Die Corona-Krise hat die Lage vieler Prostituierten in Deutschland neu ins Bewusstsein der Bevölkerung gerückt. Das Thema Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung sollte eigentlich im November im Rahmen eines eigenen Kongresses erörtert werden. Wegen der verschärften Corona-Maßnahmen haben Politiker und Referenten in Videobotschaften klar auf das Leid Prostituierter hingewiesen.
Der Generalsekretär der weltweiten Evangelischen Allianz, Thomas Schirrmacher, betonte, dass in der ganzen Welt kein anderes Verbrechen so wenig verfolgt, gesetzlich behandelt und von Gerichten bestraft werde wie der Menschenhandel. Obwohl Zwangsprostituierte gefoltert und ihrer Freiheit beraubt würden, sei das für die meisten kein Thema. Es sei aber die Aufgabe jedes Einzelnen, das Thema zurück auf die Tagesordnung zu bringen. Es handele sich dabei nicht um ein Kavaliersdelikt.
Fatal, wenn Menschen mit diesem Frauenbild sozialisiert werden
Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke verwies darauf, dass sich in einem legalisierten Prostitutionsmarkt eklatante Menschenrechtsverletzungen abspielten. Prostitution und Gleichstellung widersprächen sich aber, wenn Frauen zu käuflicher Ware gemacht würden: „Es ist fatal, wenn Menschen mit diesem Frauenbild sozialisiert werden.“
Nicola Beer, stellvertretende Vorsitzende des EU-Parlaments, erklärte, dass der Menschenhandel von der Prostitution bis zu Kindersoldaten viele Gesichter habe und ein globales Verbrechen sei. Die FDP-Politikerin votierte in ihrer Botschaft für einen stärkeren Opferschutz. Betroffene müssten über ihre Rechte und Hilfsangebote aufgeklärt werden. Zudem benötige es effektive Systeme gegen Geldwäsche und die damit verbundenen Finanzströme.
Frank Heinrich ist nicht nur CDU-Bundestagsabgeordneter sondern auch Vorsitzender des Vereins „Gemeinsam gegen Menschenhandel“. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel habe Deutschland einmal als „Bordell Europas“ betitelt, sagte er. Aus Heinrichs Sicht brauche es eine klarere Wahrnehmung dafür, welche Botschaft von Deutschland ausgeht. Um das System zu ändern, brauche es Gelder, Gesetzesänderungen und ein Sexkauf-Verbot.
Ausstiegsmodelle aus der Sklaverei anbieten
Ähnlich äußerte sich Lea Ackermann: Dass Menschenhandel so offensichtlich möglich sei, zeige den Skandal. Ein Sexkauf-Verbot würde das Ganze reduzieren. Für die SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier (SPD) profitierten von der Ausbeutung die Besitzer der Immobilien und die Betreiber der Bordelle. Währenddessen würden die Frauen in „erbärmlichen, menschenunwürdigen Umstände dahinvegetieren“. Es gelte, den Frauen die Hand zu reichen und ihnen Ausstiegsmodelle aus der Sklaverei anzubieten.
Der Kongress soll nun vom 29. Mai bis 1. Juni 2022 im Christlichen Gästezentrum Schönblick in Schwäbisch Gmünd stattfinden. Veranstalter sind der Verein Gemeinsam gegen Menschenhandel, die Deutsche Evangelische Allianz, „International Justice Mission“, die Aktion Hoffnungsland, „Mission Freedom“ und Schönblick.
Von: Johannes Blöcher-Weil