Die Evangelische Journalistenschule (EJS) in Berlin wird keinen neuen Ausbildungsjahrgang für Journalisten ausschreiben. Grund sind die Finanzen beim Träger der Schule, dem Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP), das seinen Sitz in Frankfurt am Main hat. GEP-Direktor Jörg Bollmann bestätigte das am Montag. Das GEP ist das Medienunternehmen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und verantwortet unter anderem auch den Evangelischen Pressedienst (epd), die Zeitschrift chrismon und das Portal evangelisch.de.
Auf Anfrage teilte Bollmann mit, dass die Ausschreibung für die Volontärsausbildung, die 2021 beginnen würde, noch nicht feststehe. Einem Bericht der Morgenpost zufolge muss das GEP bis 2024 rund 1,9 Millionen Euro einsparen. Dazu sollen nach Angaben der Zeitung frei werdende Stellen nicht wieder besetzt werden. Die Aussetzung der Ausschreibung und die erforderlichen Einsparungen bezeichnete Bollmann gegenüber pro als eine „schmerzliche Angelegenheit in einem sehr schmerzlichen Prozess“. Er sei „entschlossen, alle notwendigen Einsparungen sozialverträglich zu realisieren“. Das GEP werde jedoch „nicht aus der journalistischen Aus- und Fortbildung aussteigen“.
Unverständnis über das drohende Ende
Die Ankündigung des GEP ist bei Medienschaffenden auf Unverständnis gestoßen. Nach Ansicht von Andreas Fauth, Chefredakteur der Medienhaus GmbH der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), leiste die EJS mit einem relativ niedrigen Budget „eine wertvolle Arbeit für den Qualitätsjournalismus“ und sichere so der Evangelischen Kirche ihre publizistische Relevanz für die Zukunft.
Der Journalistik-Professor Volker Lilienthal von der Universität Hamburg hofft, dass zum Fortbestand der EJS noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Auf Twitter teilte Lilienthal mit:
„Wir sehen mit Sorge, dass eine qualifizierte Vorbereitung auf den Journalistenberuf zur Disposition steht, die höchste Ansprüche an die Professionalität mit einer Fundierung auf dem christlichen Menschenbild und der evangelischen Sozialethik verbindet“, erklärte der Vorsitzende der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP), Joachim Frank, in einer Pressemitteilung vom Freitag. Frank regte an, zu prüfen, ob sich über ökumenische Kooperationen zwischen der EJS und dem katholischen Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses (ifp) Synergien nutzen und zukunftsträchtige Formen der Journalistenausbildung im Raum der Kirchen entwickeln ließen.
Auf Anfrage teilte Frank am Montag mit, dass das GEP „buchstäblich postwendend“ auf das Angebot reagiert habe. Bollmann bestätigte das am Montag und teilte mit, dass noch in dieser Woche erste Gespräche geführt würden. Der GKP hält „eine qualifizierte Ausbildung des Nachwuchses“ für essenziell. „Die Kirchen mit ihrer – berechtigten – Sorge um ein hohes Niveau der gesellschaftlichen Kommunikation sollten ebenfalls ein ureigenes Interesse an exzellent ausgebildeten Kommunikatoren – also Journalistinnen und Journalisten – haben“, erklärte Frank auf Anfrage. Eine von den Kirchen getragene Ausbildung sichere die Vermittlung von Wertvorstellungen, Grundhaltungen und den Kenntnissen dessen, was den Kirchen wichtig und für den Zusammenhalt der Gesellschaft von Bedeutung sei.
Initiative will helfen
Gegen die drohende Schließung der EJS hat sich eine Initiative unter dem Namen „EJS retten!“ im Internet formiert. Die Initiatoren sehen „in Zeiten von Fake News, wiedererstarkten Rechten und der sich wandelnden Medienlandschaft eine starke Orientierung an Werten“ für als dringend geboten an. Dafür stehe die EJS in besonderem Maße.
Die EJS hat seit 1995 in 22 Monate dauernden Ausbildungsgängen jeweils 16 Auszubildende zu Print-, Online- und Rundfunkjournalisten ausgebildet. Die Ausbildung bei der EJS ist einem Volontariat gleich. Nach eigenem Bekunden engagiert sich die Evangelische Kirche für eine fundierte Ausbildung junger Journalisten, „um ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung in den Medien gerecht zu werden“.
Von: Norbert Schäfer