Aderlass, Adieu und Umwandlung: Das war der Juli 2020

Das „soziale Gewissen der SPD“, Hans-Jochen Vogel, ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Außerdem hat das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei den Weg frei gemacht, die Hagia Sophia wieder als Moschee zu nutzen. Mit einem Aderlass müssen die beiden großen Kirchen kämpfen. Das zeigen die neuen Mitgliederstatistiken.
Von PRO
Wird wieder als Moschee genutzt: die Hagia Sophia in Istanbul

Hans-Jochen Vogel gestorben

Der SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel starb am 26. Juli im Alter von 94 Jahren. Der gläubige Katholik galt als ein Politiker mit festen moralischen Grundsätzen. Vogel war Bundesminister, Kanzlerkandidat, SPD-Vorsitzender, Fraktionsvorsitzender im Bundestag, Bürgermeister zweier Millionenstädte und einer der prägendsten Politiker der Sozialdemokraten. Leitlinie seines Handelns war immer das christliche Menschenbild. Vogel habe viel für die Verständigung zwischen Kirche und SPD geleistet, würdigte ihn der Arbeitskreis der Christen in der SPD. Für viele galt er als das „soziale Gewissen“ der Partei. 2005 saß er im Kuratorium von „ProChrist“.

Hatte viele Partei- und Staatsämter inne: der SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel. Foto: Henning Schlottmann | CC BY 4.0 International
Hatte viele Partei- und Staatsämter inne: der SPD-Politiker Hans-Jochen Vogel.

Erfüllung eines Jugendtraums

Das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei hat den Weg dafür frei gemacht, dass das berühmte Gebäude Hagia Sophia in Istanbul künftig als Moschee genutzt werden kann. Das Gericht annullierte den Status der einstigen Kirche als Museum. Vor allem Griechenland und die russisch-orthodoxe Kirche kritisierten die Entscheidung und sprachen von einer „Provokation für die zivilisierte Welt“. Prominentester Besucher beim ersten Freitagsgebet war Präsident Recep Tayyip Erdogan. Der Politiker bezeichnete die Umwandlung in die Moschee als Erfüllung eines „Jugendtraums“. Die Hagia Sophia wurde im 6. Jahrhundert nach Christus als Kirche erbaut und nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen in eine Moschee umgewandelt. Auf Anordnung des türkischen Republikgründers Mustafa Kemal Atatürk wurde das Gebäude 1934 zum Museum – das war es bis jetzt.

Kann wieder als Moschee genutzt werden: die berühmte Hagia Sophia in Istanbul Foto: Adeel Anwer | CC BY-ND 2.5 Generic
Kann wieder als Moschee genutzt werden: die berühmte Hagia Sophia in Istanbul

Mitglieder schwinden

Nur noch jeder Vierte in Deutschland ist Mitglied in der Evangelischen Kirche an. Das zeigten Zahlen der Mitgliederstatistik, die die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) im Juni bekanntgab. Demnach gehörten zum Stichtag 31. Dezember 2019 insgesamt 20.713.213 Menschen einer der 20 Gliedkirchen der EKD an. Das bedeutet einen Rückgang von rund zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Aufgrund der Corona-Pandemie rechnet die EKD zudem mit einem „deutlichen Rückgang der Kirchensteuereinnahmen“. Auch die Katholische Kirche vermeldet hohe Mitgliederverluste: Deren Zahl sank von 23.002.128 (2018) auf 22.600.371 (2019).

Leere Kirchenbänke dürften auch in Zukunft keine Seltenheit sein: das zeigen die Mitgliedsstatistiken der Kirchen Foto: Pfarrei St. Bonifatius Berlin, flickr | CC BY-SA 2.0 Generic
Leere Kirchenbänke dürften auch in Zukunft keine Seltenheit sein: das zeigen die Mitgliedsstatistiken der Kirchen

Anklage gegen Pastor Latzel

Die Staatsanwaltschaft Bremen erhob Anklage gegen den Bremer Pastor Olaf Latzel wegen Volksverhetzung. Sie warf Latzel vor, dass einzelne Ausschnitte bei einem Eheseminar in seiner Gemeinde „dieser Äußerungen als volksverhetzend“ zu bewerten seien. Außerdem werde darin zum „Hass“ aufgestachelt gegen Menschen, „die in Bezug auf ihre Geschlechtsidentität und/oder sexuelle Orientierung, von der angeblich allein richtigen zweigeschlechtlichen und heterosexuellen Norm abweichen“.

Stand wegen seiner Äußerungen in der Kritik: der Bremer Pastor Olaf Latzel Foto: Latzel / privat
Stand wegen seiner Äußerungen in der Kritik: der Bremer Pastor Olaf Latzel

Spendenbereitschaft stieg

Trotz Corona-Krise spendeten die Bundesbürger zwischen Februar und Mai 2020 mehr Geld an gemeinnützige Organisationen als im Vorjahreszeitraum. Das geht aus Zahlen des Marktforschungsinstituts GfK hervor. Insgesamt kamen in den ersten Monaten des Jahres 2020 rund 31 Millionen Euro mehr zusammen als im Vorjahreszeitraum. Die GfK wird vom Deutschen Spendenrat e.V. damit beauftragt, kontinuierlich das Spendenaufkommen in Deutschland zu erfassen. In den vergangenen Jahren kamen den Angaben zufolge mit leichten Abweichungen rund 5,3 Milliarden Euro pro Jahr zusammen.

Gemeinnützige Akteure profitierten von der Spendenbereitschaft der Deutschen Foto: M. Schuppich, fotolia
Gemeinnützige Akteure profitierten von der Spendenbereitschaft der Deutschen

Von: Johannes Blöcher-Weil

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