pro: Herr Klappstein, für viele Menschen ist der Tod ein Tabuthema. Sie als Trauerredner sind häufig damit konfrontiert. Warum wird das Thema so häufig ignoriert?
Thomas Klappstein: Der Tod ist tatsächlich aus der Gesellschaft verdrängt worden. Wenn früher Menschen starben, sind sie zu Hause aufgebahrt worden, dann sind Leute aus dem Ort oder aus dem Stadtteil vorbeigekommen und haben sich verabschiedet. Das findet heute gar nicht mehr statt. Viele Menschen sterben im Krankenhaus oder im Heim, manche auch zu Hause, aber sie werden dann schnell abgeholt.
Es ist für viele Menschen auch deshalb ein Tabuthema, weil sie Angst haben, sich mit der Endlichkeit auseinanderzusetzen. Und darüber hinaus auch mit der Unendlichkeit und dem, was danach kommen könnte. Viele leben stur im Hier und Jetzt, ohne sich Gedanken um das Ende zu machen.
Liegt das auch an unserem Lebensstil, in dem hauptsächlich der Moment und die Gegenwart zählen?
Ja, gerade in unserer westlichen Gesellschaft. Fitness ist das oberste Gebot, fast schon eine Religion. Man sollte möglichst fit sein und bis ins hohe Alter möglichst viel unternehmen. Zum Leben gehört aber auch, dass es zum Ende hin langsamer wird.
Momentan merken wir, dass das Leben tatsächlich endlich ist, dass es angreifbar ist und dass ein kleines Virus einiges durcheinanderwirbeln kann.
Sie haben die Corona-Pandemie angesprochen. Haben Sie den Eindruck, das Bewusstsein für den Tod hat sich dadurch verändert?
Ob sich das wirklich verändert hat und Menschen anders an das Leben und den Tod herangehen, wird man erst später sehen. Nämlich dann, wenn diese extremen Zeiten vorbei sind, wenn das Leben wieder mehr unter normalen Bedingungen läuft.
Wie findet man eine Balance zwischen einer lebensbejahenden und dennoch todrespektierenden Haltung?
Es ist wichtig, sich bestimmte Fragen zu stellen: Was möchte ich bis zum Ende meines Lebens gerne noch erreichen? Welchen Eindruck will ich hinterlassen? Welche Motivation, welchen Impuls kann ich meinen Mitmenschen mitgeben?
Das heißt, jeder achtet auf seine Mitmenschen, hinterlässt einen guten Eindruck und fertig ist die perfekte Lebenseinstellung?
Das sind Teilaspekte. Ein anderer Aspekt besteht darin, sich mit der Endlichkeit auseinanderzusetzen: Was kommt danach? Gibt es jemanden, der das Leben bewusst in Gang gesetzt hat? Gibt es einen Gott? Es ist wichtig, diese Fragen für sich persönlich zu beantworten.
Pflegen Christen einen anderen Umgang mit dem Tod? Sind sie bedächtiger oder vielleicht auch lockerer?
Wenn die Situation eintritt, dass jemand im Sterben liegt, sind die Reaktionen bei Christen und Nichtchristen ähnlich. In der Regel wird bis zum Schluss gehofft, dass sich der Zustand noch einmal verbessert. Gerade in christlichen Kreisen wird viel für Heilung gebetet. Da nicht immer Heilung geschieht, bleibt oft eine gewisse Ratlosigkeit. Abschied nehmen fällt auch hier sehr schwer.
Ist die christliche Perspektive auf ein Leben nach dem Tod nur eine leere Floskel, die vielen Menschen im Ernstfall gar keine Hoffnung gibt?
In meinen Ansprachen als Trauerredner versuche ich, die Perspektive einer Ewigkeit aufzuzeigen. Vielen ist es eine Hilfe, zu hören, dass da mehr sein kann. Mein Angebot, während der Trauerfeier zu beten, wird gerne angenommen, selbst wenn die Menschen keinen christlichen Bezug haben.
Gibt es bestimmte Abläufe oder Bilder, die Sie während einer Trauerfeier bemühen, um den Angehörigen Trost zu spenden?
Mir ist sehr wichtig, dass der Lebenslauf einer Person präsentiert wird. Zu Beginn spreche ich gerne ein Gebet, in dem ich Fragen formuliere. Wenn zum Beispiel jemand an einer unheilbaren Krebserkrankung gestorben ist, dann darf man Fragen und Zweifel haben. Gleichzeitig versuche ich deutlich zu machen: Gott ist trotz allem da. Er kennt das Gesicht und die Geschichte jedes Menschen.
Ein Bild, das ich häufig verwende, ist das eines Freundes, den man mit einem Segelboot losfahren lässt und der am anderen Ufer sehnsüchtig erwartet wird. Das zeigt auf, dass es zwei Dimensionen gibt.
