispielsweise Franklin D. Roosevelt die älteste Bibel verwendet, die jemals zum Einsatz kam: eine Ausgabe aus dem Jahr 1686. George H. W. Bush (1989) ebenso wie Jimmy Carter (1977) und Dwight D. Eisenhower (1953) sprachen ihren Eid auf die Bibel von George Washington. Die Präsidenten Barack Obama und Donald Trump verwendeten die Bibel von Abraham Lincoln.
Bibel der Vizepräsidentin von schwarzem Richter
Wie die Deutsche Presseagentur (dpa) unter Berufung auf amerikanische Medien berichtet, wird Joe Biden voraussichtlich eine besonders auffällige Bibel zur Vereidigung mitbringen: Ein 15 Zentimeter dickes Exemplar, auf dem vorne ein Keltenkreuz zu sehen ist; sie befindet sich seit 1893 im Besitz von Bidens Familie, deren Wurzeln in Irland liegen. Sie zählt zu den sogenannten Douay-Rheims Exemplaren, die aus dem Lateinischen ins Englische übersetzt und bis ins 20. Jahrhundert als einzige englischsprachige Bibel von der katholischen Kirche anerkannt wurde.
Zur Vereidigung Bidens, dem zweiten katholischen US-Präsidenten der Geschichte, werden zwei Geistliche sprechen: der Jesuit Leo O’Donovan, ein ehemaliger Präsident der Georgetown-Universität in Washington D.C., wird die offizielle Rede bei der Amtseinführung am 20. Januar halten. O’Donovan hielt 2015 die Trauermesse für Bidens ältesten Sohn Beau, der an einem Hirntumor gestorben war. Den Segen bei Bidens Einführung wird der schwarze Methodisten-Pastor Silvester Beaman aus Bidens Heimatort Wilmington sprechen.
Wenn am Mittwoch Biden als 46. US-Präsident in sein Amt eingeführt wird, stehen 25.000 Soldaten zum Schutz in der Innenstadt. Nach dem Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol am 6. Januar sind viele Areale großräumig abgesperrt. Biden sagte noch in seinem Heimatstaat Delaware vor Journalisten zu den gewaltsamen Demonstranten: „Ich denke, es ist von entscheidender Bedeutung, dass es einen echten, ernsthaften Fokus darauf gibt, dass diese Leute, die am Aufruhr beteiligt waren und das Leben von Menschen bedroht, öffentliches Eigentum verunstaltet, große Schäden verursacht haben, dass sie zur Rechenschaft gezogen werden.“
Bidens Vizepräsidentin Kamala Harris wird ihren Eid laut dpa auf die Bibel von Thurgood Marshall ablegen, der von 1967 bis 1991 der erste schwarze Richter am Obersten Gerichtshof war. Harris, eine Baptistin mit Eltern aus Jamaika und Indien, wird die erste Vizepräsidentin der USA sein.
Von: Jörn Schumacher