Die Coronakrise zeige, dass es viele Möglichkeiten gebe, das Wort Gottes digital zu verkünden, sagte Ludwig Martin Jetschke. Er betreibt den YouTube-Kanal „Lingualpfeife“. Dort beschäftigt sich der katholische Theologe und Organist mit Kirchenmusik, Spiritualität und Theologie. „Im Netz ist nämlich echte Interaktion möglich – und das ist eine große Chance“, sagte er in einem Interview von katholisch.de.
„Ein Livestream ist besser als kein Livestream“, sagte Jetschke im Hinblick auf die vielen Gemeinden, die in der aktuellen Situation ihre Gottesdienste im Internet streamen. Doch oft finde sich hier viel Aktionismus und es sei nicht klar, in welche Richtung der Weg gehen solle. „Auf der anderen Seite: Wir sind in einer Krisensituation, und zu Krisen gehört auch ein gewisser Aktionismus dazu.“ Der YouTuber bemängelt jedoch das Fehlen von „theologischer Grundsatzarbeit“ und ein Nachdenken darüber, warum man was genau mache.
Menschen digital in Gottesdienste einbinden
Jetschke betreibt die „LinguCommunity“, eine aktive digitale Gemeinschaft, bei der theologische Fragen diskutiert werden. „Das ist das große Defizit bei vielen Streaming-Formaten, bei denen die Leute als Zuschauer passiv zugeschaltet werden, während ein Priester allein oder in einer Kleingruppe die Messe feiert“, bemängelt der Katholik. In seiner Community werde das Ziel verfolgt, alle aktiv teilhaben zu lassen. „Alles was wir machen, wird gemeinsam organisiert, und es findet nur statt, wozu es auch wirklich einen Bedarf gibt. Wenn einige die Vesper oder die Laudes oder mitten in der Nacht die Lesehore beten wollen, dann binden wir aktiv die Leute ein, etwa in Konferenzschaltungen.“
Als Tipp, um digital Menschen in Gottesdienste einzubinden, empfiehlt der YouTuber, zum Beispiel Fürbitten gemeinsam online zu formulieren, die dann vor Ort am Altar vorgetragen würden. Außerdem brauche es einen Live-Chat und der Gottesdienst müsse auch in Echtzeit verfolgt werden können. Eine weitere Möglichkeit sei auch ein Livegespräch per Chat im Anschluss des Gottesdienstes.
Knowhow weiterentwickeln
Die schlichte Live-Übertragung eines Gottesdienstes habe angesichts des aktuellen Versammlungsverbots aufgrund von Corona aber weiterhin eine Berechtigung. Wichtig sei es aber, die Menschen nicht aus dem Blick zu verlieren, die nicht die Möglichkeit hätten, den Gottesdienst der Gemeinde im Internet zu verfolgen. Jetschke wünscht sich daher, dass noch viel mehr Seelsorger für Gespräche zur Verfügung ständen – nicht nur online. Man denke zum Beispiel beim Stichwort „digitale Kirche“ selten an Telefonkonferenzen. Das sei aber für viele Menschen eine gute Möglichkeit der Teilhabe.
Die große Chance der aktuellen Lage sei, dass sich „das Volk Gottes gerade online sammelt“. Man müsse schauen, wie man diese Gemeinschaft stärkt, damit sie nach der Krise weiter erhalten bleibe. „Alle sammeln gerade viel Knowhow, das sollten wir nutzen und weiterentwickeln.“ Zum Beispiel, indem für diesen Arbeitsbereich mehr hauptamtliches Personal eingestellt werde. „Das Internet ist ein Raum der Pastoral – und den gut und professionell zu bestellen, kann man nicht nebenher machen.“
Von: Swanhild Zacharias