Das heißt, diese Aussichten trösten doch?
Für viele sind sie tröstlich, ja.
Kommen wir zu Ihrem Buch: Ganz zu Beginn musste ich erst einmal stutzen. Titel und Inhalt haben für mich nicht zusammengepasst. Der Titel hat mir suggeriert: Jemand muss ein spektakuläres Leben gehabt haben, um überhaupt wertig zu sein. Der Inhalt wiederum vermittelt einen ganz anderen Eindruck: Jedes Leben, egal wie populär, lang oder kurz, ist wertvoll. Was haben Sie sich dabei gedacht?
Der Titel soll provozieren. Der Leser soll sich kritische Fragen stellen: Ist mein Leben es wert, gelebt zu werden? Was macht ein Leben überhaupt lebenswert? Mir geht es darum, zum Nachdenken anzuregen. Die Geschichten – und das ist auch die Botschaft in meinen Trauerreden – sollen letztendlich jedoch klar machen: Jedes Leben ist wertvoll und lebenswert.
Auch bei Menschen, die sehr schwierig waren oder deren Leben nicht immer schön war, bin ich überzeugt, dass es ein von Gott geschenktes Leben war. Ob immer so gelebt wurde, wie Gott es sich vorgestellt hat, kann ich nicht sagen und will ich nicht bewerten.
In Ihrem Buch gibt es immer wieder „versteckte Hinweise“, die auf einen Gott und einen Schöpfer anspielen. Welche Rolle spielen sie und warum haben Sie die nicht deutlicher ausgeführt?
Meine leise Hoffnung oder Vision ist, dass mein Buch nicht nur in christlichen Kreisen gelesen wird, sondern auch darüber hinaus. Durch solche Formulierungen möchte ich unaufdringliche Impulse geben. Ich möchte vorsichtig andeuten, dass es einen Schöpfergott gibt und dass es Sinn ergibt, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
Wenn ich es richtig gedeutet habe, ist die Quintessenz ihres Buches: Mach das Beste aus deinem Leben, hinterlasse einen guten Eindruck! Übt dieser Appell nicht zu viel Druck aus, wenn man permanent daran denkt, einen guten Eindruck hinterlassen zu müssen?
Druck, finde ich, übt das nicht aus. Klar, gibt es Situationen, in denen man sich falsch verhält und keinen guten Eindruck hinterlässt. Das kenne ich von mir selbst und aus meiner Familie. Gerade dann ist es aber wichtig, sich zu entschuldigen und sich klarzumachen: So will ich mein Leben nicht leben. Viel lieber möchte ich einen positiven Eindruck hinterlassen und meinen Mitmenschen Gutes tun. Das ist meiner Meinung nach das Anliegen vieler Menschen. So sehe ich diese Aufforderung als positiven Impuls und nicht als Druckmittel.
Es soll eine Erinnerung an unsere „guten Seiten“ sein?
Genau. Ich selbst habe ein Lederarmband mit der Aufschrift „Right Now“. Das ist meine persönliche Gedankenstütze, die mir sagt: Du bist wertvoll und wunderbar von Gott gemacht. Mit dieser Grundhaltung, dass ich von Gott gewollt und geliebt bin, kann ich umso besser Gutes tun und für meine Mitmenschen sorgen.
Welche Lebenshaltung muss man sich bewahren oder erhalten, um ein erfülltes und zufriedenstellendes Leben führen zu können?
Neugier auf das Leben und auf die Menschen! Außerdem sollte man wandlungsfähig bleiben, immer wieder Neues ausprobieren und sich von anderen Menschen inspirieren lassen. Dazu kommt eine Auseinandersetzung mit Gott, die ich ebenfalls für essentiell halte. Meine persönliche Haltung zum Leben ist die, dass ich mit Gottes Hilfe die Welt zu einem besseren Ort machen möchte.
Gibt es Bibelstellen, die Sie in dieser Haltung bestärken?
Spontan fallen mir dazu folgende Stellen ein: Zuerst aus dem Matthäusevangelium in Kapitel 13, Vers 31: Da wird das Reich Gottes mit einem Senfkorn verglichen. Dann nochmal aus dem Matthäusevangelium die Worte Jesu aus Kapitel 7, Vers 12: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch.“ sowie aus Kapitel 25, Vers 45: „Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.“ Und natürlich das Gebot der Nächstenliebe aus dem Markusevangelium.
Vielen Dank für das Gespräch!
Kommen wir zu Ihrem Buch: Ganz zu Beginn musste ich erst einmal stutzen. Titel und Inhalt haben für mich nicht zusammengepasst. Der Titel hat mir suggeriert: Jemand muss ein spektakuläres Leben gehabt haben, um überhaupt wertig zu sein. Der Inhalt wiederum vermittelt einen ganz anderen Eindruck: Jedes Leben, egal wie populär, lang oder kurz, ist wertvoll. Was haben Sie sich dabei gedacht?
Der Titel soll provozieren. Der Leser soll sich kritische Fragen stellen: Ist mein Leben es wert, gelebt zu werden? Was macht ein Leben überhaupt lebenswert? Mir geht es darum, zum Nachdenken anzuregen. Die Geschichten – und das ist auch die Botschaft in meinen Trauerreden – sollen letztendlich jedoch klar machen: Jedes Leben ist wertvoll und lebenswert.
Auch bei Menschen, die sehr schwierig waren oder deren Leben nicht immer schön war, bin ich überzeugt, dass es ein von Gott geschenktes Leben war. Ob immer so gelebt wurde, wie Gott es sich vorgestellt hat, kann ich nicht sagen und will ich nicht bewerten.
In Ihrem Buch gibt es immer wieder „versteckte Hinweise“, die auf einen Gott und einen Schöpfer anspielen. Welche Rolle spielen sie und warum haben Sie die nicht deutlicher ausgeführt?
Meine leise Hoffnung oder Vision ist, dass mein Buch nicht nur in christlichen Kreisen gelesen wird, sondern auch darüber hinaus. Durch solche Formulierungen möchte ich unaufdringliche Impulse geben. Ich möchte vorsichtig andeuten, dass es einen Schöpfergott gibt und dass es Sinn ergibt, sich mit ihm auseinanderzusetzen.
Wenn ich es richtig gedeutet habe, ist die Quintessenz ihres Buches: Mach das Beste aus deinem Leben, hinterlasse einen guten Eindruck! Übt dieser Appell nicht zu viel Druck aus, wenn man permanent daran denkt, einen guten Eindruck hinterlassen zu müssen?
Druck, finde ich, übt das nicht aus. Klar, gibt es Situationen, in denen man sich falsch verhält und keinen guten Eindruck hinterlässt. Das kenne ich von mir selbst und aus meiner Familie. Gerade dann ist es aber wichtig, sich zu entschuldigen und sich klarzumachen: So will ich mein Leben nicht leben. Viel lieber möchte ich einen positiven Eindruck hinterlassen und meinen Mitmenschen Gutes tun. Das ist meiner Meinung nach das Anliegen vieler Menschen. So sehe ich diese Aufforderung als positiven Impuls und nicht als Druckmittel.
Es soll eine Erinnerung an unsere „guten Seiten“ sein?
Genau. Ich selbst habe ein Lederarmband mit der Aufschrift „Right Now“. Das ist meine persönliche Gedankenstütze, die mir sagt: Du bist wertvoll und wunderbar von Gott gemacht. Mit dieser Grundhaltung, dass ich von Gott gewollt und geliebt bin, kann ich umso besser Gutes tun und für meine Mitmenschen sorgen.
Welche Lebenshaltung muss man sich bewahren oder erhalten, um ein erfülltes und zufriedenstellendes Leben führen zu können?
Neugier auf das Leben und auf die Menschen! Außerdem sollte man wandlungsfähig bleiben, immer wieder Neues ausprobieren und sich von anderen Menschen inspirieren lassen. Dazu kommt eine Auseinandersetzung mit Gott, die ich ebenfalls für essentiell halte. Meine persönliche Haltung zum Leben ist die, dass ich mit Gottes Hilfe die Welt zu einem besseren Ort machen möchte.
Gibt es Bibelstellen, die Sie in dieser Haltung bestärken?
Spontan fallen mir dazu folgende Stellen ein: Zuerst aus dem Matthäusevangelium in Kapitel 13, Vers 31: Da wird das Reich Gottes mit einem Senfkorn verglichen. Dann nochmal aus dem Matthäusevangelium die Worte Jesu aus Kapitel 7, Vers 12: „Alles nun, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch.“ sowie aus Kapitel 25, Vers 45: „Was ihr nicht getan habt einem von diesen Geringsten, das habt ihr mir auch nicht getan.“ Und natürlich das Gebot der Nächstenliebe aus dem Markusevangelium.
Vielen Dank für das Gespräch!
Thomas Klappstein (Jahrgang 1960) ist studierter Diplom-Verwaltungswirt sowie studierter Theologe und als solcher ordinierter Pastor im Mülheimer Verband Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden (MVFEG). Derzeit ist er freiberuflich als Autor, Prediger, Hochzeits- und Trauerredner sowie im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. Zudem gestaltet Klappstein regelmäßig Radiobeiträge für ERF Medien.
Die Fragen stellte Valerie Wolf